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Wer darf die Lehrer schulen? In Mahlsdorf gab ein Rechtsextremist ein Seminar. (Symbolbild)

© Maurizio Gambarini/dpa

Update

Nach Rechtsextremismus-Verdacht: Leiterin und Geschäftsführer von Freier Schule in Berlin-Mahlsdorf treten zurück

Wegen Kontakte zu einem Rechtsextremisten gab es scharfe Kritik an der Elsengrund-Schule. Nun ziehen die Leiterin und der Geschäftsführer Konsequenzen.

Nach Rechtsextremismusvorwürfen haben die Leiterin und der Geschäftsführer der Freien Schule am Elsengrund im Berliner Ortsteil Mahlsdorf am Freitagabend ihren Rücktritt erklärt. Beide begründeten dies in einer E-Mail an die Eltern mit dem „erheblichen, in Einzelfällen sogar vollständigen Vertrauensverlust“.

Sie hätten nun „verstanden und eingesehen, dass wir einen Großteil der Verantwortung hierfür tragen, da wir durch unser privates Verhalten den bösen Schein einer nicht bloß physischen Nähe zu Rechtsextremisten erweckt haben“. Sie hätten nicht bedacht, „welche Öffentlichkeitswirkung unser unbedachtes Verhalten für das Ansehen unserer Schule haben könnte“.

Nun wollten sie „einen von weiteren medialen Angriffen freien Neuanfang“ ermöglichen. Die Schulaufsicht sei auch informiert und habe signalisiert, dass eine mögliche Aberkennung als anerkannte Ersatzschule nun vom Tisch sei.

Die beiden hatten aber nicht nur privat Kontakt mit dem Rechtsextremisten und Holocaustleugner Bernhard Schaub. Dieser hatte im April 2018 ein Seminar zur „Sprachgestaltung“ für das Lehrpersonal gegeben, obwohl die Leitung wusste, mit wem sie es zu tun hat.

Und sie hatte auch privat Kontakt mit Schaub – angeblich für die Schule-Eltern-Beziehung, weil Schaubs Kinder die Schule besuchten oder teils noch besuchen. Schaub war selbst Waldorflehrer im Raum Zürich, bis er 1993 wegen Holocaust-Leugnung entlassen wurde.

Der Rechtsextreme Bernhard Schaub (links) bei einem Grillabend mit der Schulleiterin.
Der Rechtsextreme Bernhard Schaub (links) bei einem Grillabend mit der Schulleiterin.

© privat

Zwei Kinder Schaubs besuchten bereits 2013 für drei Monate die Primarstufe. Wegen der Aktivitäten des Vaters im rechtsextremistischen Milieu hatte es deshalb internen Streit gegeben.

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Nachdem der Bund der Freien Waldorfschulen davon erfahren hatte, drängte er darauf, die Verträge zu kündigen. Die Schule verließ den Verband dann selbst. Auch der selbsternannte „Volkslehrer“ Nikolai Nerling besuchte im April 2019 eine Theateraufführung an der Schule.

Der sogenannte "Volkslehrer" (links) beim Besuch an der Schule.
Der sogenannte "Volkslehrer" (links) beim Besuch an der Schule.

© privat

Hinzu kommen Vorwürfe, dass der Nationalsozialismus in der Schule nur unzureichend behandelt und das Tagebuch der Anne Frank nicht gutgeheißen worden sein soll. Dies wies die Schule zurück.

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Die Bildungsverwaltung hatte vor einem Jahr die Prüfung der Schule begonnen. Das Ergebnis: Bis November 2020 seien „keine Anhaltspunkte“ für eine rechtsextremistische Gesinnung der Leitung und Auswüchse an der Schule festgestellt worden. Nach einem WDR-Bericht im Januar begann eine weitere Prüfung – auch der Entzug der Genehmigung zum Unterrichtsbetrieb stand zur Debatte.

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June Tomiak, Sprecherin für Strategien gegen Rechtsextremismus der Grünen im Abgeordnetenhaus, begrüßte den Rücktritt. Damit sei der Fall aber noch nicht erledigt. „Es sind noch viele Fragen offen, die wir klären müssen“, sagte Tomiak.

Einige Eltern hätten die Schulleitung unterstützt, Kritiker seien angegangen worden. Zudem gebe es Auseinandersetzungen um Geld, nachdem Eltern ihre Kinder von der Schule genommen haben. „Freie Schulen sind besonders exponiert dafür, dass Rechtsextreme dort anknüpfen wollen“, sagte Tomiak. „Wir müssen gerade freien und kleinen Schulen helfen, dafür sensibilisiert zu sein und nicht in solch eine Lage zu kommen.“

Ähnlich äußerte sich Regina Kittler, bildungspolitische Sprecherin der Linken-Fraktion und Abgeordnete aus Marzahn-Hellersdorf. Die Probleme, die an der Schule "über Jahre entstanden sind", seien durch den Rückzug der Leitung nicht gelöst, twitterte sie.

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