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Menschen nehmen mit Deutschlandfahnen an der Demo des Bündnisses „Gemeinsam für Deutschland“ in Berlin-Mitte teil.

© dpa/Fabian Sommer

Update

Sitzblockaden und Eierwürfe: Rechtsextreme Demo in Berlin vorzeitig beendet – 32 Festnahmen

Junge Neonazis, Querdenker und angeblich Friedensbewegte ziehen begleitet von Gegenprotesten durch Berlin. Es kommt zu zahlreichen Festnahmen. Vier Polizisten werden verletzt.

Stand:

Begleitet von Gegenprotesten und Sitzblockaden ist ein rechtsextremer Demonstrationszug mit mehreren Hundert Menschen am Samstagnachmittag durch die Berliner Innenstadt gezogen. Nach Polizeiangaben wurden auf beiden Seiten insgesamt 32 Menschen vorübergehend festgenommen, 27 davon sind Männer.

Unter anderem wurde der Hitlergruß gezeigt und „Sieg Heil“ gerufen. Zudem sei die Arbeit von Medienschaffenden behindert worden. So griff ein Teilnehmer des rechtsextremen Aufzugs nach der Kamera eines Pressevertreters. Bei einer Sitzblockade wurden Polizisten angegriffen. Es wird nun unter anderem wegen Widerstands und Angriffs auf Vollstreckungsbeamte, gefährlicher Körperverletzung, Beleidigung und Sachbeschädigung ermittelt.

Die Polizei war mit 500 Kräften im Einsatz. Vier Beamte wurden verletzt. Den Angaben zufolge nahmen an der rechtsextremen Demonstration rund 300 Menschen teil, aufseiten der Gegendemonstranten waren es etwa 500 Teilnehmer. 

Großteil der Teilnehmer gehörte zur rechten Szene

Zu dem rechtsextremen Protest aufgerufen hatte das diffuse rechte Bündnis „Gemeinsam für Deutschland“. Daran nahmen überwiegend junge Neonazis teil, die auch als Ordner zu sehen waren, aber auch Anhänger der Berliner Querdenken-Szene und angeblich Friedensbewegte mittleren Alters. Sie zogen vom Roten Rathaus durch die Innenstadt. Wie die Polizei am Sonntag bilanzierte, war ein Großteil der Teilnehmer der rechten Szene zuzuordnen.

Gegen 14.30 Uhr setzte sich der Demonstrationszug in Bewegung. Die Neonazis skandierten lautstark: „Wer Deutschland nicht liebt, soll Deutschland verlassen.“

Laut Polizei blieben circa 50 Menschen am Treffpunkt zurück, die aufgrund der Zusammensetzung der Versammlung nicht teilnehmen wollten.

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Am Potsdamer Platz wurde der rechtsextreme Aufzug vorzeitig beendet. Dies habe der Anmelder nach Rücksprache mit den Beamten so entschieden, hieß es von der Polizei. Am Potsdamer Platz gab es zahlreiche Gegendemonstranten.

Die verbliebenen Teilnehmer des Aufzugs, überwiegend Neonazis aus dem Umfeld der Gruppe „Deutsche Jugend Voran“, wurden von der Polizei in den U-Bahnhof gebracht. Dabei kam es zu Wortgefechten mit den Gegenprotestlern. Nach wenigen Minuten waren alle Demo-Teilnehmer fort. Eigentlich sollte die Demo zurück zum Alexanderplatz führen, wo sie begonnen hatte.

Eierwürfe auf Demonstranten

Während der Demonstrationen kam es zu mehreren Zwischenfällen. Die Polizei setzte dabei nach eigenen Angaben Zwangsmaßnahmen wie Schieben, Drücken, Faustschläge und Tritte ein. So versuchten Personen kurz nach dem Start der rechtsextremen Demo an der Rückseite des Roten Rathauses, die Polizeiabsperrungen zu überwinden, was Beamte verhinderten. Auch an der Aufzugstrecke hätten Menschen mehrfach versucht, in den Bereich der Versammlung zu gelangen.

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Am Mühlendamm wurden aus einem Wohnhaus Eier auf die Teilnehmer der rechtsextremen Demo geworfen, wobei jedoch niemand getroffen wurde.

Die Demonstranten der rechten Demo hatte sich zum Start auf der Rückseite des Roten Rathauses versammelt.

© Dominik Lenze

Wiederholt wurde die Demo durch Straßenblockaden unterbrochen. Dabei wurden nach Angaben einer Polizeisprecherin auch Menschen von der Fahrbahn getragen.

An der Leipziger Straße versammelten sich nach Polizeiangaben gegen 15.20 Uhr etwa 100 Menschen zu einer Sitzblockade, die als Kundgebung gewertet wurde. Den Teilnehmern sei ein neuer Versammlungsort zugewiesen worden und per Lautsprecher seien sie aufgefordert worden umzuziehen. In der Folge wurden Polizisten angegriffen. Auch hier setzten Beamte Zwangsmaßnahmen wie Drücken, Schieben, Faustschläge und Tritte ein. Die Kundgebung wurde dann vom Polizeiführer aufgelöst. Dabei setzten die Beamten auch Hunde ein.

Zwischenzeitlich zählte die Polizei knapp 1000 Protestierende auf beiden Seiten des Demogeschehens, wobei die Zahl der Gegendemonstranten überwog.

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Angemeldet hatten die Organisatoren der rechtsextremen Demonstration 3.500 Teilnehmer. Gefordert wurden „Grenzkontrollen, keine Taurus-Lieferung, Wende in der Migrationspolitik und Meinungsfreiheit“, wie die Organisatoren in einem Whatsapp-Kanal schrieben.

Zu sehen waren Deutschlandflaggen, vereinzelt aber auch Friedensfahnen. Aus den Boxen schallte Rechtsrock, der ein oder andere Kamerad hielt ein Bier in der Hand.

Die Demonstranten haben sich mit Deutschlandflaggen versammelt.

© Dominik Lenze

„Heimatliebe ist kein Verbrechen“ heißt es auf dem T-Shirt eines Demo-Teilnehmers.

© Dominik Lenze

Junge Neonazis aus dem Umfeld von „Deutsche Jugend voran“ waren die ersten, die am Treffpunkt an der Rückseite des Roten Rathauses erschienen. Angeführt wurden sie von Julian M. Der Anführer der Truppe wurde unlängst zu einer Freiheitsstrafe von mehr als drei Jahren verurteilt, er musste aber noch nicht zur Haft antreten.

Deutlich lauter und zahlenmäßig stärker als die rechte Versammlung war der Gegenprotest auf der Vorderseite des Roten Rathauses. Mit dabei: Ein junger Mann und eine Frau aus Karlsruhe, die eigentlich in Berlin Urlaub machen. „Wir wären aber auch bei uns zur Gegendemo gegangen“, sagte der Mann. Auch in Karlsruhe demonstrierte das rechte Bündnis.

Antifa-Flaggen beim Gegenprotest.

© Dominik Lenze

Zu dem rechten Aufzug kam auch der ehemalige Bundestagsabgeordnete Robert Farle. In einer Rede behauptete der Ex-AfD-Mann, die Meinungsfreiheit sei bedroht. Wer aber für eine „Brandmauer“ sei, solle „die Koffer packen“ und das Land verlassen.

Sieht die Meinungsfreiheit bedroht: Ex-AfD-Mann Robert Farle hielt eine Rede auf der Demo des rechten Bündnisses.

© Dominik Lenze

Neben üblichen Neonazi-Slogans skandierten junge Rechtsextreme auch: „Keine Waffen für die Ukraine“. Im Gespräch mit dem Tagesspiegel erklärte ein Neonazi, die Ukraine habe angeblich vor 100 Jahren Russland angegriffen – was nicht stimmt. Er betonte allerdings, er habe gut in Geschichte aufgepasst.

Demonstrationsteilnehmer aus dem Querdenker-Spektrum, die sich im hinteren Teil des Aufzugs tummelten, drückten ihre Sympathie für das russische Regime ganz offen aus – zum Beispiel mit einem rund zwei Meter breiten Transparent mit den russischen Nationalfarben Weiß, Blau und Rot.

Auf der Fischerinsel wurde der rechte Aufzug gegen 15 Uhr vorübergehend aufgehalten, weil Gegendemonstranten die Strecke blockierten. Die Polizei räumte die Straße, dann zog die rechte Demo weiter.

Demo-Teilnehmer zeigen ihre Sympathie für das russische Regime mit einem Transparent.

© Dominik Lenze

Nahe Spittelmarkt versammelten sich mehr als 100 Gegendemonstranten. Eine Gruppe Antifa-Aktivisten blockierte die Straße, der rechte Aufzug musste warten. Begleitet wurde das Geschehen von behelmten Polizisten.

Gegendemonstranten blockieren die rechte Demo.

© Dominik Lenze

Während die rechte Demo über eine Kreuzung geleitet wurde, ging die Polizei rabiat in den Gegenprotest. Eine Frau wurde unter Anwendung von Zwang festgenommen, auch Schäferhunde waren im Einsatz.

Der parlamentarische Beobachter Ario Mirzaie (Grüne) schilderte, er sei von der Polizei kurzzeitig in eine Maßnahme genommen worden. Der Grund: Ein Teilnehmer der rechten Demo fühlte sich durch Mirzaies Aussage „Ihr marschiert mit Neonazis“ beleidigt.

Mehrere Hundert Menschen nahmen an der Demo teil.

© Dominik Lenze

Die Demo-Teilnehmenden aus dem Querdenker-Spektrum zeigten sich teils unsicher, was sie vom rechtsextremen Nachwuchs halten sollen. „Die sind mir viel zu aufgeregt“, sagte eine Frau mittleren Alters. Ihre Begleitung ging noch weiter: „Die wurden bestimmt eingeschleust“, sagte sie. In Querdenken-Kreisen herrscht der Irrglaube, rechte Gruppen auf ihren Versammlungen seien von Sicherheitsbehörden eingeschleust worden.

Auch rechtsextreme Medien begleiteten den Aufmarsch. Deren Vertreter sind nach eigener Aussage noch nicht überzeugt vom Nachwuchs. Der Mitarbeiter des zwischenzeitlich verbotenen „Compact“-Magazins sagte, er würde deutsch-russische Flaggen besser finden als herkömmliche Deutschlandfahnen, wie von den Jungrechten geschwungen.

Auch in anderen deutschen Städten hatte das rechte Bündnis am Sonnabend zu Demonstrationen aufgerufen. Die bundesweiten Demonstrationen werden von einer kleinen Kerngruppe organisiert, die Flyer herausgibt und Social-Media-Kanäle eröffnet. Vor Ort gibt es Ansprechpartner zu den jeweiligen Demos.

Auch in anderen deutschen Städten wurde demonstriert, etwa in Dortmund.

© dpa/Sascha Thelen

„Gemeinsam für ein Deutschland ohne Faschisten. Ich mein, stell dir mal vor!“, hieß es auf Schildern von Gegendemonstranten im Hamburg.

© dpa/Daniel Bockwoldt

Das Bündnis bezeichnet sich auf seiner Website als „parteilos“, steht jedoch der AfD nahe: So zeigt sich der Demo-Organisator aus Hannover auf Social-Media mit Merchandise der Partei. In einem Telegram-Kanal des Bündnisses heißt es, die „AfD-Community auf Tiktok“ kämpfe „gegen die soziale Ungerechtigkeit im Land“. Der Ansprechpartner für die Berliner Demo war bereits bei einer rechten Demo im vergangenen Jahr aktiv, wie aus seinem Tiktok-Profil hervorgeht. 

Bereits am 22. März demonstrierte „Gemeinsam für Deutschland“ am Alexanderplatz, gekommen waren 600 Personen. Am selben Tag fand zeitgleich eine Demo junger Neonazis am Ostkreuz statt. (mit dpa)

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