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Peter Kurth und die „Sächsischen Separatisten“: Berlins Ex-Finanzsenator überwies 100.000 Euro an mutmaßlich rechtsextremen Terroristen
Vergangene Woche gab es eine große Razzia gegen die „Sächsischen Separatisten“. Nun berichtet der „Spiegel“, dass Peter Kurth, in Berlin früher Finanzsenator für die CDU, Geld an ein Mitglied gezahlt hat – für eine Immobilie.
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Berlins ehemaliger CDU-Finanzsenator Peter Kurth hat für den Kauf einer Immobilie 100.000 Euro an ein mutmaßliches Mitglied der rechtsextremen Terrorgruppe „Sächsische Separatisten“, kurz: „SS“, überwiesen. Das berichtet der Spiegel. Gegen die Gruppe gab es vergangene Woche eine große Razzia.
Dabei wurde auch ein Gebäude im sächsischen Grimma durchsucht, in dem ein rechtsextremer Szenetreff entstehen sollte. Gekauft worden war die Immobilie laut „Spiegel“ von drei der Festgenommenen, unter ihnen ein AfD-Stadtrat aus Grimma. Laut „Spiegel“ überwies Ex-Senator Kurth, der bereits mehrfach die Nähe extrem rechter Kreise suchte, einem der Terrorverdächtigen im Januar 2024 100.000 Euro auf ein Privatkonto. Das Geld soll als Darlehen deklariert gewesen sein.
Kurth selbst bestätigt den Vorgang dem „Spiegel“. Den Verdächtigen kenne er „seit einiger Zeit“ als „Mitglied der Schülerverbindung Iuvenis Gothia“. Über ihn habe er auch die beiden anderen getroffen, die er aber nicht näher kenne.
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Die drei Männer hätten „ein länger leer stehendes Haus gemeinsam erwerben und aus Eigenmitteln sanieren“ wollen, zitiert der „Spiegel“ den Ex-Senator, der mittlerweile nicht mehr Mitglied der CDU ist. „Dafür habe ich den Dreien ein gemeinsames Darlehen gegeben“, so Kurth weiter. „Irgendwelche weiteren Aktivitäten“ seien aber „nie ein Thema“ gewesen.
Dem „Spiegel“ sagte Kurth, von den „Sächsischen Separatisten“ erstmals „in der letzten Woche in den Medien gehört“ zu haben. Die mutmaßliche Terrorgruppe sei bei seinen Gesprächen mit den drei Männern „nie ein Thema“ gewesen, „schon gar nicht“ im Zusammenhang mit der Immobilie. „Was ich über diese Vereinigung lese, ist abstoßend und idiotisch“, so Kurth weiter. „Ich habe dieses Gedankengut bei den genannten Personen nicht wahrgenommen, ansonsten hätte es den Hauserwerb auch nicht gegeben.“
Bei der Razzia hatten Einsatzkräfte am Dienstag in Sachsen und Polen acht Männer festgenommen – fast alle sind nun in Untersuchungshaft. Unter den Festgenommenen ist ein AfD-Lokalpolitiker, der bei dem Zugriff durch die Polizei am Kiefer verletzt worden war. Er soll nach Angaben aus Sicherheitskreisen eine Langwaffe in der Hand gehalten haben, weshalb die Polizei zwei Warnschüsse abgab.
Die Bundesanwaltschaft wirft den Männern die Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung vor. Die Ideologie der „Sächsischen Separatisten“ sei von rassistischen, antisemitischen und teils apokalyptischen Vorstellungen geprägt. Sie soll geplant haben, an einem unbestimmten „Tag X“ mit Waffengewalt Gebiete in Sachsen und gegebenenfalls auch in anderen ostdeutschen Ländern zu erobern, um dort ein am Nationalsozialismus ausgerichtetes Staats- und Gesellschaftswesen zu etablieren. „Unerwünschte Menschengruppen sollen notfalls durch ethnische Säuberungen aus der Gegend entfernt werden“, so die Bundesanwaltschaft.
Spätestens im November 2020 soll sich die Gruppe nach Angaben der Bundesanwaltschaft gegründet haben. Die Männer hätten wiederholt paramilitärische Trainings mit Kampfausrüstung absolviert. „Dabei wurden insbesondere der Häuserkampf, der Umgang mit Schusswaffen, Nacht- und Gewaltmärsche sowie Patrouillengänge eingeübt“, hieß es in einer Mitteilung. Zudem habe sich die Gruppierung militärische Ausrüstungsgegenstände wie Tarnfleckanzüge, Gefechtshelme, Gasmasken und Schutzwesten besorgt.
Er war einmal bürgerlich und demokratisch – heute offensichtlich nicht mehr. Das ist eine sehr traurige, erschreckende Persönlichkeitsentwicklung.
Dirk Stettner, Berlins CDU-Fraktionschef, über Peter Kurth
Es ist nicht das erste Mal, dass Kurth sich für einen Rechtsextremisten-Treff engagiert. Im Januar wurde bekannt, dass der frühere CDU-Politiker im Jahr 2019 eine Summe von 120.000 Euro für ein „patriotisches Hausprojekt“ der rechtsextremen Identitären Bewegung im österreichischen Steyregg überwiesen haben soll. Verstrickt sein soll er auch in den Aufbau eines Treffpunktes der Identitären Bewegung in Chemnitz.
Berlins CDU-Fraktionschef Dirk Stettner sagte dem Tagesspiegel: „Peter Kurth ist kein Mitglied der CDU. Das freut mich sehr. Wäre er Mitglied, würden wir ihn rausschmeißen.“ Er könne überhaupt nicht verstehen, was mit ihm passiert ist. „Er war einmal bürgerlich und demokratisch – heute offensichtlich nicht mehr. Das ist eine sehr traurige, erschreckende Persönlichkeitsentwicklung“, so Stettner weiter.
Ottilie Klein, Generalsekretärin der Berliner CDU, sagte dem Tagesspiegel: „Dieser verabscheuungswürdige Vorfall verdeutlicht einmal mehr, wie weit sich Kurth von den Werten der Christdemokratie und unseren Grundwerten entfernt hat. Rechtsextremismus und Terrorismus verurteilen wir auf das Schärfste und bekämpfen wir mit aller Kraft.“ (mit dpa)
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