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Der Verein Muslim Interaktiv wurde verboten. (Archivbild)

© Annette Riedl/dpa

Update

Islamistischer Influencer betroffen: Durchsuchungen in Berlin nach Verbot von „Muslim Interaktiv“

Das Bundesinnenministerium hat einen islamistischen Verein verboten. In dem Zusammenhang gibt es auch Durchsuchungen in Berlin. Eine davon findet bei einem islamistischen Influencer statt.

Stand:

Bundesinnenminister Alexander Dobrindt (CSU) hat den islamistischen Verein „Muslim Interaktiv“ verboten. Zudem laufen gegen die Vereine „Generation Islam“ und „Realität Islam“ vereinsrechtliche Ermittlungen, wie das Ministerium mitteilte. „Wer auf unseren Straßen aggressiv das Kalifat fordert, in unerträglicher Weise gegen den Staat Israel und Juden hetzt und die Rechte von Frauen und Minderheiten verachtet, dem begegnen wir mit aller rechtsstaatlichen Härte“, erklärte Dobrindt.

Im Zusammenhang mit dem Verbot und den Ermittlungen durchsuchten Polizeikräfte ab 6 Uhr morgens 19 Objekte in Hamburg, Hessen und Berlin. Das teilte eine Sprecherin des Bundesinnenministeriums auf Tagesspiegel-Anfrage mit. Zu „Einzelheiten der Durchsuchungsmaßnahmen“ könne man sich nicht äußern. In Berlin wurden zwölf Wohnungen in verschiedenen Stadtteilen untersucht, wie die Deutsche Presse-Agentur (dpa) berichtet. Dabei seien Bargeld, Datenträger und handschriftliche Notizen sichergestellt worden.

Durchsuchung bei islamistischem Influencer in Berlin

Laut Tagesspiegel-Informationen fand eine Durchsuchung in Berlin bei dem islamistischen Influencer Ahmad Tamim statt. Er ist einer der Köpfe der Gruppe Generation Islam und meldete im Juli eine islamistische Demonstration an. Die Polizei Berlin hatte diese zunächst verboten, scheiterte damit aber letztlich vor Gericht.

Ein Sprecher der Berliner Polizei sagte lediglich, sie leiste bei den Durchsuchungen Amtshilfe in der Hauptstadt. Angaben zur Zahl der untersuchten Objekte oder der Einsatzkräfte in Berlin machte er nicht und verwies auf das Bundesinnenministerium. Laut Berliner „Morgenpost“ trugen vermummte Einsatzkräfte nach etwa vier Stunden Durchsuchung mehrere Beweismittel aus einer Wohnung am Löwensteinring in Gropiusstadt.

Bundesinnenminister Alexander Dobrindt (CSU)

© IMAGO/Political-Moments/imago

„Wir lassen nicht zu, dass Organisationen wie Muslim Interaktiv mit ihrem Hass unsere freie Gesellschaft zersetzen, unsere Demokratie verachten und unser Land von innen heraus angreifen“, teilte Dobrindt mit. Muslim Interaktiv lehne das Demokratie- und Rechtsstaatsprinzip ab und weise damit eine verfassungsfeindliche Grundhaltung auf, schrieb das Ministerium in einer Mitteilung.

Der Verein verstoße gegen den Gedanken der Völkerverständigung, indem er das Existenzrecht Israels bestreite. Er werde aufgelöst und sein Vermögen beschlagnahmt.

Weitere Ermittlungen

Das Ermittlungsverfahren gegen und die Durchsuchungen bei Generation Islam und Realität Islam seien geboten, da die Organisationen dringend verdächtig seien, die gleichen Verbotsgründe zu verwirklichen wie Muslim Interaktiv oder dessen Teilorganisationen zu sein.

In dem Ermittlungsverfahren sollten Erkenntnisse über „sämtliche inhaltliche, organisatorische, personelle und finanzielle Aspekte dieser Vereinigungen“ erlangt werden.

Die freie Religionsausübung sei ein hohes Gut des Grundgesetzes, sagte Berlins Innensenatorin Iris Spranger am Dienstag in Bezug auf die Durchsuchungsmaßnahmen. „Grenzen sind aber dann erreicht, wenn die Art und Weise der Religionsausübung zu einer Ablehnung des deutschen Rechtsstaats und der Demokratie, zu Hass gegen Juden und zu einer Befürwortung von Gewalt gegen andere Menschen führt.“

„Wir erleben seit einiger Zeit, dass im Rahmen von Versammlungen in Berlin und anderen Städten Rufe nach einem Kalifat öffentlichkeitswirksam verbreitet werden“, sagte Spranger weiter.

Das Bundesamt für Verfassungsschutz sieht bei den drei Vereinigungen, die sich mit ihren Aktionen und Social-Media-Aktivitäten vorwiegend an junge deutschsprachige Muslime richten, eine ideologische Nähe zur Islamisten-Gruppierung „Hizb ut-Tahrir“, für die in Deutschland seit 2003 ein Betätigungsverbot gilt.

Zielgruppe junge Muslime

Die Protagonisten der drei Vereinigungen rufen zu einer an einem archaischen Islam orientierten Lebensweise und zur Abkehr von der Mehrheitsgesellschaft auf. Sie warnen vor einer angeblich staatlich forcierten Anpassung und stellen Muslime generell als unterdrückte Minderheit dar.

Das verfängt vor allem bei jungen Muslimen, die im Alltag aufgrund ihrer Religion Ausgrenzung erfahren haben.

Insbesondere die Gruppe Muslim Interaktiv sei „mit ihrer an der Popkultur orientierten Aufmachung und ihrem professionellen Auftritt in den sozialen Medien vor allem für Jugendliche attraktiv“, heißt es im Verfassungsschutzbericht 2024.

Im vergangenen Jahr sei es ihr zudem gelungen, bei mehreren Demonstrationen, die sich auf den Nahostkonflikt bezogen, teilweise mehr als 1000 Teilnehmer zu mobilisieren.

Die drei Gruppierungen werden nicht dem dschihadistischen Spektrum zugeordnet. Das heißt, dass die Islamisten zur Durchsetzung ihrer politischen Ziele – anders als Gruppierungen wie Al-Qaida oder der sogenannte Islamische Staat (IS) – nicht auf Gewalt und Terrorismus setzen. (mit dpa)

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