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Polizeiaktion gegen Neonazis in Berlin-Marzahn: Durchsuchungen bei „Deutsche Jugend Voran“-Mitgliedern
Es geht um Gewalt, Hass und verfassungswidrige Kennzeichen: Die Polizei durchsucht unter anderem vier Wohnungen im Berliner Osten. Hintergrund ist unter anderem ein Überfall im vergangenen Jahr.
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Die Polizei hat am Mittwochmorgen mehrere Wohnungen von Mitgliedern der Neonazi-Gruppe „Deutsche Jugend Voran“ durchsucht. Nach Tagesspiegel-Informationen stehen fünf Personen im Mittelpunkt der Ermittlungen. Vier davon wohnen in Marzahn, mehrere von ihnen in einer gemeinsamen Wohnung. Eine weitere Durchsuchung betraf Wismar in Mecklenburg-Vorpommern.
Gegen die Neonazis wird wegen räuberischer Erpressung, gefährlicher Körperverletzung, dem Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen ermittelt.
Hintergrund der Razzia sind nach Informationen des Tagesspiegels teilweise Straftaten, die schon länger zurückliegen. Darunter eine räuberische Erpressung. Im September vergangenen Jahres hatten mehrere Mitglieder von „Deutsche Jugend Voran“ eine Person in der Mehrower Allee in Marzahn umstellt. Der geistig eingeschränkte Mann trug ein T-Shirt mit einem Antifa-Symbol, die Neonazis drängten ihn zur Herausgabe und schlugen ihm ins Gesicht. Außerdem wurde der Mann als „Schwuchtel“ beleidigt.
„Ich habe dann mein Shirt ausgezogen, um nicht noch im Krankenhaus zu landen“, sagte das Opfer der Attacke vor Gericht im April. Sein Leben habe sich seitdem grundlegend verändert. In der Dunkelheit traue er sich kaum noch nach draußen. „Ich versuche mich dann mit Musik auf meinen Kopfhörern abzulenken“, erklärte er mit zittriger Stimme
Der Chef der „Deutschen Jugend Voran“ Julian M. wurde für diese und weitere Überfälle zu mehr als drei Jahren Haft verurteilt. Weil das Urteil noch nicht rechtskräftig ist, musste er seine Haftstrafe noch nicht antreten und ist weiterhin in der rechtsextremen Gruppierung aktiv. Nun haben es Polizei und Staatsanwaltschaft offenbar auf weitere Mittäter abgesehen, um auch diesen den Prozess zu machen. Bei den Durchsuchungen am Morgen habe der Fokus auf der Sicherstellung von Beweismitteln gelegen, heißt es. Im Zusammenhang mit der Attacke gegen den Mann mit dem Antifa-Shirt laufen bei der Staatsanwaltschaft Verfahren gegen einen 17-Jährigen, einen 21-Jährigen und einen 26-Jährigen.
Auch ein weiterer Vorfall, der jetzt Gegenstand der Razzia war, ereignete sich bereits im vergangenen Herbst. Im Nachgang einer rechtsextremen Demonstration in Berlin-Marzahn griffen mehrere Neonazis einen Fahrgast in einer S-Bahn an, weil dieser ebenfalls einen Antifa-Sticker an seiner Kleidung trug. Der junge Mann wurde massiv körperlich attackiert, darunter auch schwere Tritte. Zwei 26-jährige Rechtsextremisten, die an der Tat damals beteiligt waren, wurden laut Staatsanwaltschaft heute zum Ziel von Durchsuchungen.
Die rechtsextreme Organisation „Deutsche Jugend Voran“ ist vor allem mit mehreren Störversuchen bei verschiedenen Christopher Street Days (CSD) in Ostdeutschland aufgefallen. Zuletzt rief sie unter anderem zur Teilnahme an der Gegendemo zum CSD in Bernau auf. Der Verfassungsschutz Berlin stuft die Gruppe als „gesichert rechtsextrem“ ein. Zuerst hatte die „Berliner Morgenpost“ über die Durchsuchungen berichtet.
Der Sprecher der Berliner Gewerkschaft der Polizei (GdP) Benjamin Jendro teilte mit: „Die Deutsche Jugend Voran ist ein unsägliches Sammelsurium an Menschenfeinden und sollte mit allen Mitteln des Rechtsstaates bekämpft werden.“ Rechtsextreme Jugendorganisationen würden mithilfe des Internets seit einigen Jahren wieder verstärkt Anhänger rekrutieren. Nötig seien mehr Präventionsarbeit in Schulen, Angebote für Jugendliche sowie verantwortungsvolle Social Media Betreiber, die solche Inhalte konsequent herausfiltern.
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