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Im gesamten Jahr 2018 lag die Steuerprüfquote bei 10 Prozent, ein Jahr zuvor waren es noch 14 Prozent.

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Trotz immer mehr Einkommensmillionären: Berlin entgehen jährlich Millionen an Steuereinnahmen

Immer mehr Millionäre zieht es vor allem nach Friedrichshain-Kreuzberg und Schöneberg. Die Finanzämter versäumen aber die Steuerprüfungen der reichen Berliner.

Von Ulrich Zawatka-Gerlach

Menschen, die mehr als eine Million Euro im Jahr verdienen, vermutet man eher am Starnberger See oder an der Elbchaussee. Aber auch in Berlin zählten die Finanzämter Anfang dieses Jahres 749 Einkommensmillionäre. Vor drei Jahren waren es noch 489.

Die meisten von ihnen zahlen ihre Steuern in Zehlendorf (174), Wilmersdorf (106), Charlottenburg (103) und in Mitte (75). Besonders hohe Steigerungsraten verbuchten Friedrichshain-Kreuzberg und Schöneberg, auch Weißensee ist für Millionäre seit 2016 deutlich attraktiver geworden.

Erfahrungsgemäß lohnt es sich, die Steuererklärungen reicher Steuerbürger genauer anzuschauen. Vor zwei Jahren wurden durch Außenprüfungen der Berliner Finanzämter 5,5 Millionen Euro zusätzlich eingetrieben, im vergangenen Jahr waren es sogar 23,5 Millionen Euro. Das lag allerdings an einem Einzelfall in Prenzlauer Berg.

Im ersten Halbjahr 2019 führten die Steuerprüfungen bei Einkommensmillionären in Berlin bisher nur zu Nachzahlungen von 366.631 Euro. Überprüft wurden in den ersten sechs Monaten aber nur 4 Prozent der Großverdiener. Im gesamten Jahr 2018 lag die Prüfquote bei 10 Prozent, ein Jahr zuvor waren es noch 14 Prozent. Die genannten Zahlen gehen auf eine parlamentarische Anfrage des Linken-Abgeordnete Sebastian Schlüsselburg zurück.

Zwar stehe Berlin mit solchen Prüfquoten immer noch besser da als andere Bundesländer, sagte Schlüsselburg dem Tagesspiegel. „Dennoch entgehen uns Jahr für Jahr mehrere Millionen Euro an Steuereinnahmen.“ Die viel zu seltene Überprüfung von Einkommensmillionären sei eine „erhebliche Ungerechtigkeit gegenüber allen, denen die Steuer Monat für Monat auf Heller und Pfennig direkt vom Lohn abgezogen wird“.

Berliner Koalition will Mindestprüfintervalle für Wohlhabende

Nach den Sommerferien werden SPD, Linke und Grüne im Abgeordnetenhaus vom Senat deshalb eine Bundesratsinitiative fordern. Ziel ist die Einführung eines „Mindestprüfintervalls für Steuerpflichtige mit besonderen Einkünften“. Angemessen sei eine regelmäßige Überprüfung alle drei Jahre.

Rot-Rot-Grün beruft sich dabei auf den Bundesrechnungshof, der schon 2006 in seinem Jahresbericht die geringe Prüfquote kritisiert hat. Aktuell sei bundesweit mit durchschnittlichen Mehreinnahmen von 135.000 Euro je Prüffall zu rechnen, begründen die Koalitionsfraktionen ihren Antrag.

In Berlin seien zwischen 2006 und 2016 im Durchschnitt fast 89.000 Euro Steuermehreinnahmen eingetrieben worden. Bundesweit muss ein Einkommensmillionär nur alle sieben Jahre damit rechnen, von einer Außenprüfung des zuständigen Finanzamts behelligt zu werden.

Rot-Rot-Grün schlägt nun vor, ein Mindestprüfintervall in der Abgabenordnung gesetzlich zu verankern. Das ist Sache des Bundes. Ob sich dafür in der Länderkammer eine Mehrheit findet, ist ungewiss. Der Wissenschaftliche Dienst des Bundestages hat eine intensivere Prüfung von Einkommensmillionären für verfassungsrechtlich unbedenklich eingestuft.

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