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Tilo P. vorn mit Mitangeklagten vor dem Amtsgericht Tiergarten.

© IMAGO/Olaf Wagner

Rechtsextreme Anschläge in Neukölln: Tilo P. könnte glimpflich davonkommen – doch er wollte die Staatsanwältin auskundschaften

Der Prozess um Anschläge in Neukölln könnte für einen der angeklagten Neonazis fast schon vorbei sein – die Beweislage ist dünn. Für Sebastian T. geht es weiter.

Im Prozess um mutmaßlich rechtsextremistische Brandanschläge in Neukölln gegen zwei Neonazis könnte am Montag eine weitreichende Entscheidung am Amtsgericht Tiergarten fallen. Nach den bisherigen Verabredungen soll das Verfahren gegen Tilo P. abgetrennt werden, gegen Sebastian T. wird weiterverhandelt.

Nach dem bisherigen Prozessverlauf seit August halten es Prozessbeobachter für möglich, dass P. wegen der Brandanschläge auf zwei Autos Anfang 2018 – darunter des Linke-Politikers Ferat Kocak – straffrei davonkommt. Obwohl Ermittler und Experten P. und T. für die Täter halten, ist die Beweislage bei den Brandanschlägen dünn. Für P. könnte es auf ein Urteil wegen Sachbeschädigung, bei T. auch für Betrug bei Coronahilfen hinauslaufen.

In einem anderen Punkt, der nicht angeklagt ist, erhärtet sich der Verdacht gegen P.: Die Ex-Freundin seines Bruders hatte als Zeugin von einem Telefonat des Angeklagten berichtet. P. soll angekündigt haben, dass er die ermittelnde Staatsanwältin, die auch die Anklage verfasste, „platt machen“ und herausfinden wolle, wo sie wohnt.

Offenbar wollte P. den Wohnort der Staatsanwältin auskundschaften

Die Ermittler haben nun neue Hinweise dafür, wie energisch P. sein Ziel verfolgt hat. Demnach soll P. versucht haben, den Wohnort der Staatsanwältin auszukundschaften, derlei Bemühungen seien „objektiviert“, wie es in einem internen Vermerk der Sicherheitsbehörden heißt. Bedeutet: Die Beweise wurden erhärtet.

Der Untersuchungsausschuss im Abgeordnetenhaus zum Neukölln-Komplex kommt hingegen nur langsam voran, die Behörden geben die Akten nur zögerlich heraus – auch weil das Verfahren gegen P. und T. noch läuft. Einschlägig ist hier die Entscheidung des hessischen Oberlandesgerichts (OLG) in Frankfurt/Main: Es hatte 2020 dem Untersuchungsausschuss zum Mord an Walter Lübcke (CDU) Akten verwehrt, um „die ungestörte und von außen unbeeinflusste Durchführung“ des parallelen Prozesses zu schützen, der Vorrang habe.

Ansonsten wäre der Prozess gefährdet, Zeugen könnten beeinflusst werden, wenn der Akteninhalt über den Ausschuss bekannt werde. Später gab das OLG dann Akten heraus – aber erst, als die Beweisaufnahme gegen den Neonazi Stephan E. beendet war. Daher sei die Gefahr für den Prozess, wenn der Ausschuss die Akten vertraulich bekommt, gesunken.

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