zum Hauptinhalt
Der bekannte Neonazi-Anwalt Wolfram Nahrath wollte dem Journalisten seine Arbeit untersagen.

© Jüdisches Forum/Tagesspiegel

„Neue Eskalationsstufe des Rechtsextremismus“: Neonazis sollen jüdischen Journalisten bedroht und beleidigt haben

Bei einer Kundgebung vor dem Reichstag sollen Neonazis einen Reporter des Jüdischen Forums bedrängt und antisemitisch beleidigt haben.

Antisemitische Beleidigungen und offene Drohungen: Am Rande einer Kundgebung der als rechtsextrem geltenden Organisation „staatenlos.info“ am 11. Juli vor dem Reichstag sollen Teilnehmer, Ordner und ein bekannter Neonazi-Anwalt einen Pressevertreter des Jüdischen Forum (JFDA) massiv an seiner Arbeit gehindert haben.

Der Betroffene, dessen Name dem Tagesspiegel bekannt ist, spricht von einer „neuen Eskalationsstufe des Rechtsextremismus“ – denn offen bedroht hätten ihn nicht nur Ordner der Kundgebung, sondern auch der szenebekannte Anwalt Wolfram Nahrath. Nahrath war unter anderem Vorsitzender der 1994 verbotenen „Wiking Jugend“ und engagierte sich danach für die 2009 ebenfalls verbotene „Heimattreue Deutsche Jugend“ sowie die NPD. Er war Pflichtverteidiger des NSU-Helfers Ralf Wohlleben.

Wie ein Video des JFDA dokumentiert, forderte Nahrath den Journalisten „im Namen und in Vollmacht des Veranstalters“ mehrfach dazu auf, Filmaufnahmen zu beenden. Zudem forderte er den Presseausweis des Journalisten. Er soll dem Journalisten zudem gedroht haben, dass er dafür „sorgen“ werde, dass dieser nicht weiter filme.

Andere Teilnehmer sollen den Journalisten mehrfach umstellt, ihm auf die Linse gefasst und ihn bedrängt haben, um ihn an seiner Arbeit zu hindern. Auch andere Pressevertreter seien betroffen gewesen, berichtet der Journalist.

Kurz darauf soll Rüdiger Hoffmann, Anmelder der Kundgebung, ehemaliger NPD-Politiker und Betreiber des Portals „staatenlos.info“, den Journalisten als Vertreter des Jüdischen Forums offenbart haben. Daraufhin hätten Umstehende eine Gasse gebildet, aus der heraus der Journalist mit antisemitischen Begriffen beleidigt worden sein soll. Hoffmann selbst soll unter anderem mit dem Finger auf den Journalisten gewiesen haben, als er von „Satan, dem Vater der Lügen“ sprach.

Empfohlener redaktioneller Inhalt

An dieser Stelle finden Sie einen von unseren Redakteuren ausgewählten, externen Inhalt, der den Artikel für Sie mit zusätzlichen Informationen anreichert. Sie können sich hier den externen Inhalt mit einem Klick anzeigen lassen oder wieder ausblenden.

Ich bin damit einverstanden, dass mir der externe Inhalt angezeigt wird. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr Informationen dazu erhalten Sie in den Datenschutz-Einstellungen. Diese finden Sie ganz unten auf unserer Seite im Footer, sodass Sie Ihre Einstellungen jederzeit verwalten oder widerrufen können.

[Sicherheit vor der eigenen Haustür: In unseren Leute-Newslettern aus den zwölf Berliner Bezirken geht es auch oft um die Polizei. Die Newsletter können Sie hier kostenlos bestellen: leute.tagesspiegel.de]

„Es ist unerträglich, dass der Antisemitismus so unverhohlen mitten vor dem Deutschen Reichstag zu Tage treten konnte und vom Applaus der Teilnehmer der Kundgebung begleitet wurde,“ sagte Levi Salomon vom Jüdischen Forum. „Das Jüdische Forum wurde öffentlich an den Pranger gestellt und damit einer unmittelbaren Gefahr ausgesetzt.“

Dass nicht nur Ordner, sondern auch der szenebekannte Anwalt versuchen würden, Pressevertreter einzuschüchtern, sei eine neue Qualität, sagte der dem Tagesspiegel. Die Polizei habe den betroffenen Journalisten zwar geschützt, allerdings die Kundgebung nicht abgebrochen.

Auch bei einer Kundgebung von Attila Hildmann wurden Journalisten bedroht

Erst zwei Wochen zuvor soll es am Rande einer Kundgebung des veganen Kochs und Verschwörungstheoretikers Attila Hildmann zu ähnlichen Vorfällen gekommen sein. Auch dort sollen unter anderem ein Journalist des JFDA massiv bedrängt und an seiner Arbeit gehindert worden sein.

Der Polizei seien antisemitische Äußerungen im Rahmen der Kundgebung nicht bekannt, sagte ein Sprecher auf Anfrage. Als Pressevertreter gegen 13 Uhr bei der als „Mahnwache“ angekündigten Kundgebung erschienen seien, sei es zu „Unmutsäußerungen der Versammlungsteilnehmenden“ gekommen. Wie genau diese „Unmutsäußerungen“ aussahen, wurde demnach nicht dokumentiert.

Die Polizei habe daraufhin den Versammlungsanmelder um eine Ansage gebeten, dass die Pressevertreter nicht an ihrer Arbeit gehindert werden dürften. Dem soll dieser auch nachgekommen sein, die Kundgebung sei anschließend bis 19 Uhr fortgesetzt worden. Am Rande fiel eine Teilnehmerin auf, die ihren rechten Arm zum Hitlergruß erhoben hatte – gegen sie sei ein Ermittlungsverfahren wegen des Verwendens verfassungsfeindlicher Symbole eingeleitet worden.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false