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Ein Aufmarsch des Dritten Weg im sächsischen Plauen am 1. Mai 2020

© picture alliance/dpa/Robert Michael

Update

Überfall, Kampfsport im Park und Messer : Machtdemonstration der Neonazis in Berlin wie in den 90ern

Anhänger der rechtsextremen Partei „Der Dritte Weg“ haben am Sonnabend im Stadtpark Lichtenberg trainiert. Laut Polizei waren sie bewaffnet.

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Es war eine Ansage – und eine Machtdemonstration. Erst greifen Neonazis, die mutmaßlich zur Kleinstpartei „Der Dritte Weg“ gehören, am Ostkreuz anreisende Teilnehmer einer Demonstration gegen Rechts an und prügelten zwei Personen krankenhausreif – und eine Woche später trainieren bis zu 30 Neonazis der Truppe im Stadtpark Lichtenberg Kampfsport.

Es ist eine überschaubare Gruppe, aber sie ist gewaltbereit, entschlossen, geschult – und vor allem selbstbewusst. Ihr Auftreten lässt Erinnerungen wach werden an anderen Zeiten in Berlin. „Es sind Szenen wie aus den 90ern: rechtsextremer Straßenterror inmitten Berlins“, schreibt etwa die Amadeu-Antonio-Stiftung.

Mit Sorge registrieren Beobachter die Entwicklung: So etwas wie in Lichtenberg hat es schon lange nicht mehr gegeben – ein gezielter Angriff auf Antifaschisten. Kurz darauf der demonstrative Auftritt. „Das war eine Ansage“, sagte eine Beobachterin. Die Neonazis versuchten sich gezielt die Kieze zurückzuholen, die sie in den 90er Jahren dominiert hätten.

Am Sonntag erfuhr die Polizei gegen 14.15 Uhr, dass eine Gruppe in der Parkaue trainiere, die erkennbar der Partei zuzuordnen sei, wie ein Sprecher der Behörde erklärte. Beamten kontrollierten alle Teilnehmer des Trainings. Sie stellten neben Waffen, Quarzsandhandschuhen und Pfefferspray auch Aufkleber mit verfassungsfeindlichen Symbolen sicher. Einige Teilnehmer des Trainings trugen die Parteiuniform des „Dritten Weg“, wie auf einem auf Social-Media veröffentlichten Foto zu erkennen ist.

Die Polizei ermittelt wegen Verstößen gegen das Waffengesetz und der Verwendung verfassungsfeindlicher Symbole. Ob das Training nach der Polizeikontrolle fortgesetzt wurde, konnte die Polizei nicht sagen. Augenzeugen berichten, dass der „Dritte Weg“ auch Plakate aufgehängt habe.

Neonazis trainieren häufiger öffentlich

Der Angriff am Ostkreuz eine Woche zuvor war überaus brutal. „Dabei griffen zehn bis 15 vermummte Männer, zum Teil mit Schlagringen und Schlagstöcken bewaffnet, fünf Personen an“, teilte die Polizei später mit. Die Angriffenen wollten zu einer Demonstration gegen Rechts, zwei von ihnen mussten nach der Attacke ins Krankenhaus gebracht werden. Ein Neonazi schlug einer Bundespolizistin mit der Faust ins Gesicht.

Vieles spricht dafür, dass Anhänger des „Dritten Weges“ und seiner Jugendabteilung „Nationalrevolutionäre Jugend“ (NRJ) dahinterstecken. Augenzeugen sollen mindestens ein bekanntes NRJ-Mitglied wiedererkannt haben. Zudem gab es nach der Attacke Drohgebärden aus dem Umfeld der Partei.

Laut des Berliner Registers, das rechtsextreme Vorfälle in der Hauptstadt sammelt, habe es in Friedrichshain seit knapp zehn Jahren keinen vergleichbaren Angriff von Neonazis gegeben. Eine Sprecherin sagte dem Tagesspiegel, der letzte vergleichbare Vorfall sei im September 2015 registriert worden, als 41 Neonazis durch die Rigaer Straße zogen, um linke Hausprojekte anzugreifen. Nach Ansicht der Berliner Register ist die Kleinstpartei „die zurzeit größte organisierte Neonazistruktur in Berlin“.

Anhänger der Partei sind schon zuvor dadurch aufgefallen, dass sie Versammlungen, die sich gegen Rechtsextremismus richten oder aus anderen Gründen nicht in ihr Weltbild passen, bepöbeln oder sogar angreifen: Vergangenen Sommer störten Anhänger der Partei den CSD und schüchterten Teilnehmende ein. Auch stecken Anhänger der Partei mutmaßlich hinter Einschüchterungsversuchen und Angriffen auf Berliner Jugendclubs.

Mitglieder des „Dritten Weges“ sind in den vergangenen Monaten immer wieder durch öffentliche Kampfsport-Trainings aufgefallen: Am 7. Mai haben laut Berliner Register NRJ-Mitglieder auf einem Basketballplatz an der Landsberger Allee trainiert. Am 17. Mai trainierten Parteimitglieder im Pankower Kissingenstadion. Auch dort wurde klar erkennbar Partei-Kleidung getragen. Auf einem Foto dieses Trainings sieht man, dass teilweise dieselben Personen teilgenommen haben wie am vergangenen Sonnabend in Lichtenberg.

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