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Bereits 2017 liefen in Spandau Neonazis auf, um des 30. Todestages von Rudolf Heß zu gedenken.

© Paul Zinken/dpa

Heß-Aufmarsch in Spandau: Geisel: Verbot von Neonazi-Demo nicht möglich

Am Sonnabend wollen 1000 Rechtsextreme durch Spandau marschieren. Der Innensenator sieht keine Möglichkeit für ein Verbot: "Die freiheitlich-demokratische Grundordnung gilt leider auch für Arschlöcher."

Von Frank Jansen

Spandau steht ein anstrengender Sonnabend bevor. Neonazis wollen wie im vergangenen Jahr mit einem Aufmarsch an Rudolf Heß, Hitlers Stellvertreter in der NSDAP, erinnern. Heß hatte sich am 17. August 1987 im Spandauer Kriegsverbrechergefängnis erhängt. Die Sicherheitsbehörden erwarten 1000 Rechtsextremisten und eine noch größere Zahl von Gegendemonstranten.

Im vergangenen Jahr hatten Nazigegner am 19. August die Route der Rechten blockiert. Die Heß-Fans konnten nur in der Umgebung des Bahnhofs Spandau demonstrieren. Ein ähnliches Szenario sei auch dieses Jahr zu erwarten, heißt es in Sicherheitskreisen. Und womöglich noch mehr.

Zahlreiche Gegenproteste geplant

Der Ex-Chef der Berliner NPD, Sebastian Schmidtke, hat für Sonnabend eine Demonstration in Mitte angemeldet. Offenbar wollen die Neonazis dahin ausweichen, sollten Gegendemonstranten wieder den geplanten langen Marsch durch Spandau verhindern. Und wenn die Rechten auch in Mitte nicht durchkommen, wollen sie es nach Informationen des Tagesspiegels in Lichtenberg versuchen. Gegen die Glorifizierung von Heß, der nach Ansicht der Neonazis ermordet wurde, regt sich massiver Widerstand. Bei der Polizei sind bislang Anmeldungen zu elf Protestaktionen eingegangen. Ein erster Aufzug ist schon für den frühen Freitagabend in Spandau geplant.

Das Spandauer Bündnis gegen Rechts will bereits am Jahrestag des Todes von Heß „auch nur die kleinsten Ehrenbekundungen“ verhindern, wie es im Aufruf heißt. Am Sonnabend will das Bündnis dann wieder demonstrieren. Den Aufruf unterstützen unter anderem die Spandauer SPD, die Berliner Grünen, der Türkische Bund in Berlin-Brandenburg, die katholischen Pfarrgemeinden in Spandau, aber auch die linksextreme Gruppierung „Interventionistische Linke Berlin“. Die Initiative „Berlin gegen Nazis“ hat sich zudem die kuriose Aktion „Ein Cent gegen Nazis“ ausgedacht. Der Aufmarsch der Rechten soll in klingende Münze für den Verein Sea-Watch umgesetzt werden. Sea-Watch beteiligt sich an der Rettung von Flüchtlingen im Mittelmeer. „Berlin gegen Nazis“ ruft dazu auf, für jeden Neonazi, der in Spandau aufläuft, einen Cent für Sea-Watch zu spenden.

Keine offene Huldigung von Heß erlaubt

Die Aktion liefe ins Leere, würde die Polizei den Heß-Marsch verbieten. Neben linken Gruppen fordert das auch der Spandauer CDU-Bundestagsabgeordnete Kai Wegner. „Spandau ist kein Wallfahrtsort für Neonazis und darf auch keiner werden“, sagt Wegner. In einem Brief bat er Innensenator Andreas Geisel (SPD), ein Verbot zu prüfen. Geisel sieht aber keine Handhabe, den Neonazis die Versammlungsfreiheit zu verwehren.

„Inhaltlich hat sich die Linie des Senators vom vergangenen Jahr nicht geändert“, sagte sein Sprecher. Damals hatte Geisel verkündet, „ein Verbot wäre mir sehr sympathisch gewesen, wir haben das sehr sorgfältig geprüft und festgestellt, dass die freiheitlich-demokratische Grundordnung leider auch für Arschlöcher gilt”.

Die Neonazis werden allerdings auch dieses Jahr nicht offen Heß huldigen können. Wie schon 2017 dürften beim Aufmarsch keine Heß-Bilder gezeigt und keine Parolen gerufen werden, die Heß verherrlichen, sagen Sicherheitskreise. Die Rechtsextremen hatten sich allerdings im vergangenen Jahr nah an die Glorifizierung herangewagt. Die Neonazis an der Spitze der Demonstration trugen ein Transparent mit der Parole „Ich bereue nichts“. Den Spruch hatte Heß 1946 als Angeklagter beim Nürnberger Kriegsverbrecherprozess von sich gegeben.

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