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DDR-Vergangenheit: Polizeisprecher wegen Stasi-Verdachts beurlaubt

Ein Polizeisprecher soll als „IM Fritz“ im Cottbuser Gefängnis politische Gefangene und Kollegen bespitzelt haben. Bernd F. hatte seine Stasi-Vergangenheit bisher immer bestritten. Neu aufgetauchte Beweise könnten ihm jetzt zum Verhängnis werden.

Er war Ansprechpartner der Presse für Polizeiereignisse im Süden Brandenburgs. Doch Innenminister Dietmar Woidke (SPD) hat Bernd F. jetzt wegen neuer Stasi-Vorwürfe mit sofortiger Wirkung von seinen Aufgaben entbunden und beurlaubt. „In diesem Zwielicht darf ein Polizeisprecher, der seine Dienststelle repräsentiert, nicht stehen", hieß es.

Grund für das Einschreiten sind neu aufgetauchte Akten der Stasi-Unterlagenbehörden, die das RRB-Magazin Klartext ausfindig gemacht hat. Demnach soll F. vom DDR-Ministerium für Staatssicherheit seit 1979 als „IM Fritz" geführt worden sein. In der DDR war er erst Wachmann und sogenannter Erzieher im Rang eines Hauptmanns im Cottbuser Gefängnis für politische Häftlinge. Den Einsatzplänen zufolge überwachte „Fritz" auch Kollegen. Handschriftliche Berichte sollen dem Magazin vorliegen, die sich dem früheren Strafvollzugsbediensteten des Cottbuser Gefängnisses zuordnen lassen.

Das Innenministerium forderte Bernd F. auf, sich zu den Vorwürfen zu äußern, und lässt den Fall prüfen. Woidke schloss „weitergehende Konsequenzen" nicht aus. Bei seiner Übernahme in den Polizeidienst nach der Wende hatte F. laut Ministerium eine Stasi-Mitarbeit nicht angegeben und erneut bestritten, was ihm nun zum Verhängnis werden könnte. „Anlass für arbeitsrechtliche Schritte ist der Nachweis, dass er damals falsche Angaben gemacht hat", so das Ministerium.

Der Fall ist bereits seit Sommer 2009 bekannt und öffentlich, allerdings fand die Stasi-Unterlagenbehörde damals nur Karteikarten. Das Innenministerium konnte bereits seit 2006 nach Gesetzeslage keine Auskünfte mehr über Mitarbeiter, sondern nur über Behördenleiter über eine mögliche Stasi-Mitarbeit einholen. Und dem damaligen CDU-Innenminister Jörg Schönbohm war es kurz vor der Landtagswahl 2009 und dem Machtwechsel zu Rot-Rot nur bedingt möglich, einzugreifen – trotz der aufgeheizten Debatte um hunderte Ex-Spitzel in den Reihen der Brandenburger Polizei. Bernd F. war eine Versetzung und Ruhestand angeboten worden, der aber lehnte ab – und blieb weiter auf seinem Posten. Das Ministerium hat das unter Schönbohm schließlich auf sich bewenden lassen, ebenso unter Ex-Innenminister Rainer Speer (SPD).

Woidke lässt zur Zeit noch einen weiteren fall prüfen. Dabei geht es um den jetzigen Chef der Hubschrauberstaffel, der in einer Helikopter-Einheit zu DDR-Zeiten als Stasi-IM Kollegen bespitzelt und dies nach der Wende zugegeben hatte. Vor der Landtagswahl versetzte Schönbohm ihn ins Ministerium. Unter Nachfolger Speer kam der Pilot wieder auf seinen alten Posten bei der Spezialeinheit – als Führer der Hubschrauberstaffel.

Ohne diese beiden Fälle sind laut Ministerium seit 2009 fünf Beamte mit Stasi-Belastung versetzt worden. Nach 1989 wurden bei der Polizei 242 ehemalige hauptamtliche und 1238 inoffizielle Stasi-Mitarbeiter festgestellt, bis Mitte 2009 wurden rund 600 aus dem Dienst entfernt.

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