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Ein von der Senatskanzlei in Berlin zur Verfügung gestelltes Foto zeigt das Fake-Videotelefonat.

© dpa/Senatskanzlei Berlin

Update

Gespräch mit falschem Vitali Klitschko: Russische Komiker bekennen sich zu Fake-Telefonat mit Giffey

Ein russisches Komikerduo behauptet, für die gefälschten Anrufe verantwortlich zu sein. Giffey sagt, die Aktion decke sich mit Kreml-Zielen.

Zwei russische Komiker sollen sich im ARD-Magazin „Kontraste“ dazu bekannt haben, Berlins Regierender Bürgermeisterin Franziska Giffey (SPD) und andere europäische Bürgermeister mit gefälschten Telefonaten hereingelegt zu haben. Das berichtet der RBB am Mittwoch.

Demnach will sich das Duo „Vovan und Lexus“ als der Kiewer Bürgermeister Vitali Klitschko ausgegeben haben und per Videotelefonat mit Giffey und den anderen Stadtoberhäuptern gesprochen haben. Am Donnerstag werde man Videoaufzeichnungen aus allen Gesprächen im Netz veröffentlichen, kündigte einer der Komiker demnach an. Dabei soll es dem Komiker zufolge um Geflüchtete aus der Ukraine gehen.

Wie konkret die Aktionen gemacht wurden, wollte er dem RBB nicht sagen, ein Deepfake sei es seinen Angaben zufolge nicht gewesen. Beweise für die Selbstbezichtigung wollte der Komiker laut RBB nicht vorlegen.

"Ich will nicht verraten, wie wir es angestellt haben, aber es war leicht", sagte Alexej "Lexus" Stoljarow dem Magazin.

Stoljarow bestritt gegenüber "Kontraste" ein politisches Motiv. Das Duo arbeite auch nicht im Auftrag russischer Geheimdienste. Die Aktionen richten sich dem Medienbericht zufolge jedoch auffällig häufig gegen Kritiker des Kremls.

Erst kürzlich sei "Vovan und Lexus" in Moskau bei einer Preisverleihung geehrt worden. Die Auszeichnung überreichte demnach eine Sprecherin des russischen Außenministeriums, die dem Bericht zufolge die beiden mitten im Ukraine-Krieg "Meister der Telefondiplomatie" nannte.

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Für die Plausibilität der Aussagen des Komikers spricht laut RBB, dass das Duo in der Vergangenheit schon zahlreiche Politiker mit vergleichbaren Anrufen überzogen habe, darunter laut Medienberichten den britischen Premierminister Boris Johnson und den französischen Präsidenten Emmanuel Macron. Auch beim CDU-Politiker Norbert Röttgen, damals Vorsitzender des Auswärtigen Ausschusses im Bundestag, soll das Duo laut RBB Erfolg gehabt haben.

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Nach der Fake-Videoschalte am vergangenen Freitag will Giffey zeitnah mit ihrem echten Kiewer Kollegen Vitali Klitschko sprechen - und sich dabei zusätzlich gegen eine erneute Manipulation wappnen.

Geplant sei ein Videoanruf, vor dem es einen wie auch immer gearteten Test auf Echtheit des Gesprächspartners geben werde, kündigte die SPD-Politikerin am Dienstag an. „Wir werden das ganz eng mit der (ukrainischen) Botschaft abstimmen.“ Angedacht sei das Gespräch noch vor ihrem Urlaub, also „in den nächsten Tagen“ bis Mitte Juli. Verabredet sei, es auf Deutsch zu führen.

Berlins Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey geht davon aus, dass die Verantwortlichen für die manipulierten Videotelefonate mit dem falschen Vitali Klitschko politische Ziele verfolgen. „Ungeachtet dessen, wer sich zur Manipulation bekennt, wie diese genau durchgeführt wurde und welche Motivation dahintersteht: Es bleibt ein Identitätsdiebstahl. Diese Aktionen decken sich mit den Narrativen und den Zielen des Kremls“, twitterte die SPD-Politikerin am Mittwoch.

„Sie wollen die Partnerinnen und Partner der Ukraine vorführen und das Vertrauen in die Ukraine und auch in uns schwächen. Das werden sie nicht schaffen“, erklärte Giffey. „Ich verurteile diese Tat. Berlin steht an der Seite der Ukraine.“

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Am vergangenen Freitag hatte Giffey per Video mit einer Person gesprochen, die zwar wie Klitschko aussah, aber nicht Klitschko war. Nach einiger Zeit waren ihr wegen verschiedener Fragen ihres Gegenübers Zweifel gekommen, ob sie mit dem echten Kiewer Bürgermeister verbunden war. Das Gespräch endete dann vorzeitig.

Offen ist neben dem Motiv, um welche technische Art der Manipulation es sich handelte. In Berlin ermittelt der Staatsschutz des Landeskriminalamts dazu. Die Berliner Senatskanzlei hatte am Freitag zunächst mitgeteilt, allem Anschein nach habe es sich um ein Deep Fake gehandelt. Dabei geht es um einen Medieninhalt, der mit Techniken künstlicher Intelligenz (KI) manipuliert wurde.

Mittlerweile wird nicht ausgeschlossen, dass auch eine andere Manipulationstechnik ohne KI zum Einsatz gekommen sein könnte, bei der Schnipsel bestehender Videos neu zusammengesetzt werden. So etwas wird als Shallow Fakes oder Cheap Fakes bezeichnet. Stoljarow sagte laut „Kontraste“ dazu: „Ich kann nur sagen, dass es kein Deep Fake war.“

Ob die technische Frage zweifelsfrei aufgeklärt werden kann, ist offen. Von Giffeys Fake-Videoanruf liegt laut Senatskanzlei kein Mitschnitt vor, weil das bei vertraulichen Gesprächen nicht üblich sei.

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Inzwischen wurde bekannt, dass auch die Bürgermeister von Wien, Madrid, Budapest und Warschau auf ähnliche Weise hereingelegt wurden wie Franziska Giffey.

Die Berliner Regierungschefin sprach am Dienstag von einer völlig neuen Dimension. „Das bedeutet eine massive Veränderung von Kommunikation und von Prüfnotwendigkeiten, ob diejenigen, die an solchen Gesprächen teilnehmen, wirklich die sind, die sie vorgeben zu sein.“ Das habe Auswirkungen auf die Demokratie und „auf die Art, wie wir kommunizieren“. (Tsp, AFP, dpa)

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