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Abstimmung bei der 48. Ordentlichen Bundesdelegiertenkonferenz von Bündnis90/Die Grünen im World Conference Center. Bonn, 15.10.2022

© Geisler-Fotopress / Philipp Mertens/Geisler-Fotopress

Parteitag am Sonnabend: Berliner Grüne ringen um Umgang mit der „Letzten Generation“

Auf dem ersten Parteitag nach der Wiederholungswahl zeigen sich die Berliner Grünen geschlossen. Für etwas Zündstoff könnte der Umgang mit der „Letzten Generation“ sorgen.

Die Berliner Grünen ringen vor dem Landesparteitag am Sonnabend weiter um ihr Verhältnis zu den Protesten der Gruppe „Letzten Generation“. „Ich verstehe, wenn manche Menschen von den Protesten verärgert sind, wobei die Frage schon berechtigt ist, ob das Ziel der Aktivistinnen und Aktivisten erreicht wird, wenn mehr über die Protestform gesprochen wird als über Klimaschutz“, sagte die Landesvorsitzende Susanne Mertens dem Tagesspiegel am Mittwoch. „Das, was wir teilen, ist das Ziel, wirksame Klimaschutzmaßnahmen schnell auf den Weg zu bringen.“

So ambivalent äußern sich jedoch längst nicht alle in der Partei. Der Grünen-Kreisverband Friedrichshain-Kreuzberg hat für den Landesparteitag ein Positionspapier eingereicht, in dem heißt, dass die Aktivist:innen „alles Recht“ hätten, „durch zivilen Ungehorsam Aufmerksamkeit für den Klimaschutz zu generieren“.

Weiter heißt es: „Wir finden es peinlich und nicht hinnehmbar, dass eine Partei, die ihren Ursprung in der Umweltprotestbewegung und zivilem Ungehorsam hat, sich immer wieder öffentlich gegen eine zivilgesellschaftliche Organisation stellt, die dafür kämpft, dass die von der Bundesregierung selbstgestellten Klimaziele erreicht werden.“

In den vergangenen Wochen hatte sich unter anderem auch die Fraktionsvorsitzende Bettina Jarasch von den Protesten distanziert. „Ich habe jedes Verständnis für junge Leute, die Angst vor der Zukunft haben, weil uns beim Klimaschutz die Zeit davonläuft“, sagte Jarasch dem Tagesspiegel im April. Es müsse aber darum gehen, wie man beim Klimaschutz mit ganz konkreten Maßnahmen schneller werden und dafür Mehrheiten organisieren könne.

„Mein Eindruck ist, dass dies der ‚Letzten Generation‘ mit ihren Aktionen nicht gelingt und wir am Ende mehr über Sicherheit und Ordnung, über Polizeieinsätze oder über Staus diskutieren als darüber, wie wir konkret beim Klimaschutz vorankommen“, sagte Jarasch.

„Die Diskussion über die Klimaproteste und der gewaltvolle Umgang mit ihnen bewegt unsere Partei.“

Philmon Ghirmai, Co-Landesvorsitzender der Grünen Berlin

In einem konkurrierenden Positionspapier für den Parteitag, das von insgesamt 19 Grünen-Mitgliedern unterstützt wird, werden die Proteste als „ein Ärgernis“ für viele Menschen bezeichnet. Auch in diesem wird sich mit den Zielen solidarisiert und Verständnis für „Verzweiflung und Ohnmacht“ der Protestierenden geäußert.

Inwieweit die unterschiedlichen Positionspapiere zur „Letzten Generation“ noch geeint werden können oder ob es zu einer Abstimmung auf dem Parteitag kommt, war am Mittwoch noch unklar.

„Die Diskussion über die Klimaproteste und der gewaltvolle Umgang mit ihnen bewegt unsere Partei“, sagte Grünen-Co-Vorsitzender Philmon Ghirmai. „Wir sind besorgt über das gerade von CDU und SPD zur Schau gestellte Rechtsstaatsverständnis im Umgang mit den Protesten der ‚Letzten Generation‘.“

Spitzenpersonal steht nicht zur Debatte

Thematischer Schwerpunkt auf dem Parteitag wird die Klimaschutzpolitik. Dazu hat der Landesvorstand einen sogenannten Leitantrag erarbeitet, der unter anderem vorsieht, Klimaschutz in den Bereichen Bildung, Gesundheit, Kultur und Sport stärker in den Vordergrund zu rücken. Man habe in der Vergangenheit eine Veränderungsmüdigkeit in der Bevölkerung gespürt, sagte Ghirmai. „Es geht darum, ökologisches Bewusstsein und Klimaschutz in allen Bereichen zu verankern. Geld allein, so wie es die rot-schwarze Regierung plant, reicht nicht.“

Für die Grünen ist es der erste Landesparteitag nach der Wiederholungswahl, in deren Folge die Grünen aus der Landesregierung ausschieden. Anders als bei der SPD stehen bei den Grünen vorerst dennoch keine Personaldebatten an. Die Partei konnte mit 18,4 Prozent ihr Wahlergebnis von 2021 nahezu halten und warb für eine Fortsetzung der rot-grün-roten Koalition. Die SPD entschied sich nach mehreren Sondierungsrunden für ein Bündnis mit der CDU.

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