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Die erwarteten Krawalle bei der Räumung des linken Hausprojekts blieben weitgehend aus.

© Fabian Sommer/dpa

Eine Million Euro nur für Versorgung der Polizisten: So teuer war die Räumung der „Liebig34“ in Berlin – mindestens

1400 Beamte aus anderen Bundesländern mussten helfen, Besetzerinnen aus dem Haus in Friedrichshain zu holen. Das kostet die Stadt viel Geld.

Die Räumung des besetzten Hauses in der Liebigstraße 34 in Berlin-Friedrichshain hat eine Million Euro gekostet – mindestens. Noch sind die Summen zum Einsatz vom 9. Oktober nicht abschließend berechnet, die Kosten der Berliner Polizei werden ohnehin nicht beziffert und sind vom Landeshaushalt abgedeckt. Und doch liegt nun eine erste Zahl vor.

Bei dem Einsatz waren 2680 Polizeibeamte in Berlin im Einsatz, rund um die Liebigstraße 34, aber auch im weiteren Stadtgebiet, um Störaktionen oder Anschläge der linksextremistischen Szene zu verhindern. Im Vorfeld und nach der Räumung kam es zu gewaltsamen Aktionen der Szene.

Von den 2680 eingesetzten Beamten waren knapp 1400 Einsatzkräfte aus anderen Bundesländern und vom Bund in Berlin - darunter Einsatzkräfte der Bundespolizei (370), aus Nordrhein-Westfalen (367), Bayern (227), Baden-Württemberg (126), Niedersachsen (123), Hamburg (61), Rheinland-Pfalz (61), Brandenburg (11), Sachsen (16) und Bremen (5)

„Das Land Berlin erstattet den entsendenden Ländern bzw. dem Bund die entstandenen Kosten“, heißt es in einer Vorlage von Innenstaatssekretär Torsten Akmann (SPD) für den Innenausschuss des Abgeordnetenhauses, der am Montag tagt.

Die Erstattung richtet sich nach einer Vereinbarung von Bund und Ländern. Aber: „Die Abrechnungen der entsendenden Länder bzw. der Bundespolizei für den Einsatz der Unterstützungskräfte liegen der Polizei Berlin noch nicht vor“, schreibt Akmann. Hierbei geht es um Posten wie Reisekosten, Benzinkosten und vieles mehr.

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Zumindest eine weitere Summe, die oben draufkommt, kann der Innenstaatssekretär dann aber doch nennen. „Das Land Berlin trägt zusätzlich die Kosten für Unterbringung und Verpflegung der Unterstützungskräfte“, berichtet Akmann in dem zweiseitigen Schreiben. „Hierfür wird aktuell von Kosten in Höhe von 990.000 Euro ausgegangen. Vollständige Zahlen liegen noch nicht vor.“

Die Räumung der Liebig 34 am Freitag gilt vielen als Symbol dafür, dass Freiräume in der Stadt mehr und mehr verschwinden.
Die Räumung der Liebig 34 am Freitag gilt vielen als Symbol dafür, dass Freiräume in der Stadt mehr und mehr verschwinden.

© JeanMW / imago

Der fraktionslose Abgeordnete und Innenpolitiker Marcel Luthe sagt: „Nach dem Verursacherprinzip wird nun zu klären sein, welche der Hausbesetzer welchen Anteil dieser Kosten tragen. Ich bin gespannt, was der Senat nun unternimmt.“

Der Steuerzahler muss für die Kosten der Polizei aufkommen

Die profane Antwort lautet: Nichts. Die früheren Hausbesetzer müssen nichts zahlen und der Senat unternimmt nichts. Akmann erklärte, es habe sich um einen Einsatz im Rahmen der Gefahrenabwehr gehandelt. „Nach dem in Berlin geltenden Recht ist es nicht möglich, die Einsatzkosten ganz oder teilweise den Störerinnen oder Störern aufzuerlegen.“

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Für die knapp eine Million Euro, die Unterkunft und Verpflegung für die auswärtigen Einsatzkräfte gekostet haben, müssen also die Steuerzahler aufkommen.

Das einst besetzte Haus war eines der letzten Symbole der linksextremen Szene und der Hausbesetzer. Es ist am 9. Oktober geräumt worden. Unter dem Protest Hunderter auf der Straße hatten sich Einsatzkräfte Zutritt zu dem verbarrikadierten Gebäude verschafft. Im Innern stießen die Beamten auf Hindernisse wie Betonelemente, Bretter und Metallteile.  

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Die Polizei leistete mit dem Einsatz Amtshilfe bei der gerichtlich angeordneten Übergabe des Hauses. Der Gerichtsvollzieher wollte das freigeräumte Haus dem Eigentümer übergeben. Weil mit Angriffen und Gewalt zu rechnen war, musste die Polizei dem Gerichtsvollzieher helfen.

In dem Haus „Liebig 34“ war vor zwei Jahren ein zehnjähriger Gewerbemietvertrag für den Bewohner-Verein ausgelaufen, der sich selbst als „anarcha-queer-feministisch“ bezeichnet hat. In einem langen juristischen Streit gab das Gericht dem Eigentümer Recht, dass die Bewohner das Haus verlassen müssen.

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