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Mittel gegen Antisemitismus: Berliner CDU vergibt Millionen frei Hand
3,4 Millionen Euro für die Prävention von Antisemitismus wurden ohne Einbeziehung der Fachebene vergeben. Grüne fordern Akteneinsicht.
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Im Streit um die Vergabe von Geldern für die Bekämpfung von Antisemitismus hat die Berliner Kulturverwaltung eingeräumt, 3,4 Millionen Euro frei von fachlicher Expertise vergeben zu haben. „Die Entscheidung zur Förderung wurde von der Hausleitung der Senatsverwaltung auf der Basis von Vorschlägen aus dem politischen Raum getroffen“, heißt es in der Antwort auf eine schriftliche Anfrage der Abgeordneten Susanna Kahlefeld und Daniel Wesener (beide Grüne), die dem Tagesspiegel exklusiv vorliegt. Sonst übliche Vergabeverfahren durch Fachjurys, auf Basis von Förderrichtlinien oder durch fachliche Entscheidungen der zuständigen Fachreferate wurden nicht angewandt.
Völlig unklar bleibt zudem, welche Projekte und Träger von den Mitteln für sogenannte „Projekte von besonderer politischer Bedeutung“ profitieren. Von 18 zu fördernden Projektvorhaben benennt die Kulturverwaltung lediglich zwei – mit einem Fördervolumen von zusammen 150.000 Euro. Wohin die restlichen 3,25 Millionen Euro fließen und wer die Akteure „aus dem politischen Raum“ sind, die Vorschläge eingereicht haben, wird nicht erklärt. Die meisten Verfahren seien noch nicht abgeschlossen, zudem fehle die Zustimmung der Geldempfänger „zu einer Veröffentlichung der entsprechenden Daten“, erklärte die Kulturverwaltung.
Kahlefeld und Wesener, die Mitte Juni Akteneinsicht beantragt haben und von der Kulturverwaltung mitgeteilt bekamen, diese könne frühestens im September stattfinden, sehen sich in ihrer Kritik bestätigt. „Schlimm genug, dass die Leitung der Kulturverwaltung im erheblichen Umfang Steuermittel irregulär und entgegen aller Standards in der staatlichen Projektförderung vergeben hat. Den Verantwortlichen fehlt auch jegliches Unrechtsbewusstsein, wenn sie dabei die Öffentlichkeit, das Abgeordnetenhaus und die eigene Fachverwaltung umgehen. Offenbar hält der zuständige Staatssekretär die Gelder für den Kampf gegen Antisemitismus für eine Art Privatschatulle, die als persönliche Verfügungsmasse für sein parteipolitisches Umfeld herhalten können“, erklärten sie dem Tagesspiegel.
Im Zentrum der Kritik steht Staatssekretär Oliver Friederici (CDU). Ihm wird vorgeworfen, die pro Jahr 10 Millionen Euro erst zu spät, dann unvollständig und schließlich nach eigenem Belieben vergeben zu haben. Zuletzt hatten verschiedene SPD-Abgeordnete erklärt, über Existenz und Vergabe der in Rede stehenden 3,4 Millionen Euro nicht in Kenntnis gewesen zu sein. Auch sie fordern Aufklärung vom Koalitionspartner.
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