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Berlins Regierender Bürgermeister Kai Wegner (CDU) befürwortet die Reform der Schuldenbremse.

© dpa/Bernd von Jutrczenka

Kai Wegner lobt Reform der Schuldenbremse: „Jeder Euro muss in Zukunftsinvestitionen fließen statt kurzfristigem Konsum“

Berlins Regierender Bürgermeister zeigt sich erfreut über die Einigung von Union und SPD auf ein Sondervermögen und eine Lockerung der Schuldenbremse. Doch er stellt Bedingungen.

Stand:

Berlins Regierender Bürgermeister Kai Wegner (CDU) lobt die Einigung von Union und SPD auf ein Finanzpaket für milliardenschwere Investitionen in Verteidigung und Infrastruktur. Die Einigung sei „ein kraftvolles Signal für Stabilität in unsicheren Zeiten“, sagte Wegner. „Nach Jahren des Verschleißes brauchen wir einen Konjunkturbooster.“

Deutschland müsse massiv in Infrastruktur investieren, um wieder wettbewerbsfähig zu werden. Dabei trügen auch die Länder eine enorme Verantwortung. „Mehr Gestaltungsspielraum ist der richtige Schritt zur richtigen Zeit, auch wenn der Druck der Konsolidierung für einen zukunftsfähigen Haushalt bleiben wird“, sagte Wegner.

Der Regierende Bürgermeister betonte, dass kleinere Nachjustierungen nicht ausreichten. „Wir stehen vor einem Epochenbruch und müssen schneller, mutiger und entschlossener handeln denn je.“

Zugleich müssen wir jetzt sicherstellen, dass jeder Euro in Zukunftsinvestitionen fließt, anstatt in kurzfristigem Konsum zu versickern.

Kai Wegner (CDU), Berlins Regierender Bürgermeister

Sicherheit und Freiheit gebe es nicht zum Nulltarif. „Zugleich müssen wir jetzt sicherstellen, dass jeder Euro in Zukunftsinvestitionen fließt, anstatt in kurzfristigem Konsum zu versickern.“

Ähnlich hatte sich zuvor bereits Berlins Finanzsenator Stefan Evers (CDU) geäußert. Auch er lobte die Einigung, mahnte zugleich jedoch weitergehende Reformen an.

Finanzsenator Evers warnt vor „milliardenschwerem Strohfeuer“

„Jedes Sondervermögen würde zum milliardenschweren Strohfeuer, wenn Deutschland sich weiter um die notwendige Staatsreform und einen weitreichenden Abbau bürokratischer Strukturen und Vorgaben herumdrückt“, sagte Evers am Dienstagabend dem Tagesspiegel.

Eine dauerhafte strukturelle Entlastung und Sicherung der staatlichen Daseinsvorsorge werde es nur geben, wenn insbesondere die Kommunen von administrativen Aufgaben und kostentreibenden Standards entlastet werden, erklärte er. Was genau er darunter versteht und wie seine Reformvorschläge aussehen, führte Evers zunächst nicht aus.

Berlins Sozialsenatorin Cansel Kiziltepe (SPD) reagierte umgehend auf Evers Forderung: „Was meint der Finanzsenator konkret mit seiner Äußerung ‚administrativen Aufgaben und kostentreibenden Standards‘? Sollte er Sozialstandards meinen, ist das der falsche Weg“, schreibt Kiziltepe auf der Plattform X.

Kredite in Höhe von 700 Millionen Euro für Berlin?

Die Präsidentin des Rechnungshofs von Berlin, Karin Klingen, sagte, sollten sich die Länder künftig bis zu 0,35 Prozent des BIP verschulden können, könne Berlin Kredite in Höhe von rund 700 Millionen Euro aufnehmen. Der Staat würde durch eine Änderung des Grundgesetzes aber nicht aus seiner Pflicht entlassen, notwendige Konsolidierungsmaßnahmen und wichtige Reformen anzugehen.

Der SPD-Co-Landesvorsitzende Martin Hikel sprach von einem „wichtigen Meilenstein für die Verantwortung, die Deutschland vor dem Hintergrund der weltpolitischen Lage“ trage. Es brauche mehr Investitionen in die Rüstung. Es sei richtig, „dass hier eine Finanzierungsform gewählt wurde, die sich nicht auf den restlichen Haushalt auswirkt“, sagte er. Die Co-Vorsitzende Nicola Böcker-Giannini begrüßte, dass auch die Länder nun mitgedacht würden. „Wir brauchen dringend mehr finanziellen Spielraum für notwendige Investitionen in die Infrastruktur.“

SPD-Fraktionschef Raed Saleh war vorher schon konkreter geworden: „Wenn man ein Sondervermögen von 500 Milliarden Euro für Infrastruktur aufsetzt, dann erwarte ich, dass ein Großteil davon auch für den Neubau von Wohnungen aufgewendet wird“, hatte er dem Tagesspiegel gesagt.

Haushaltsexperte der SPD warnt vor vorschneller „Freudigkeit“

Torsten Schneider, haushaltspolitischer Sprecher der Berliner SPD-Fraktion, warnte am Mittwoch davor, „vorschnell in den Chor von Freudigkeit einzutreten“. Dazu bestehe „überhaupt keine Veranlassung“, sagte Schneider mit Bezug auf Berechnungen, denen zufolge Berlin aufgrund der Vorhaben im Bund jährlich bis zu 1,2 Milliarden Euro mehr zur Verfügung haben könnte. „Wir können hier jetzt nicht sagen, wir machen mal die Eckpunkte neu, geben allgemeine Entwarnung und fahren die Eckwerte wieder hoch“, sagte er.

Wir werden uns das Kleingedruckte genau angucken müssen.

Torsten Schneider, haushaltspolitischer Sprecher der Berliner SPD-Fraktion

Bis auf Weiteres werde es nicht zu irgendwelchen Rollen rückwärts kommen. „Wir werden uns das Kleingedruckte genau angucken müssen“, ergänzte Schneider und bezeichnete die politische Geschwindigkeit auf Bundesebene als „schwindelerregend“.

Dem haushaltspolitischen Sprecher der Grünen-Fraktion, André Schulze, geht das Vorhaben von CDU und SPD nicht weit genug: „Die Bremse nur halb zu lockern, reicht nicht – die Schuldenbremse braucht eine Generalüberholung“, sagte er. Die Schuldenbremse müsse strukturell reformiert werden.

Klimaschutz, die Transformation der Wirtschaft und Verkehrsinfrastruktur, die soziale Daseinsvorsorge und der Zivil- und Bevölkerungsschutz warteten nicht auf bessere Zeiten. „Dabei schafft der Vorschlag auch für Länder und Kommunen keinen ausreichenden Spielraum für langfristige Investitionen und Planbarkeit“, sagte Schulze. „Die neue Regierungskoalition unter Friedrich Merz sollte jetzt auf Grüne und Linke zugehen und gemeinsam einen tragfähigen Vorschlag erarbeiten – statt Schnellschüsse diktieren zu wollen, die auf Dauer nicht tragen“, forderte er.

Linksfraktion spricht von „faulem Kompromiss“

„Die Berliner Linksfraktion lehnt die von Union und SPD getroffene Einigung zur Schuldenbremse ab“, sagte Steffen Zillich, Haushaltsexperte der Linksfraktion. Es handele sich um nicht mehr als einen „faulen Kompromiss“.

Statt Ausnahmen für Rüstungskredite, Sondervermögen und Einzelmaßnahmen bräuchte es die Aufhebung, „mindestens aber eine grundlegende Reform der Schuldenbremse“, sagte er.

Er appellierte an die neue Regierungskoalition, auf Linke und Grüne zuzugehen, um in der neuen Legislaturperiode des Bundestags eine Reform der Schuldenbremse auszuarbeiten. „Wir fordern den Regierenden Bürgermeister Kai Wegner auf, in diesem Sinne gegenüber dem Bund das Interesse Berlins an einer echten Reform der Schuldenbremse zu vertreten“, sagte Zillich.

Union und SPD hatten sich in ihren Sondierungen am Dienstagabend auf ein umfangreiches Finanzpaket verständigt. Neben einem Sondervermögen für Investitionen in die Infrastruktur in Höhe von 500 Milliarden Euro ist eine Reform der Schuldenbremse vorgesehen, die zusätzliche Verteidigungsausgaben möglich machen soll.

Zudem soll es auch für die Bundesländer eine Lockerung der Schuldenbremse geben. Wie der Bund sollen auch sie künftig jährlich Schulden in Höhe von 0,35 Prozent des Bruttoinlandsprodukts machen können. Genaueres ist dazu bislang jedoch nicht bekannt.

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