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Taucht wohl bald öfter auf. Die Fahne der Kurden aus dem Irak auf einer Demonstration in Berlin.

© ddp

Berlin-Spandau: Kurden durch Tränengas und Rauch verletzt

Bei einem Treffen zur kurdischen Unabhängikeit in Spandau wurden Teilnehmer mit Tränengas und einer Rauchbombe angegriffen. Jetzt ermittelt der Staatsschutz.

Ein Treffen von 400 Kurden ist am Sonntagabend in Spandau angegriffen worden. Unbekannte zündeten an einem Festsaal am Askanierring offenbar eine Rauchbombe und versprühten Tränengas. Kurz vor 22 Uhr habe es Zeugen zufolge „einen lauten Knall“ gegeben, danach sei Rauch auf der Tanzfläche aufgestiegen, teilte die Polizei am Montag mit. Neun Besucher wurden verletzt und ambulant behandelt – Hinweise zu den Tätern gebe es derzeit nicht.

Viel spricht für eine politisch motivierte Aktion, jedenfalls ermittelt der für politische Taten zuständige Staatsschutz. Der Veranstalter, der „Kurdistan Kultur-und Hilfsverein“, verurteilte laut RBB den „feigen Anschlag“ und teilte mit: „Diese Provokateure torpedieren und terrorisieren seit Jahren Veranstaltungen für ein Selbstbestimmungsrecht des kurdischen Volkes.“ Vor allem zu Wahlkampfzeiten in der Türkei hatte es immer wieder Angriffe türkischer Rechter auf kurdische Linke gegeben.

Kurden werben in Berlin für Unabhängigkeit

In Spandau wurde allerdings für das im Irak geplante Referendum geworben. Wie berichtet, wollen die meisten Parteien im kurdisch dominierten Nordirak am 25. September über Unabhängigkeit von der irakischen Zentralregierung in Bagdad abstimmen.

Millionen Kurden leben in Irak, Türkei, Iran und Syrien – politisch verfolgt wurden sie in all diesen Ländern. Im Irak haben die Kurden mit Hilfe der USA schon in den Neunzigern eine autonome Region erkämpft, in Syrien verteidigen die Kurden ebenfalls eine selbstverwaltete Zone gegen die Zentralregierung und Islamisten aller Couleur. Im Juni dieses Jahres sprachen sich in Berlin auch Vertreter hier lebender Kurden für das Referendum aus.

Der Gesandte der kurdischen Regionalregierung im Nordirak, Dilshad Barzani, erklärte damals: Der Westen solle die Unabhängigkeit im eigenen Interesse anerkennen, die Kurden seien Verbündete im Kampf gegen islamistischen Terror, die Region durch die „Kunststaaten“ Irak und Syrien ohnehin kaum zu stabilisieren. Dilshad Barzani war am Montag nicht zu erreichen.

Die Massenflucht der Kurden

Die Regierung der autonomen Kurdenregion im Nordirak wird von seinem Bruder Massoud Barzani geführt. Das Referendum ist völkerrechtlich nicht automatisch bindend, allerdings wird die Zentralregierung in Bagdad auch von anderen Minderheiten kaum noch anerkannt. Sigmar Gabriel (SPD) hatte gesagt, die Einheit des Irak infrage zu stellen, sei falsch. Lediglich Israel hatte bereits 2014 offen erklärt, dass es mit einem unabhängigen Kurdistan gut leben könne.

Irakisch-Kurdistan ist wirtschaftlich von der Türkei abhängig, Barzani gilt als Partner von Recep Tayyip Erdogan – und das, obwohl der türkische Staatschef nicht nur Kurden in der Türkei, sondern auch in Syrien und im Irak angreifen lässt. Das Außenministerium in Ankara bezeichnete das Referendum in Nordirak als „schweren Fehler“.

Wie viele Kurden in Deutschland leben, ist unbekannt. Die meisten kamen als Gastarbeiter aus der Türkei, andere sind irakische, syrische oder iranische Staatsbürger – durch die Massenflucht der letzten drei, vier Jahre dürfte die Zahl der Kurden in Deutschland bald bei einer Millionen liegen. In Berlin könnte ein Zehntel davon wohnen.

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