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Bei Razzien fanden die Ermittler Hakenkreuz-Dekorationen, Messer, Macheten, Schlagringe, NS-Propaganda und Material der „Identitäten Bewegung“.

© Patrick Pleul/dpa

Es war eine der größten Ermittlungen in Brandenburg: Großverfahren gegen 19 Neonazis eingestellt

Die Justiz ermittelte gegen eine Cottbuser Gruppe wegen Verdachts einer kriminellen Vereinigung. Das erhärtete sich nicht. Es gibt Anklagen zu anderen Delikten.

Das Großverfahren gegen 19 Rechtsextremisten aus dem Raum Cottbus wegen Bildung einer kriminellen Vereinigung ist eingestellt worden – Justiz und Polizei wollen es nicht als Rückschlag sehen.

Als die Polizei im April 2019 Wohn- und Geschäftsräume in Brandenburg, Berlin, Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen durchsuchte, war dies als schwerer Schlag gegen die Rechtsextremisten gewertet worden.

Die Ermittler fanden Hakenkreuz-Dekorationen, Waffen wie Messer, Macheten, Schlagringe, NS-Propaganda und Material der rechtsextremistischen „Identitäten Bewegung“.

Es ging um Sachbeschädigung, Körperverletzung, Verstöße gegen das Waffengesetz, Bedrohungen und das Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen. Bei den 19 Beschuldigten – Hooligans, Rechtsextremisten, Männern aus dem Sicherheitsgewerbe und der Kampfsportszene – gingen die Ermittler von einer kriminellen Vereinigung aus.

Es war eines der größten Verfahren in Brandenburg, enorme Datensätze wurden ausgewertet. Hoffnung verband sich damit, denn die 19 Beschuldigten gelten teils als zentrale Figuren in einem der gefährlichsten Neonazi-Netzwerke – der „Kampfgemeinschaft Cottbus“.

Die Neonazis waren in einem Messenger-Chat namens „Schnelle Eingreiftruppe“ und wollten „bei Stress mit Kanaken abrechnen und Zecken schlagen“. Ausgelöst wurde das Verfahren durch einen Fund auf einem Handy: Die Neonazis hatten sich über die Bedrohung von Journalisten ausgetauscht.

Einige Anklagen wurden dennoch erhoben

Zwar hat sich der Anfangsverdacht einer kriminellen Vereinigung nicht erhärtet, dennoch werden Straftaten verfolgt. Zuerst berichteten „Welt“ und „Morgenpost“. Das erforderliche Maß „einer gefestigten Organisation mit festgelegten Gruppenstrukturen, Rollen und Akteuren“ liege nicht vor, sagte ein Sprecher der Staatsanwaltschaft Cottbus.

Es seien aber wegen gefährlicher Körperverletzung und Verstößen gegen das Waffengesetz vier Anklagen erhoben und ein Strafbefehl erreicht worden, weitere Verfahren liefen.

Es sei allemal besser, Neonazi für Straftaten zu belangen, als mit einer wackeligen Anklage zu einer kriminellen Vereinigung zu scheitern, hieß es bei der Polizei. Zudem könnten die Ermittler bei derlei Verfahren deutlich tiefer in die Szene hineinblicken als sonst.

Die Szene gewinnt an Einfluss

Und diese Szene gewinnt an Einfluss. Es habe sich ein wirtschaftliches Netzwerk gebildet, das „zusehends wächst und dabei immer undurchsichtiger wird“, heißt es vom Verfassungsschutz über die „Kampfgemeinschaft Cottbus“.

Es gibt Tattoo-Studios, Plattenlabel, Restaurants und Modegeschäfte. Die Behörden sprechen von einer „toxischen Mischung“. Das braune Netzwerk habe sogar die Rocker der Hells Angels verdrängt, teils seien die Grenzen zur organisierten Kriminalität überschritten.

Der „Kampfgemeinschaft Cottbus“ werden mehr als hundert Personen aus dem Hooligan-, Kampfsport-, Security- und Türstehermilieu zugerechnet. Sie gilt als „Sammelbecken für Rechtsextremisten mit hohem Gewaltpotenzial“.

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