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„Kinder und Familien sind unkürzbar“: Jugendhilfe protestiert gegen Sparpaket des Berliner Senats
In Berlin regt sich Protest gegen die Milliarden-Streichliste des Senats. Institutionen der Kinder- und Jugendhilfe zogen gegen die geplanten Kürzungen zum Abgeordnetenhaus.
- Mia Veigel
- Franziska von Werder
Stand:
Das Milliarden-Sparpaket des Senats stößt auf Kritik in fast allen Bereichen. Unter dem Motto „#unkürzbar“ haben sich am Donnerstagmorgen am Anhalter Bahnhof in Berlin verschiedene Institutionen der Kinder- und Jugendhilfe, aber auch Privatpersonen versammelt, um gegen die Einsparungen zu demonstrieren – aufgerufen hatten unter anderem die Gewerkschaft Verdi und der Landesjugendring.
Die Demoteilnehmer hatten Fahnen und Plakate mitgebracht. „Kinder und Familien sind unkürzbar“, war während des Protests von den Demoteilnehmern zu hören. Unter lautem Pfeifen und Hupen zogen sie gegen kurz nach zehn Uhr in Richtung Abgeordnetenhaus, wo am Donnerstag über die Haushaltskürzungen debattiert wird.
Dort war zudem eine Abschlusskundgebung geplant. Etwa anderthalb Stunden nach Beginn der Demo schätzte die Polizei die Teilnehmerzahl auf etwa 1300 Menschen. „Richtig stark dafür, dass es ein Donnerstag und Arbeitszeit ist“, sagte einer der Organisatoren zu der Beteiligung am Protest.

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Die Einsparungen im Bereich der Jugendhilfe zeigten, „wie unwichtig junge Menschen in Berlin geworden sind“, hieß es im Vorfeld der Demo vom Landesjugendring. Demnach sollen Angebote im Bereich der freien Jugendarbeit, Jugendsozialarbeit und in der außerschulischen Bildung um etwa 20 Prozent gekürzt werden.
Bei Demoteilnehmerin Maria Grüning, die bei der Stiftung SPI für Kinder- und Jugendarbeit zuständig ist, stoßen die Pläne auf Unverständnis: „Schon während der Corona-Pandemie wurden Kinder und Jugendliche enorm vernachlässigt“, sagte sie. „Ich komme ursprünglich aus Hessen und bin noch nicht so lange hier in Berlin, nehme aber wahr, dass hier besonders oft Gelder in dem Bereich gekürzt werden.“

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Auch Johannes Lange nahm an dem Protestzug teil. Er sieht den Kinderbauernhof Pinke Panke in Pankow bedroht: „Die Pinke Panke auf dem ehemaligen Todesstreifen ist ein sehr besonderer Ort, wo Kinder mit Tieren spielen können und Menschen zusammen kommen. Dass dieser Ort vielleicht schließen muss, ist die absolute Hölle“, sagte der Anwohner. Die kleine Ida steht neben ihm und bekräftigt das. „Man kann da viele Freunde finden und spielen“, sagte sie.
Der Kinderbauernhof Pinke Panke wird unter anderem vom Bezirk gefördert. Laut einem Sprecher der Einrichtung, die auch über Berlin hinaus bekannt ist, besteht derzeit aber keine akute Schließungsgefahr. Dennoch könne es sein, dass das Angebot verkleinert werden müsse.

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Laut Demo-Ankündigung sollen nach der Streichliste zwei geplante Schulen nicht gebaut, die Digitalisierung der Schulen eingeschränkt und das Studierendenwerk gekürzt werden. Gleichzeitig sollen die Semestergebühren für Studierende erhöht werden.
Wir möchten uns nicht jedes Jahr Sorgen machen müssen, ob unser Jugendzentrum noch öffnen kann.
Queerdom, Jugendzentrum in Berlin
Direkt betroffen ist auch das queere Jugendzentrum Queerdom in Mitte. „Wir möchten uns nicht jedes Jahr Sorgen machen müssen, ob unser Jugendzentrum noch öffnen kann“, sagte eine Vertreterin des Zentrums in einer Rede vor den Demonstrierenden. Viele junge Queere und Transpersonen würden bei Queerdom einen Safe Space finden. Das Angebot sollte eigentlich ausgebaut werden, um noch mehr Jugendliche zu empfangen. „Aber durch die Kürzungen wird das unmöglich.“ Schon jetzt sei das Zentrum oft überfüllt.

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„Es ist absolut unverständlich, dass Anwohner*innen-Parkausweise weiterhin 10,20 Euro im Jahr kosten, die Angebote für Jugendliche aber zusammengestrichen werden“, sagte Lena Kiefer, Vorsitzende des Landesjugendrings Berlin mit Blick auf die Kürzungen. „All die Sonntagsreden darüber, wie wichtig die Jugend sei, kann sich die Berliner Koalition sparen. Mit den Haushaltsentscheidungen wird deutlich, dass junge Menschen der Berliner Landespolitik herzlich egal sind.“
Der Landesjugendring kritisiert aber auch Sparmaßnahmen in anderen Bereichen, die Kinder und Jugendliche unmittelbar betreffen, so etwa beim Klimaschutz und beim Ausbau des Nahverkehrs und der Radwege. Zudem treffe der Sparplan auch freie Träger der Jugendarbeit und seine Angestellte: „Hier sollen Tarifsteigerungen für die Angestellten wohl nicht weiter finanziert werden. Viele von ihnen werden Mitarbeitenden kündigen müssen, um verbliebene Angestellte weiterhin tarifgerecht bezahlen zu können“, hieß es. Auch diese Dynamik führe zu weniger Angeboten für Kinder und Jugendliche.
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