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Die Architekten wollen wieder Licht und Luft in das Karstadt-Gebäude am Hermannplatz bringen.

© David Chipperfield Architects

Karstadt im Stil der 20er: Umbaupläne am Berliner Hermannplatz werden konkreter

Der österreichische Signa-Konzern möchte das Kaufhaus ersetzen. Darüber diskutierten am Mittwochabend Architekten, Politiker und Karstadt-Mitarbeiter.

Der Karstadt am Hermannplatz sah in den 20er Jahren ganz anders aus: zwei „Lichttürme“ und in der Mitte eine 4000 Quadratmeter große Dachterrasse. An diesen Prachtbau erinnert beim heutigen sanierungsbedürftigen Funktionsbau aus den 50er Jahren nicht mehr viel.

Einen Neubau, der an das ursprüngliche Gebäude anknüpft, plant Signa Holding. Vertreter des österreichischen Konzerns haben am Mittwochabend das Neubauprojekt im Stadtplanungsausschuss Friedrichshain-Kreuzberg vorgestellt. Signa zeigte sich offen für eine gemeinsame Entwicklung mit dem Bezirk – und stieß auf Fragen und Kritik.

Eine Dachterrasse und eine Markthalle für alle, ein Hotel oder ein „multikulturelles Ärztehaus“ soll der Neubau vereinen. Die Skizzen, die Projektleiter Thibault Chavanat zeigte, seien „noch relativ offen gehalten“. Klar ist aber, dass Karstadt Hauptmieter bleiben soll. Insgesamt würde das Gebäude um 15 Prozent, auf etwa 100.000 Quadratmeter vergrößert. 450 Millionen Euro will der Konzern in das Projekt investieren.

Die Originalfassade des 20er-Jahre-Baus soll wiederhergestellt werden, sagte die Projektleiterin Anke Lawrence von David Chipperfield Architects. „Wir wollen wieder Licht und Luft in das Gebäude bringen“. Das Projekt solle dabei mit einem großen Vorplatz – mehr Raum für Passanten und Fahrräder - an die Verkehrswende anknüpfen.

Was bringt der Neubau dem Umfeld, fragt Florian Schmidt

Der Grünen-Baustadtrat Florian Schmidt, der sich bereits im März kritisch zum Vorhaben äußerte, stellte vor allem die Frage voran, was der Neubau dem Umfeld bringe. Wegen der großen Veränderungen würde ein Bebauungsplan notwendig. Zusätzlich betonte Schmidt den Schutz der umliegenden Gewerbe und die notwendige Bürgerbeteiligung. Weiterhin stelle sich die Frage, ob es sich ökologisch rentiere, wenn das Gebäude komplett abgerissen wird.

Der Signa-Konzern steht einer Bürgerbeteiligung offen gegenüber und schlug dafür sechs Monate vor. Der Zeitplan für das Großprojekt: Im August seien die ersten Gespräche geplant, 2020 soll es dann losgehen bei einer fünfjährigen Bauzeit. Reza Amiri (Linke) bewertete diesen Plan als „ambitioniert“. Viele planungsrechtliche Fragen seien noch offen, die Nutzungsvorschläge unkonkret. Marlene Heihsel (FDP) begrüßte den Projektvorschlag und findet es wichtig, „in die Höhe zu denken“.

Eine Karstadt-Mitarbeiterin fragte, wie es um die Arbeitsplätze stünde, wenn das aktuelle Gebäude abgerissen wird. „Wir suchen den Dialog“, sagte Reiner Müller von Signa. Karstadt gehöre schließlich zu Signa, man habe dies im Blick.

Neuköllns Bürgermeister ist von den Plänen begeistert

Der Hermannplatz ist nicht nur Neuköllner Gebiet: Für die Hausnummern 5-10, wo der Karstadt steht, hat Friedrichshain-Kreuzberg die Planungshoheit. So waren auch Bezirksverordnete wie Carla Assmann (Linke) aus Neukölln gekommen. Sie stellte eine „Spannung zwischen den blumigen Begriffen und konkreten Angaben“ fest. Neuköllns Bürgermeister Martin Hikel (SPD) jedenfalls zeigte sich schon im März von den Signa-Plänen begeistert. Doch die Planungshoheit liege vorrangig beim Nachbarbezirk.

Ein Bebauungsplan müsste zuerst von der Bezirksverordnetenversammlung Friedrichshain-Kreuzberg abgesegnet werden. Der Ausschussvorsitzende John Dahl (SPD) hält es für eine gute Idee, die Neuköllner für die weiteren Gespräche „mit ins Boot zu holen“.

Schon damals konnten die Besucher von der U-Bahn direkt ins Kaufhaus

Mit dem Projekt knüpft Signa an das im Jahr 1929 eröffnete, originäre Kaufhaus an. Der Art-déco-Bau aus Muschelkalk war mit seinen rund 70.000 Quadratmetern Nutzfläche eine Attraktion.* or seiner Zerstörung im Zweiten Weltkrieg war der Art-déco-Bau aus Muschelkalk mit seinen rund 70.000 Quadratmetern Nutzfläche eine Attraktion. Die Besucher konnten schon damals von der U-Bahn direkt ins Kaufhaus gelangen – das war damals einzigartig in Europa.

Zwei 55 Meter hohe „Lichttürme“ an den Außenseiten des Gebäudes erinnerten an die Hochhausarchitektur in New York. Zwischen diesen Türmen konnte Berlin von oben, aus 32 Meter Höhe bestaunt werden: vom 4000 Quadratmeter großen Dachgarten. Im April 1945 sprengten Nationalsozialisten das Gebäude, zahlreiche Zivilisten starben.

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