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Immer was los: Einige Sympathisanten, Bewohner und Anwohner feierten schon am frühen Nachmittag das aktuelle Urteil.

© Paul Zinken/dpa

Rigaer Straße in Berlin-Friedrichshain: Linke und Piraten unterstützen Sondersitzung des Innenausschusses

Die Teilräumung in der Rigaer Straße war rechtswidrig. Das könnte zum Problem für Innensenator Frank Henkel (CDU) werden. Alle Entwicklungen des Tages im Liveblog.

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Die Teilräumung in der Rigaer Straße war illegal, entschied das Landgericht Berlin am Mittwoch. Den ausführlichen Prozessbericht von der Verhandlung am Mittwochmorgen finden Sie hier. Für Innensenator Frank Henkel (CDU) ist das ein herber politischer Rückschlag. Auch die Senatsverwaltung distanziert sich. Sie sei "in die Vorläufe zum Einsatz der Polizei nicht involviert" gewesen, teilte Senatssprecherin Daniela Augenstein mit. Eine indirekte Rücktrittsforderung gibt es schon, sie kommt vom Ex-Piraten Christopher Lauer. Alle Entwicklungen und Reaktionen in unserem Live-Blog:

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Der Tagesspiegel

Soli-Trommeln - auch heute Abend wieder

Auch heute gibt es wieder das Soli-Trommeln, berichtet Christian Vooren:

Und dann wurde es doch noch einmal laut, friedlich blieb es aber trotzdem. Pünktlich um 21 Uhr, man merkte, dass die Leute hier schon eingespielt waren, fangen alle an Krach zu machen. „Solidaritäts-Trommeln“ nennen sie das. Anwohner aus den benachbarten Häusern stehen auf den Balkonen und schlagen mit Kochlöffeln auf Töpfe ein, andere haben Eimer dabei, aber auch Bier- und Saftflaschen tun ihren Dienst. Wer gar nichts in der Hand hat, bedient sich seiner Umgebung. Stromkästen aus Blech Fahrradständer oder die Räder selbst werden zu Schlaginstrumenten umfunktioniert. Hauptsache, es scheppert. Ironisch, dass die lauteste Trommel vom Eigentümer selbst hingestellt wurde: Der Baucontainer direkt vor der Rigaer 94 wird mit Füßen, Bierkästen und Holzstöcken bearbeitet. Dazu machen junge Mädchen weiter Seifenblasen, Kinder fahren mit Rollschuhen im Kreis oder tanzen mit ihren Teddybären. Eine ältere Dame, auf deren Turnbeutel „FCK AFD“ steht, betrachtet das Spektakel amüsiert aus der Ferne, bis es ihr offenbar irgendwann zu viel wird und sie abzieht. Die Polizei, zunächst skeptisch blickend, obwohl sie es schon kennen, kann sich ein Lachen irgendwann auch nicht mehr verkneifen. Nur ein tätowierter, stämmiger Nachbar von gegenüber kommt brummig aus der Haustür, blickt sich kritisch um und murmelt: „Die haben doch alle ein Rad ab.“ Genauso pünktlich, wie sie angefangen haben, ist um 21.30 Uhr alles wieder vorbei. Schichtwechsel bei der Polizei, ein Mannschaftswagen wird durch einen anderen ausgetauscht. Kurz werden die Linken dann doch nochmal ausfällig, skandieren „Bullenschweine raus aus der Rigaer“. Aber die lassen sich nicht provozieren, also geht auch das nach einigen Sekunden vorbei. „Wieso sollen wir auch einschreiten, ist doch alles ruhig hier“, erzählt ein Polizeibeamter am Rande der Szene. 


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Der Tagesspiegel

Linke und Piraten unterstützen Sondersitzung

Linke und Piraten unterstützen das Vorhaben, eine Sondersitzung des Innenausschusses einzuberufen. Das bestätigen Christopher Lauer für die Piraten und ein Fraktionssprecher der Linken. 

Die Grünen hatten zuvor in einer Erklärung die Sondersitzung gefordert. "Ein Innensenator, der den Rechtsstaat ständig im Munde führt, aber nach Belieben und ohne gültige Rechtsgrundlage handelt, ist seiner Aufgabe offensichtlich nicht gewachsen", erklärten der Grünen-Landeschef Daniel Wesener und die Grünen-Fraktionschefin Ramona Pop.

Auch der SPD-Abgeordnete Tom Schreiber hatte sich auf Twitter für eine solche Sitzung ausgesprochen. 

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Der Tagesspiegel

Alles friedlich.

Unser Reporter Christian Vooren schickt ein Fazit von der Rigaer Straße:

Alles friedlich. So kurz und knapp lässt sich der Tag in der Rigaer Straße zusammenfassen. Die Unterstützer des Wohnprojektes haben gute Laune, weil sie einen kleinen Sieg im Machtkampf mit Innensenator Frank Henkel (CDU) errungen haben. Zwar werden sie heute nicht mehr mit einem Gerichtsvollzieher rechnen können - dessen Auftreten wäre Voraussetzung dafür, dass die beliebte linke Kneipe Kad(t)erschmiede wieder eröffnen könnte, die im Juni bei dem umstrittenen Polizeieinsatz geräumt worden war.

Aber die Hoffnung für die Bewohner besteht, ihre Räumlichkeiten wenigstens vorerst zurückzubekommen. Gefeiert wurde das mit einem spontanen Straßenfest. Einige spielen Federball, andere machen Seifenblasen, die Straße ist mit Kreide bemalt und von Konfetti übersäht. Das günstige Sternburger ist im benachbarten Kiosk schon am Nachmittag ausverkauft, rund hundert Leute sitzen auf der Straße, singen und trinken Bier. Die Punk-Musik wechselt sich ab mit dem Dröhnen der Dieselmotoren, das von den Polizeiwagen herrührt. Die Beamte stehen die meiste Zeit gelangweilt neben ihren Fahrzeugen, rauchen Zigaretten und trinken Energy-Drinks. Am Abend schaffen es dann auch die ersten Bewohner, wieder ohne Kontrollen ins Haus zu gelangen. Hier und da diskutiert mal ein Punk mit einem Polizisten, aber alle sind friedlich. Es sieht bisher auch nicht so aus, als würde die Stimmung in der Nacht zu kippen drohen.  

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Der Tagesspiegel

"Wir sind gefahrenabwehrrechtlich vorgegangen"

Innensenator Frank Henkel (CDU) steht hinter dem Polizeieinsatz in der Rigaer Straße. Die Gerichtsentscheidung sei ein Versäumnisurteil gewesen und stelle nicht die Legalität des Polizeieinsatzes in Frage, sagte er in der rbb-Abendschau. Damit bekräftigte er, was sein Sprecher schon am Nachmittag hatte verbreiten lassen. "Wir sind gefahrenabwehrrechtlich vorgegangen", sagte Henkel. Der Einsatz sei durch das Allgemeines Gesetz zum Schutz der öffentlichen Sicherheit und Ordnung in Berlin (ASOG).gedeckt, der weitere Rechtsweg sei abzuwarten. Unter Gefahrenabwehr bezeichnet man Einsätze der Polizei, die zur Sicherung einer Situation dienen.

Henkel betonte zudem, dass es furchtbar sei, dass ein Rechtsanwalt nicht vor Gericht erscheint, weil er sich bedroht fühle. Ein mögliches deeskalierendes Gespräch möchte Henkel nicht führen. "Ich wüsste gar nicht, mit wem ich das Gespräch führen sollte."

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Der Tagesspiegel

Angela Merkel plädiert für Mischung aus Härte und Dialog

Die Kanzlerin hat sich in der Causa Rigaer Straße zu Wort gemeldet. Die Lösung werde immer bestehen aus einer "Mischung aus Härte und Klarheit im Vorgehen" und "den Möglichkeiten, Gesprächsfäden zu knüpfen, sagte sie im Sat.1-Sommerinterview. 

Was Merkel sonst über die Rigaer Straße sagte, lesen Sie hier. 

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Der Tagesspiegel

Hat Anwalt Tessmer sein Mandat niedergelegt?

Bestätigt ist es noch nicht, aber aus gut informierten Kreisen heißt es, André Tessmer habe sein Mandat niedergelegt. Er hatte am Nachmittag erklärt, sich persönlich bedroht zu fühlen, nachdem in der Nacht das Auto seines Nachbarn abgebrannt war. Der Wagen war direkt vor Tessmers Haus geparkt. Möglicherweise muss sich der Eigentümer der Rigaer 94 nun einen neuen Anwalt suchen.


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Der Tagesspiegel

Und was sagt die Polizei?

Die Frage, ob und wie die Polizei vor dem Einsatz am 22. Juni in der Rigaer Straße 94 die rechtliche Grundlage geklärt hat, hat nach dem Urteil einige Unruhe ausgelöst - sowohl in der Senatsinnenverwaltung als auch beim Polizeipräsidenten. Nach Aussagen von Kennern fällt die rechtliche Prüfung, ob es einen Räumungstitel gibt, der dann Grundlage des Polizeieinsatzes ist, eindeutig in die Zuständigkeit des Polizeipräsidenten. Über das Ergebnis der Prüfung müsse aber, vor allem bei einem absehbar brisanten Einsatz wie in der Rigaer Straße, zwingend die Spitze der Innenverwaltung informiert werden, hieß es. Offen blieb, ob diese Information erfolgt ist. Insider halten es aber für ausgeschlossen, dass Polizeipräsident Klaus Kandt Innensenator Frank Henkel nicht vorab über das Ergebnis der rechtlichen Prüfung informierte. 

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Der Tagesspiegel

So ist die Situation in der Rigaer vor Ort

Das Straßenfest auf dem Dorfplatz hat schon begonnen, meldet unser Reporter Timo Kather: Derzeit haben sich etwa hundert Menschen vor der Rigaer Straße 94 versammelt, trotz der immer noch vorhandenen Polizei-Absperrungen. Die Menschen sitzen auf Bordstein, viele trinken Sternburg-Bier oder - Achtung, trockener Humor - Sekt der Marke "Henkel trocken". Skeptische Blicke kommen von den Polizisten, circa zehn Einsatzwagen sind vor Ort. Wann wird denn nun die Kadterschmiede wieder geöffnet? Die Sympathisanten erwarten den Gerichtsvollzieher - müssen sich aber vorerst wohl noch gedulden (s.u.) Die Grünen-Politikerin Canan Bayram ist hier, ebenso wie Ex-Pirat Oliver Höfinghoff. Kaltes Sternburg ist in der nächsten Bäckerei schon ausverkauft. "Wir kommen nicht mehr nach mit dem Nachfüllen", sagt der Verkäufer. Gelegentlich sind Pöbeleien gegen Polizisten zu hören, die das aber an sich abperlen lassen.

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Der Tagesspiegel

Anwalt verweigert Annahme des Urteils

Der Anwalt der Rigaer-94-Eigentümer, André Tessmer, hat die Annahme des Urteils verweigert und damit eine Vollstreckung vorerst verhindert. Das berichtete der Anwalt der Klägerseite, Lukas Theune, dem Tagesspiegel. Theune hatte einen Vertreter mit dem Gerichtsvollzieher und dem Urteil zu Tessmer geschickt in der Hoffnung, nach der Zustellung schnell vollstrecken zu können, das heißt, die Räume schnell dem Verein zurückgeben zu können.

Die Weigerung Tessmers hat diesen Plan vorerst vereitelt. Derzeit wird geklärt, ob es für die Zustellung ausreicht, das Schriftstück einfach in Tessmers Briefkasten zu werfen. Auch in dieser Angelegenheit gehen die juristischen Ränkespiele also weiter.

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