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Gestrickt. Claudia Skoda mit Modellen aus ihrer aktuellen Kollektion.

© Mike Wolff

Berliner Designerin nach der Einheit: Maschen für die Avantgarde

Die West-Berlinerin Claudia Skoda macht seit den siebziger Jahren ausgeklügelte Strickmode. Ihr Geschäft am Ku’damm zog nach dem Mauerfall viele Kundinnen aus Ost-Berlin an – nach Mitte mochten sie ihr nicht folgen.

„Hier passiert was Komisches“, hatte Claudia Skoda damals am Telefon zu einer Freundin in Ost-Berlin gesagt, „Setz dich sofort in die S-Bahn und komm in den Westen!“ Es war der 13. August 1961, Skoda hatte am Teltowkanal beobachtet, wie Menschen vom Osten ans westliche Ufer schwammen. Das war rund 15 Jahre vor Beginn ihrer Karriere.

Offiziell führt die gebürtige West-Berlinerin seit 1975 ihr Stricklabel unter eigenem Namen, das Handwerk hatte sie autodidaktisch erlernt. Die 70er hindurch lebte und arbeitete sie in einer ausgebauten Kreuzberger Fabriketage, mit Dauergästen wie David Bowie, Iggy Pop, Martin Kippenberger. Skodas Modenschauen etwa in der Kongresshalle oder im Ägyptischen Museum wurden als spektakuläre Events bekannt. In West-Berlin schaffte sie sich ihre ganz eigene Szene. Trotzdem eröffnete sie ihr damals einziges Geschäft 1982 in Manhattan, lediglich die Produktion blieb in Berlin – ein bewusster Schritt raus aus der geteilten Stadt in die internationale Modewelt.

Nach dem Mauerfall ging sie doch nicht zurück in die Staaten

Dann der Wendepunkt: Als Berlin 1987 Kulturhauptstadt wird, bekommt Skoda vom West-Berliner Senat den Auftrag, die Eröffnungsgala zu gestalten. Zwei Jahre später wollte sie zurück in die Staaten, doch die Nacht vom 9. November 1989 änderte ihre Entscheidung, obwohl sie den Trubel des Mauerfalls erst mal verschlief. Selbst ein nächtlicher Anruf aus New York, wo man längst von den Nachrichten gehört hatte, konnte sie nicht aus den Träumen reißen. Erst die vielen Trabis auf den Straßen verrieten ihr am nächsten Morgen, was sie verpasst hatte. „Der Hertie in Kreuzberg war total überfüllt mit Ost-Berlinern“, erinnert sie sich. Zumindest symbolisch war die Stadt wieder vereint.

Ausgerechnet jetzt zurück nach New York? Für Claudia Skoda keine Option. Die Stadt ordnete sich neu, die Stimmung war lebendig und beschwingt, eine ganz eigene Dynamik. Inspiriert habe sie der Mauerfall zumindest modisch jedoch nicht. Aber die Berliner Modeszene hatte sich quasi über Nacht verdoppelt. Das legendäre DDR-Modemagazin „Sybille“ wurde schnell auf Skoda aufmerksam.

Nach Mitte wollten die neuen Kunden aus dem Osten nicht

„Die haben sich nach interessanten Designern im Westen umgesehen,“ erzählt sie. Die Designerin hat das gefreut. Die Frauen aus dem Osten seien anspruchsvoll und geschmackvoll gewesen: „Schließlich mussten sie in der DDR mit viel Eigeninitiative herausfinden, wo sie aktuelle Modelle herbekommen.“ Die Kundinnen haben es genossen, auf dem Kurfürstendamm einkaufen zu gehen, wo Skoda damals ihr Geschäft führte. Mit dem Umzug nach Mitte gingen ihr viele ostdeutsche Kunden zunächst wieder verloren. „Da wollten sie nicht hinkommen, das war ja wie zurück in den Osten.“

Heute genießt die 71-jährige Claudia Skoda ihre jugendliche Nachbarschaft in der Mulackstraße. Ihr Laden mit kleinem Musteratelier liegt direkt neben dem Geschäft von Lala Berlin, ein paar Häuser weiter verkauft das avantgardistische Label Starstyling knallbunte Entwürfe.

Ob heute eher Ost- oder West-Berliner Skodas Strickteile tragen, kann sie nicht sagen. Bei ihr kaufen hauptsächlich Touristen, auch berühmte Namen. Oscar-Preisträgerin Cate Blanchett besitzt ein feines Strickkleid von Skoda, Supermodel Milla Jovovich oder Regisseur Ridley Scott mögen ihre Pullover und Strickmützen.

Skodas aktuelle Kollektion ist sehr vielschichtig, wie immer geht sie mit dem Strickmaterial recht ungewöhnlich um. Für Frauen gibt es eng anliegende, glänzende Minikleider, für Herren hat Skoda ganze Anzüge stricken lassen. Ein Modell der aktuellen Linie hat es ihr besonders angetan: ein dickes Strickkleid in Knielänge. „Das ist sehr wärmend“, sagt sie, „ich wünsche mir, dass meine Kunden das tragen und dafür die Heizung ein wenig herunterdrehen.“ Und Klimaschutz ist ja weltweit gefragt.

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