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Die Staatsanwaltschaft ermittelt gegen einen 34-Jährigen wegen eines - letztlich fehlgeschlagenen - Auftragsmordes in Berlin. (Symbolbild)

© Fabian Sommer/dpa

Kokain, blutige Rivalitäten, Auftragsmorde: Kopf eines Balkan-Clans in Berliner Untersuchungshaft

Sie operieren europaweit, steuern den Kokain-Handel aus Südamerika und töten ihre Rivalen. Spanien lieferte nun einen Serben nach Berlin aus. Für die Ermittler ein Glücksfall.

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Für die Ermittler war es eine Nadel im Heuhaufen. Doch nun ist es den Berliner Behörden in einem ungewöhnlichen Verfahren gelungen, Einblick in den von Balkan-Clans gesteuerten Kokain-Handel in Europa und ihre brutalen Methoden zu bekommen. Alles begann mit Schüssen in Charlottenburg vor fünf Jahren. Seit Donnerstag sitzt ein 34-jähriger Serbe hinter Gittern – in Berlin.

Er soll Anführer eines Balkan-Kartells sein. Und er soll, davon gehen die Ermittler aus, den Auftrag erteilt haben, ein Führungsmitglied eines anderen Balkan-Clans zu töten, der „Skaljari“-Gruppe.

Es geschah am 17. Februar 2020 in Berlin-Charlottenburg, Schlüter-, Ecke Lietzenburger Straße. Zwei Schüsse fallen, die Projektile verfehlen einen Mann, er rettet sich in einen Hauseingang. Die Schützen fliehen. In Berlin nahm offenbar niemand Notiz davon. Erst mehr als eineinhalb Jahre später erfuhren die Behörden davon. Im November 2021 bekommen Beamte des Bundeskriminalamtes (BKA) Daten aus den Chats des kanadischen Anbieters Sky ECC.

Dessen Handys waren bei Banden, Gangstern und Kriminellen beliebt. Denn die Sicherheitsbehörden konnten auf die Kryptohandys nicht zugreifen. Doch Zielfahndern aus den Niederlanden, aus Belgien und Frankreich gelang es, gemeinsam mit Europol Millionen Sky ECC-Nachrichten abzufangen. Und die Ermittler erfuhren aus den Nachrichten noch mehr. Zwei Wochen nach den Schüssen in Berlin wurde ein Anschlag per Autobombe verübt. Der „Skaljari“-Mann, der in Charlottenburg noch mit dem Leben davonkam, starb dabei.

Äußerst brutales Vorgehen gegen Rivalen

Für die Ermittler zeichnet sich bislang dieses Bild: Mitglieder der serbischen „Vracar“-Gruppe sollen als Auftragsmörder hinter dem missglückten Mordversuch in Berlin stecken – wohl auch hinter dem Anschlag in Montenegro. Der Auftraggeber soll der „Kavac“-Clan aus Montenegro sein. Die Kavacs und Skaljari sollen vor allem auf dem Westbalkan aktiv sein: Kroatien, Bosnien-Herzegowina, Slowenien, Montenegro. Aber sie sollen auch europaweit operieren – und in Südamerika. Die Ermittler glauben, den aktivsten Balkan-Banden im Schmuggel und Handel mit Kokain auf der Spur zu sein.

Und diese Banden gehen äußerst brutal vor, um ihre Rivalen aus dem Weg zu räumen und ihre Geschäftsinteressen durchzusetzen. Das BKA geht von 80 gegenseitigen Morden und Mordversuchen aus. Der Anführer des „Vracar“ wurde nicht nur wegen der Schüsse in Berlin europaweit gesucht, Europol stufte ihn als „High Valua Target“ ein – er war einer der meistgesuchten Männer aus dem Bereich der organisierten Kriminalität auf dem Kontinent.

Das BKA fahndete international nach dem Mann. In Zusammenarbeit mit den Behörden anderer Staaten gelang es Zielfahnder im Oktober 2024, den Mann im spanischen Barcelona zu fassen. Der 34-Jährige war wegen des Verdachts des schweren Raubes, von Waffengesetzverstößen, Beteiligung an einer kriminellen Vereinigung und der Beteiligung an acht Morden auch von Österreich, Kroatien, Montenegro und Serbien zur Fahndung ausgeschrieben.

Am Donnerstag lieferte Spanien den Mann nun an Deutschland aus. Das Misstrauen gegenüber den Behörden der anderen Staaten, die nach ihm suchten, war offenbar groß. Am Ende vertrauten die Spanier deutschen Behörden am meisten, diesen Kopf der organisierten Kriminalität hinter Gittern zu bringen. Der Beschuldigte hat sich laut Staatsanwaltschaft bislang nicht zu den Vorwürfen geäußert.

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