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Beliebtes Freizeitziel: Das Tempelhofer Feld vor dem früheren Airport.

© Paul Zinken/dpa

Flughafen Berlin-Tempelhof: "Als Bauland bleibt das Feld begehrt"

Vor zehn Jahren schloss THF. Michael Schneidewind von der Initiative „100% Tempelhofer Feld“ glaubt nicht, dass Berliner eine Bebauung befürworten würden.

Herr Schneidewind, wie häufig sind Sie auf dem Tempelhofer Feld?

Ich bin kein Jogger und nutze das Feld weniger. Manchmal gebe ich dort Führungen oder fahre mit dem Rad übers Feld nach Schöneberg. Mich hat das Feld ja nie aus Partikularinteressen angetrieben. Als Städteplaner interessiert es mich vielmehr aus der Perspektive der Stadtentwicklung.

Viel entwickelt hat sich auf dem Feld aber nicht. Es gibt wenig Sitzmöglichkeiten, Sportgeräte oder Bäume, die Schatten spenden.

Die Kunst kann auch im Nichtstun liegen: Das Tempelhofer Feld ist attraktiv. Drei Millionen Besucher im letzten Jahr sprechen für sich.

Was macht das Feld so besonders?

Die Stille, der Luxus der Weite, wie man sie sonst nur kennt, wenn man vor den Toren der Stadt ist. Kinder lernen hier Fahrrad fahren, Pärchen schmusen im Gras, seltene Vogel- und Pflanzenarten haben hier einen Rückzugsort. Das Feld ist Teil der Marke Berlin geworden.

In den vergangenen Wochen diskutierten Politiker erneut über eine Randbebauung. Die Opposition will darüber neu abstimmen lassen. Was halten Sie davon?

Die 740.000 Berliner, die 2014 für das Volksbegehren und damit den Erhalt des Feldes stimmten, haben das sicher nicht gemacht, damit es 2021 doch bebaut wird, wie es sich der Regierende Bürgermeister vorstellen kann. Die Senatsverwaltung sollte sich besser um den Sanierungsstau im denkmalgeschützten Flughafengebäude und um ein wirtschaftlich zu vertretenes Nutzungskonzept kümmern, um das Gebäude besser mit seinem Umfeld zu vernetzten. 

Sie glauben also nicht, dass sich die Stimmung in der Stadt geändert hat?

Natürlich ist das schnelle Wachstum beängstigend, vor allem für die Verlierer der wirtschaftlichen Entwicklung. Die Berliner fragen sich, warum sie immer mehr zusammenrücken oder für Neuankömmlinge an den Rand ziehen sollen. Dennoch bin ich mir sicher, dass die Berliner in ihrer Mehrheit nicht wollen, dass das Tempelhofer Feld zerstört wird.

Aber die wachsende Stadt braucht neuen Wohnraum. Wo würden Sie bauen?

Berlin ist zum Spekulationsobjekt anonymer Kapitalgesellschaften geworden, die nicht für die Menschen bauen, sondern für die Renditeerwartungen ihrer Anleger. Wir bräuchten eine Bodenwertzusatzsteuer, die Eigentümer dazu bewegt, ihre Flächen zu bebauen statt damit zu spekulieren. Außerhalb des S-Bahn- Rings haben wir noch Potenzialflächen.

Damit kann man genug Wohnraum für die 40.000 Menschen schaffen, die jedes Jahr nach Berlin kommen?

Das wird natürlich nicht reichen. Die eigentlichen Fehler wurden Anfang der 2000er Jahre gemacht als Berlin sein Tafelsilber verkaufte, als öffentliche Flächen und 75.000 landeseigene Wohnungen auf Beschluss des Abgeordnetenhauses verkauft wurden. Das fällt uns jetzt auf die Füße.

Würden Sie gegen einen neuen Gesetzesentwurf für die Randbebauung mobil machen?

Nein, jedes Gesetz kann grundsätzlich reformiert werden. Die Frage ist, ob die Berliner dazu bereit sind. Ich glaube, nein! Wir werden die jetzt möglicherweise aufkommende erneute Diskussion wieder aktiv begleiten. Denn eins ist sicher:  Die Begehrlichkeiten, das Tempelhofer Feld zu bebauen, werden erst enden, wenn es restlos bebaut ist. Um das zu verhindern, müssen wir alle in Berlin wachsam sein - weil wir das Feld lieben!

Michael Schneidewind, Vorstandsmitglied von „100% Tempelhofer Feld“.
Michael Schneidewind, Vorstandsmitglied von „100% Tempelhofer Feld“.

© privat

Michael Schneidewind, 66, früherer Raumplaner, ist Mitinitiator und Vorstandsmitglied von "100% Tempelhofer Feld".

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