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Die Angeklagten verdecken im Gerichtssaal des  Kriminalgerichts Moabit ihre Gesichter.

© Foto: dpa/Christian Ender

Prozess zur rechten Anschlagsserie in Berlin-Neukölln: Zeugin sagt unter Polizeischutz aus – und spricht von rechten Drohungen gegen sie

Im Verfahren um mutmaßlich rechtsextreme Brandanschläge in Berlin-Neukölln wurde heute ein anderer Neonazi als Zeuge angehört. Dieser will sich an nichts erinnern können.

Mit Spannung war die Aussage des Neonazis Maurice P. im Prozess wegen mutmaßlich rechtsextremer Brandanschläge in Berlin-Neukölln erwartet worden. Diesem soll einer der beiden Hauptangeklagten, der frühere AfD-Politiker Tilo P., während der gemeinsamen Untersuchungshaft erzählt haben, dass man ihm jetzt „wegen der anderen Sachen etwas anhängen“ wolle, dabei habe er „nur Schmiere gestanden“. Die Ermittler:innen gehen davon aus, dass damit die Brandanschläge auf Autos gemeint waren.

Die Aussage ist in einem Behördenzeugnis des Verfassungsschutzes dokumentiert, der ein Telefonat von Maurice P. mitgehört hatte. Dabei soll P. von eben diesem Gespräch mit Tilo P. berichtet haben. Beim Prozess erklärte Maurice P. am Montag, dass er sich an kaum etwas erinnern könne. Er habe vor seiner Haft nur einmal flüchtig Kontakt zu Tilo P. und dem ebenfalls angeklagten Sebastian T. gehabt.

In Haft habe er Tilo P. nur drei mal kurz getroffen, dabei hätten sie auch über die Vorwürfe der Justiz gegen sie gesprochen. Brandanschläge seien nicht thematisiert worden, sagte Maurice P. Stattdessen habe Tilo P. von Graffitis erzählt, bei denen er Schmiere gestanden habe.

Fragen zu weiteren Gesprächsinhalten beantwortete Maurice P. stets mit dem gleichen Satz: „Weiß ich nicht mehr.“ P. steht derzeit selbst vor Gericht, ihm wird unter anderem gefährliche Körperverletzung und besonders schwerer Landfriedensbruch vorgeworfen.

Ex-Freundin von P.s Bruder will Gespräch belauscht haben

Zuvor hatte bereits die Ex-Freundin des Bruders von Tilo P. ausgesagt. Diese gab an, dass sie ein Gespräch zwischen Tilo P., seinem Bruder und deren Mutter kurz nach dessen Haftentlassung belauscht habe. Dabei habe P. gesagt, dass er in der Haft „einen Fehler“ begangen habe: Er habe einen Bekannten getroffen und sich Schutz vor diesem erhofft, weil er sich in Haft bedroht gefühlt habe. Deswegen habe er diesem „das ein oder andere Ding“ gestanden, woraufhin P.s Mutter „an die Decke gegangen“ sei.

Entgegen eines Vernehmungsprotokolls gab die Zeugin an, dass P. nicht konkret von Brandanschlägen gesprochen habe. Sie habe das nur geschlussfolgert, „weil es damals im Grunde kein anderes Thema gegeben“ habe. Zudem soll P. in einem Telefonat mit einem „Basti“ - mutmaßlich der Mitangeklagte Sebastian T. - angekündigt haben, die zuständige Staatsanwältin „platt machen“ zu wollen. Die Zeugin sagte unter Polizeischutz aus, weil sie und ihre Tochter nach Angaben ihres Anwaltes massiven Drohungen aus dem Umfeld der Angeklagten ausgesetzt seien.

Tilo P. und Sebastian T. stehen im Verdacht, Haupttäter in einer Serie von mindestens 72 rechtsextremen Straftaten in Berlin-Neukölln zu sein. Vor Gericht stehen sie aktuell unter anderem wegen zweier Brandanschläge auf die Autos des Buchhändlers Heinz Ostermann und des Linken-Politikers Ferat Kocak. Der Prozess wird am 28. November fortgesetzt.

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