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Schöne Aussichten – für Mieter von Wohnungen an der Heerstraße sowie in Reinickendorf. Sie sollen Geld zurück bekommen.

© Kai-Uwe Heinrich

Folge des Mietendeckels: Gewobag zahlt Geld an 1000 Berliner Haushalte zurück

Die Landesfirma hatte in Spandau und Reinickendorf privatisierte Wohnungen zurückgekauft. Sie musste die Mieterhöhungen zurücknehmen und zahlt nun Geld zurück.

Zuerst hatte es massiven politischen Druck von SPD-Fraktionschef Raed Saleh und Bundestagsabgeordnetem Swen Schulz (SPD) gegeben, nun tat der Mietendeckel sein übriges: Die landeseigene Gesellschaft Gewobag nimmt – anders als vom Vorstand ursprünglich erklärt – 1000 Mieterhöhungen in der Spandauer Siedlung im Umfeld der Heerstraße zurück.

Die Mieter dürfen sich nun über Gutschriften auf ihren Mietkonten freuen. Für das Landesunternehmen wird das teuer, doch die Gewobag wollte sich dazu und zu „weiteren Details nicht äußern“.

Die Gewobag hatte die rund 5800 Wohnungen in Spandau und Reinickendorf von der privaten ADO Properties im vergangenen Jahr für angeblich 920 Millionen Euro zurückgekauft.

Dieser Betrag von 920 Millionen Euro ist ein Vielfaches des Preises, zu dem die früher schon landeseigenen Wohnungen unter dem damals rot-roten Senat privatisiert worden waren. Kurz vor dieser nun vollzogenen Rekommunalisierung der Wohnungen hatte Verkäufer ADO die Mieterhöhungen verschickt.

Tagesspiegel-Berichte hatten politische Debatte angestoßen

Erst Tagesspiegel-Veröffentlichungen der Mieterhöhungen, die dem „Alternativen Mieter- und Verbraucherschutzbund“ vorlagen, hatten eine heftige politische Debatte im Senat ausgelöst.

Zumal ein Gewobag-Vorstand erklärt hatte, die Landesfirma werde keine Mieterhöhungen zurücknehmen, sofern diese rechtmäßig sind. Allgemein gilt: Je höher die Mieteinnahmen sind, desto höher ist der Kaufpreis einer Immobilie. Da nun weniger Mieten als vorgesehen fließen, dürfte die Wirtschaftlichkeit der teuer bezahlten Wohnungen mächtig eingetrübt sein.

[Was sagt denn nun die Gewobag-Chefin? Im Interview mit dem Spandau-Newsletter vom Tagesspiegel argumentiert sie so: "Wir gewähren Mietnachlässe, um Menschen zu helfen, die Hilfe brauchen – aber diese sind immer befristet. Nach einer gewissen Zeit wird dieser individuelle Mietnachlass von unseren Mitarbeitern überprüft, inwieweit aufgrund des Einkommens noch ein Anspruch besteht. So machen wir das aktuell bei 120..." Lesen Sie mehr hier im Tagesspiegel-Newsletter. 180.000 Haushalte haben unsere Newsletter schon abonniert. Die gibt es in voller Länge unter leute.tagesspiegel.de]

Geringere Wohnkosten für viele Haushalte meldet auch der Berliner Mieterverein: „Uns liegen so einige Schreiben von Vermietern vor, die auf die geringere Stichtagsmiete absenken“, sagt Wibke Werner.

Anders als die landeseigene Gewobag erstatteten die privaten Vermieter aber nicht rückwirkend die zu viel gezahlte Miete. Außerdem behielten sich die Hausbesitzer vor, die Differenz zurückzufordern, falls der Mietendeckel von den Gerichten gekippt wird. „Das verunsichert die Mieter.“

Es ist nicht einfach, die Übersicht zu behalten

Kein Wunder, denn es ist nicht ganz einfach, die Übersicht zu behalten bei der Vielzahl der teils widersprüchlichen Mietregulierungen auf dem Berliner Wohnungsmarkt.

Hinzu kommt, dass sich der neue Mietendeckel des Senats noch in einer Übergangsphase befindet. Bisher haben nur solche Mieter Anspruch auf eine Mietsenkung, die wie im Fall der Gewobag Mieterhöhungen nach dem 18. Juni vergangenen Jahres erhalten hatten. Am 18. Juni hatte der Senat die Einführung des Deckels beschlossen.

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Die seit diesem Datum ausgesprochenen Mieterhöhungen müssen Vermieter zurücknehmen. Verlangen dürfen sie stattdessen nur die Miete vor der Erhöhung, die sogenannte Stichtagsmiete, die am 18. Juni wirksam vereinbart war.

Die Höhe der gedeckelten Miete richtet sich nach dem Baualter des Hauses, hinzu kommen Zuschläge bei einer modernen Ausstattung und einer Sammelheizung sowie einem Bad. Senken Vermieter nicht aus eigenem Antrieb die Miete, droht ihnen ein Bußgeld.

Welle von Mietminderungen erst in neun Monaten zu erwarten

Noch ist die Zahl der Mietabsenkungen also überschaubar, da nur Verträge betroffen sind, die während der vergangenen gut sieben Monate nach oben korrigiert wurden.

[Und was ist mit den tausenden Asbest-Fällen? Auch dazu hat sich die Gewobag geäußert - hier im Spandau-Newsletter. 180.000 Haushalte haben unsere Newsletter schon abonniert. Die gibt es in voller Länge unter leute.tagesspiegel.de]

Zu einer regelrechten Welle von Mietminderungen wird es erst in knapp neun Monaten kommen. Denn dann muss abgesenkt werden auf die staatlichen Mietobergrenzen, die für alle rund 1,6 Millionen nicht subventionierten Berliner Mietwohnungen gelten.

Wer sich Hoffnungen auf eine geringe Miete machen darf, wird es innerhalb der kommenden zwei Monate einschätzen können.

Denn innerhalb dieser Frist muss jeder Vermieter seinem Mieter schriftlich Auskunft geben über die „maßgeblichen Umstände“ zur Berechnung der für die konkrete Wohnung geltenden staatliche Miete.

Weil zu den Tabellenwerten allerdings Zuschläge für die Lage und eine Überschreitung von 20 Prozent geduldet werden muss, rät Werner vom Mieterverein, „die genaue Höhe des Absenkungsanspruchs von einer Beratungsstelle prüfen zu lassen“. Diese gibt es auch in den Bezirksämtern.

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Für die Gewobag werden die 5800 Wohnungen zunehmend zu einer Belastung. Die landeseigene Firma erklärte, die Mieterhöhungen seien ihr beim Kauf nicht bekannt und „nicht Grundlage wirtschaftlicher Entscheidungen“ gewesen.

Die Rückzahlungen von Mieteinnahmen schmälern aber die Bilanz.

Hinzu kommt, dass das städtische Unternehmen die nach Angaben von Marktinsidern teuer bezahlten Wohnungen außerdem noch für viel Geld sanieren muss, weil Teile des Bestands mit dem krebserregenden Baustoff Asbest belastet sind.

Dies hatte der Senat auf Anfrage des Grünen-Abgeordneten Andreas Otto mitgeteilt. Auch die Kosten dafür seien im Kaufpreis berücksichtigt, hieß es.

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