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Bastian Hafner (37), ist Head of Logistics & Industrial Advisory beim internationalen Immobiliendienstleister BNP Paribas Real Estate.

© promo

Logistikbranche hofft auf den BER: "Expressfracht könnte in Berlin künftig eine sehr große Rolle spielen"

Logistikexperte Sebastian Hafner über die Hauptstadtregion, die Rolle des Flugverkehrs für den Warentransport und das Potenzial des BER.

Von Matthias Matern

Herr Hafner, Ihrem Logistikmarktbericht 2019 zufolge hat sich Berlin-Brandenburg an die Spitze aller deutschen Standorte gesetzt. Was macht die Hauptstadtregion als Logistikstandort so attraktiv?
Sie haben dort einfach ungefähr sechs Millionen Konsumenten, die Waren brauchen. So konzentriert gibt es das in Deutschland nur noch in Nordrhein-Westfalen. Nicht von ungefähr wurde auch der deutsche Lebensmittel-Onlinehandel in Berlin gestartet. Dabei sprechen wir heute von Same Day Delivery. Der Kunde bestellt also etwas und hat den Anspruch, es so schnell wie möglich zu einem bestimmten Termin geliefert zu bekommen. Dafür braucht es natürlich die entsprechende Logistik. Und dafür müssen die Firmen möglichst nahe bei den Kunden sein. Außerdem verfügt die Hauptstadtregion inzwischen über eine sehr gute Infrastruktur. Die A10 umkreist quasi Berlin und von dort aus gehen mehrere weitere Autobahnen und große Bundesstraßen ab. Dazu kommen noch die Güterverkehrszentren. Die zählen zu den besten in ganz Deutschland. Alle sind flächenmäßig nahezu ausverkauft. In Großbeeren und Wustermark ist kein Quadratmeter Grundstück mehr zu bekommen.

Welche Rolle spielt die geostrategische Lage?
Die Nähe zu Mittel- und Osteuropa spielt eine große Rolle. In der Logistikbranche der Hauptstadtregion sind 200.000 Mitarbeiter beschäftigt. Viele kommen aus Polen und auch Tesla schreibt dort aus. Wenn man die Karte noch größer ausspielt, kann man auch sagen, Berlin liegt ziemlich zentral in Europa. Es gibt natürlich Firmen, zum Beispiel in den Niederlanden, die Beziehungen nach Russland haben und Waren über Berlin dort hinschicken.

Welche Rolle spielt dabei bislang die Luftfracht?
Bisher nur eine untergeordnete Rolle. Gerade einmal ein Prozent der Waren werden nach Deutschland per Luftfracht transportiert. Diese machen allerdings 30 Prozent des Warenwerts aus. Es handelt sich aber vor allem um hochwertige elektrotechnische Waren aus Asien, Handys etwa oder Mikrochips. Andererseits wird die Hälfte der Waren aus dem Großraum Berlin, die für die Luftfracht bestimmt sind, derzeit noch per Lkw zu anderen Flughäfen gebracht.

[Endlich fertig! Aus der Dauerbaustelle BER wird ein internationaler Flughafen. Doch viele Probleme bleiben. Lesen Sie alle Beiträge zum neuen Hauptstadtflughafen auf unserer Themenseite.]

Welches Potenzial sehen Sie diesbezüglich im BER?
Man hat ja schon einiges dafür getan, dass die Region in diesem Bereich wachsen kann. Man könnte bereits heute deutlich mehr Waren abwickeln. Vor allem das Thema Expressfracht könnte eine sehr große Rolle spielen. Wenn Konsumenten oder Firmen innerhalb eines Tages Waren aus dem Ausland benötigen, geht das nur per Expressfracht im Flieger. Noch allerdings fehlen dafür in Schönefeld die einschlägigen Firmen wie TNT, UPS oder Fedex.

Welche Regionen rund um Berlin sind am gefragtesten bei der Nachfrage nach Flächen?
Am gefragtesten sind der Süden und der Westen. Wieso? Das liegt an der Stadtautobahn. Die führt eben vom Nordwesten in den Südosten und mündet an beiden Enden auf dem Berliner Ring. Eine schnelle Verbindung. Dementsprechend sind auch innerstädtische Standorte wie Tempelhof und Neukölln begehrt.

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Den Osten kann man also abschreiben?
Nein, auch anderswo gibt es Firmen, die wachsen wollen, aber vielleicht im Stadtgebiet keine Flächen mehr finden. Gleichzeitig können sie ihren Mitarbeitern nicht zumuten, einmal quer durch die ganze Stadt zur Arbeit fahren zu müssen. Also ziehen sie vielleicht lieber wenige Kilometer ostwärts hinter die Stadtgrenze.

Die IHK Cottbus bemängelt, dass es im Flughafenumfeld keine großflächigen Gewerbeareale vom Schlage des neuen Tesla-Standortes mehr gibt. Teilen Sie die Kritik?
Das würde ich genauso unterschreiben. Es müssen definitiv noch mehr Flächen ausgewiesen werden. Denn auch Logistiker brauchen zum Teil sehr große Flächen.

Wo muss die Region noch besser werden?
Man muss unbedingt daran denken, dass, wenn man neue Flächen ausweist, auch der ÖPNV entsprechend ausgebaut werden muss. Schließlich müssen die Mitarbeiter der Firmen, die sich dort niederlassen, auch zur Arbeit kommen. Da wäre es wünschenswert, wenn Behörden auch schnell handeln könnten. Ich glaube, dass das in der ein oder anderen Region schon relativ gut funktioniert. An anderen Standorten dagegen könnte es noch beschleunigt werden.

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