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Postengerangel beim Berliner Landesflüchtlingsamt: Verdacht der Bevorzugung des kommissarischen Präsidenten durch Sozialverwaltung
Er machte in der Senatssozialverwaltung schnell Karriere – erst unter den Linken, dann unter der SPD. Die Hausspitze soll sich zu seinen Gunsten beim Auswahlverfahren für einen Behördenleiter eingesetzt haben.
Stand:
In der von Senatorin Cansel Kiziltepe (SPD) geführten Sozialverwaltung soll es bei der Auswahl für einen hoch dotierten Posten einer Landesbehörde zu einer direkten Einflussnahme durch die politische Führung gekommen sein.
Seit Januar führt Mark Seibert als kommissarischer Präsident das Landesamt für Flüchtlingsangelegenheiten (LAF), nachdem ein Besetzungsverfahren mangels geeigneter Bewerber gescheitert war. Sozialstaatssekretär Aziz Bozkurt (SPD) soll sich damals für Seibert eingesetzt haben – und nun ebenfalls eingeweiht sein.
Im neuen Bewerbungsverfahren soll Seibert die Vorauswahl überstanden haben, obwohl die Fachebene der Senatssozialverwaltung Bedenken geäußert und sich dagegen ausgesprochen hat. Das berichtete der RBB am Freitag. Für den Posten ist die Besoldungsstufe B4 vorgeschrieben, entlohnt mit 9142,92 Euro pro Monat.

© Foto: Senatsverwaltung für Bildung
Wie dem Tagesspiegel bestätigt wurde, soll Seibert die formellen Voraussetzungen für den Posten nicht erfüllen. Seibert habe lediglich einen Bachelorabschluss erworben, vorausgesetzt sei jedoch ein abgeschlossenes Masterstudium. Auch andere Voraussetzungen erfülle Seibert nicht, hieß es. Dennoch sollen nach Tagesspiegel-Informationen zwei besser qualifizierte Bewerber abgelehnt worden sein. Sie könnten klagen.
Wie dem Tagesspiegel bestätigt wurde, hatte die Fachabteilung der Sozialverwaltung, die die Bewerbungen zuerst auf dem Tisch hatte, auf die fehlenden formellen Voraussetzungen hingewiesen. Die Hausleitung habe sich dennoch nicht von ihrem Plan abbringen lassen, hieß es.
Erst Linkspartei, dann steile Karriere in der Sozialverwaltung
Per Ausschreibung wurde ein Präsident gesucht, der mit seiner „persönlichen und fachlichen Fähigkeit sowie Kompetenz die interne Organisation“ mit 600 Mitarbeitern leiten kann. Gefordert wurden „formale Voraussetzungen“ wie ein Hochschulabschluss der Fachrichtungen Wirtschafts-, Politik-, Sozial-, Finanz-, Verwaltungs- oder Rechtswissenschaften oder gleichwertige Kenntnisse.
Die zuständige Fachebene der Sozialverwaltung hielt jedoch in einer „Dokumentation der Vorauswahl“ fest, dass Seibert schon diese „formalen Voraussetzungen“ nicht erfüllen soll, weil der geforderte Hochschulabschluss fehle. Seibert hat einen Bachelor-Abschluss in Wirtschaftsrecht, das zweite Staatsexamen, um Volljurist zu sein, fehlt ihm, ebenso eine langjährige und herausgehobene Führungserfahrung.
Bereits nach der ersten Durchsicht der Bewerbungsunterlagen notierte die Fachebene, dass Seibert „auch nicht die formalen Voraussetzungen durch gleichwertige Fähigkeiten, Kenntnisse und Erfahrungen“ erfüllen könne. Ob seine Kenntnisse gleichwertig mit den Formalien sind, müsse „in der Tiefe geprüft werden“. Hausintern wird Seibert auch die persönliche Eignung für den Posten abgesprochen.
Immerhin wurde im Verfahren vermerkt, dass Seibert „krisenerprobt“ sei und „teilweise“ in „herausgehobenen Positionen“ auch größere Personalkörper geführt habe. Seibert ist gelernter Groß- und Einzelhandelskaufmann, kam nach Jobs in der Linkspartei in die damals Linke-geführte Sozialverwaltung.
Dann ging es schnell bergauf für ihn. 2020 führte er den Krisenstab der Sozialverwaltung zur Coronapandemie, später zur Unterbringung von Kriegsflüchtlingen aus der Ukraine. Im Sommer 2023 wurde er kommissarischer Abteilungsleiter für Unterkünfte beim LAF. In dieser Zeit übernahm Sozialstaatssekretär Bozkurt die Leitung des LAF kommissarisch – ein halbes Jahr später wurde Seibert damit betraut.
Die Sozialverwaltung wollte sich „zum Schutz eines rechtssicheren Auswahlverfahrens“ nicht dazu äußern. Sie sei verpflichtet, „die personenbezogenen Daten einzelner Dienstkräfte ebenfalls vertraulich zu behandeln“.
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