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Menschen demonstrieren gegen den Auftritt von  Martin Sellner.

© Madlen Haarbach

Rechtsextremer hält „Remigrations“-Vortrag: Hunderte demonstrieren gegen Auftritt von Martin Sellner in Berlin

Am Freitagabend hielt der österreichische „Identitären“-Aktivist Martin Sellner im AfD-nahen Verein „Staatsreparatur“ einen Vortrag. Gegendemonstranten blockierten zeitweise eine Straße.

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Wegen eines Auftritts des österreichischen Rechtsextremisten und „Identitären“-Aktivisten Martin Sellner haben sich in Berlin Hunderte zu einer Gegendemonstration zusammengefunden. Laut Berliner Polizei nahmen rund 650 Personen an der Versammlung am S-Bahnhof Lichterfelde Ost teil.

In unmittelbarer Nähe liegt die „Staatsreparatur“, ein Verein des ehemaligen Berliner AfD-Abgeordneten Andreas Wild. Wie eine Tagesspiegel-Reporterin berichtete, baute die Polizei zwischen dem Veranstaltungsort und der Gegendemonstration einen abgesperrten Korridor auf.

Polizisten bauten einen abgesperrten Korridor zwischen den Räumlichkeiten der „Staatsreparatur“ und der Gegenkundgebung auf.

© Madlen Haarbach

Mit lautstarken Rufen – darunter etwa „Nazis raus“ oder „Sellner remigrieren“ – versuchten die Teilnehmenden den Auftritt des Österreichers zu stören. In einem Beitrag zitierte ein Redner die Holocaustüberlebende Margot Friedländer und warnte vor einer Rückkehr des Faschismus. Gegen 19.30 Uhr trat eine Hip-Hop-Gruppe auf, die Teilnehmenden brüllten zu der Musik: „Es gibt kein Recht auf Nazipropaganda“.

Auch einige Anwohnende stellten Lautsprecher vor geöffneten Fenstern und auf Balkonen auf und beschallten die „Staatsreparatur“ mit Punk- und Hip-Hop-Songs. An der Demonstration nahmen zahlreiche Mitglieder der „Omas gegen Rechts“ teil. Die Gruppierung hatte gemeinsam mit dem Bündnis „Steglitz-Zehlendorf weltoffen“ die Protestkundgebung organisiert, auch SPD, Linke und Grüne riefen zur Teilnahme auf.

60 Zuhörer während Sellner-Votrag

Sellner filmte vorab die Gegenkundgebung per Livestream und trat dafür vor die Tür der „Staatsreparatur“. Dort kam am Freitagabend zum Vortrag eine eher ältere Klientel zusammen, einige Teilnehmende waren zudem vom Erscheinungsbild her der „Neuen Rechten“ zuzuordnen.

Ein Mann trug ein T-Shirt mit der Aufschrift „Komm wir fahren nach Sylt“ – eine Anspielung auf den in der rechten Szene als „Sylter Lied“ vereinnahmten Hit „L’Amour Toujours“ von Gigi D’Agostino. „Staatsreparatur“-Vorstand Andreas Wild baute vor der Tür einen Stand mit Flyern und Büchern auf.

Nach Tagesspiegel-Informationen konnte Sellner seinen Vortrag um kurz nach 19 Uhr beginnen, er dauerte wie geplant rund eine Stunde. 60 Zuhörer waren vor Ort. Sellner präsentierte während der Veranstaltung seine typischen Thesen über Migration, er wetterte über das Gendern und forderte mehr Abschiebungen.

Vereinzelt erntete er dabei Applaus aus dem Publikum. „Es ist grauenhaft, dass der Staat nichts tut, um die Menschen zu schützen“, sagte Sellner während seines Redebeitrags. Nach dem Vortrag spielten die Anwesenden „L’Amour Toujours“, es gab außerdem eine Fragerunde.

Wie ein Polizeisprecher mitteilte, war die Veranstaltung bis 21 Uhr geplant. Gegen 20.30 Uhr wurde der Gegenprotest beendet, zum Schluss waren demnach noch rund 50 Teilnehmende vor Ort.

Eine Straßenblockade von Gegendemonstranten, die wenig später von der Polizei aufgelöst wurde.

© Madlen Haarbach

Einige Gegendemonstranten hatten am frühen Abend eine Straßenblockade errichtet, um einen weiteren Zugang zu den Räumlichkeiten des Vereins zu versperren. Diese wurde von der Polizei aufgelöst, dabei nahmen Einsatzkräfte die Personalien von mindestens einer Person wegen mutmaßlichen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte auf.

Darüber hinaus sollen etwa 50 Personen zeitweise versucht haben, eine Polizeisperre durchbrechen, um zur Veranstaltungsstätte zu gelangen. Die Polizisten hätten den Versuch unterbinden können, eine Person sei festgenommen worden. Ansonsten sei der Protest friedlich verlaufen, sagte ein Polizeisprecher. Im Laufe des Abends seien rund 200 Polizisten im Einsatz gewesen.

Es ist nicht das erste Mal, dass in der „Staatsreparatur“ ein bundesweit bekannter Rechtsextremist spricht. Zu einem Auftritt des ehemaligen AfD-Politikers André Poggenburg im Februar hatten sich bereits rund 1500 Menschen zu einem Gegenprotest zusammengefunden. (mit dpa)

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