
© Mike Wolff TSP
Für Udo Wolf „eine persönliche Schmerzgrenze überschritten“ : Nach Antisemitismus-Eklat verlässt langjähriger Fraktionschef die Linkspartei
Für Udo Wolf ist das Existenzrecht Israels nicht verhandelbar. Nun zieht der langjährige Fraktionschef der Linkspartei die Reißleine. Weitere Austritte könnten nach dem Bundesparteitag der Linken in Halle folgen.
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Der langjährige Fraktionschef der Berliner Linksfraktion im Abgeordnetenhaus, Udo Wolf, hat seinen Austritt aus der Partei erklärt. Er begründet dies mit dem Antisemitismus-Eklat beim Landesparteitag am vergangenen Freitag.
Dabei war ein Antrag, der sich gegen Antisemitismus und Verherrlichung islamistischen Terrors in den eigenen Reihen richtet, durch Änderungsanträge abgeschwächt worden. Zahlreiche Mitglieder des Realo-Flügels wie Ex-Kultursenator Klaus Lederer und die frühere Sozialsenatorin Elke Breitenbach verließen aus Protest den Parteitag.
Mit dem Eklat sei „für mich eine persönliche Schmerzgrenze“ überschritten, erklärte der 62-Jährige nun. Auch wenn er die aktuelle israelische Regierung ablehne, sei das Existenzrecht Israels für ihn nicht verhandelbar. Der Linkspartei drohen weitere Austritte, vor allem vom Realo-Flügel, den sogenannten Regierungslinken im Osten. Entscheidend wird der Bundesparteitag am Wochenende in Halle sein.
Dabei stehe auch zwei Anträge Berliner Bezirksverbände, darunter Neukölln, zum Thema Nahost an. Demnach soll der Parteitag das Vorgehen Israels in Gaza als Genozid deklarieren. Nach Tagesspiegel-Informationen erwägen nicht wenige Berliner Linke-Politiker, darunter auch Abgeordneten, einen Parteiaustritt, sollte es beim Parteitag zum Dammbruch in Sachen Israel kommen.
Wolf prägte die Jahre der Regierungsbeteiligung der Linken
Wolf kritisierte in seiner Erklärung, dass „ganze Gliederungen“ der Linkspartei seit dem Terrorangriff auf Israel am 7. Oktober zu Demonstrationen aufriefen und sich daran beteiligten, bei denen Israels des Genozids beschuldigt, Israels Existenzrecht bestritten und Solidarität mit den islamistischen Terrororganisationen Hamas und Hisbollah gefordert, aber auch zu Gewalt gegen Juden aufgerufen werde. Genau deshalb sei der gescheiterte Antrag „Gegen jeden Antisemitismus“ beim Parteitag so wichtig gewesen. „Deshalb gab und gibt es da wenig Spielraum für Kompromisse“, erklärte Woll.
Wolf trat 1993 in die PDS ein. Er war von 1997 bis 2003 und von 2005 bis 2007 Landesvizechef. Seit 2001 war er Abgeordneter und von 2009 bis 2020 Fraktionschef. Damit prägte Wolf die maßgeblichen Jahre der Linken in Regierungsverantwortung mit – bei Rot-Rot von 2001 bis 2011 und in der Zeit mit SPD und Grünen ab 2016.
Der langjährige Fraktionschef hadert aber schon lange mit seiner Partei. „Austrittsgründe haben sich seit dem Bundestagswahlkampf 2021 (…) fast monatlich vermehrt“, schreibt Wolf. Als Beispiele nennt er die Enthaltung der Linksfraktion zur Evakuierung von Ortskräften aus Afghanistan, die Linke sich mehr „um ihre inneren Befindlichkeiten und vermeintlichen Prinzipien sorgte als um vom Tode bedrohte Menschen“.
Zudem beklagt Wolf den hilflosen Umgang der Parteispitze mit „den rassistischen und parteischädigenden Ausfällen Sahra Wagenknechts“ und die mangelnde Klarheit zum russischen Invasionskrieg in der Ukraine. Die Antwort auf den parlamentarischen Bedeutungsverlust sei allein „die radikale Pose“. Und weiter: „Diese Entpolitisierung nach den folgerichtigen Wahlniederlagen dann noch mit steigenden Mitgliederzahlen zu feiern, macht mich fassungslos.“
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