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Motivationsrednerin. Rose McGowan brachte #MeToo ins Rollen.

© dpa/Christoph Soeder

Rose McGowan bei den Frauen100 in Berlin: „Helft einander, macht einander Mut“

Die US-Schauspielerin, die #MeToo ins Rollen brachte, bringt beim Netzwerk-Abend Tipps für eine bessere Frauenwelt mit. Auch Kasia Lenhardts Mutter ist dabei.

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Rose McGowan steht auf dem Dach des „Hotel de Rome“ und wundert sich. So viele positiv gestimmte Frauen. Dabei sei es angesichts der Lage in der Welt doch mit dem Optimismus gerade ziemlich schwer. Und ihr sei auch klar, dass es vielleicht gar nicht cool sei, Dinge positiv zu betrachten.

Im Laufe ihrer Rede am Donnerstagabend wird allerdings mehr als deutlich, wie wichtig es ist, dass Frauen einander durch positive Impulse fördern und weiterhelfen. Die Hollywood-Schauspielerin, die 2017 zu den ersten Frauen gehörte, die dem US-Filmproduzenten Harvey Weinstein sexuelle Übergriffe und Vergewaltigung vorwarfen und damit die #MeToo-Bewegung ins Rollen brachte, weiß, was Mut bedeutet, und wie wichtig es ist, ihn aufzubringen.

Kämpferin mit milder Stimme

Weinstein war 2020 wegen Sexualdelikten zu 23 Jahren Haft verurteilt worden. Ende April hatte ein Berufungsgericht das Urteil wegen Verfahrensfehlern überraschend aufgehoben. Die Staatsanwaltschaft will den Prozess neu aufrollen. „Ich bewundere die Frauen, die ausgesagt haben und dieses unglaubliche Trauma durchmachen mussten“, sagte McGowan. Weinstein wurde außerdem 2022 in Los Angeles in einem anderen Vergewaltigungsfall verurteilt. Gegen ihn besteht in Kalifornien weiter eine Haftstrafe von 16 Jahren.

Wir können alle lernen, wie wir besser werden.

Rose McGowan, Schauspielerin und Aktivistin

Genau drei Jahre nach der Gründungsparty des Netzwerks Frauen100 eigen sich die Vorkämpferinnen des neuen Feminismus schöner denn je. „Summer Glam“ lautet der Dresscode, man trägt makelloses Make-up und traumhafte Roben. Auf Äußerlichkeiten kommt es aber gar nicht an. Das weiß man hier, bei aller Perfektion im Auftreten.

Die Anekdote, wie auf einem Schiff voller Millionäre die Frauen ihre Handtaschen loben, während sich Männer gegenseitig berufliche Tore öffnen, wird nicht umsonst mit verständnisvollem Gelächter bedacht. Für Rose McGowan, die Kämpferin mit der milden Stimme, ist unterdessen die Welt nicht bei der Auseinandersetzung Frauen gegen Männer stehen geblieben. Da sei man schon weiter.

Wichtig vor allem sei es, sich klarzumachen, „dass wir alle menschlich sind“.  Auf ihrer Odyssee habe sie erkannt, wie viele Männer und Jungen ebenfalls verletzt wurden. Zu realisieren, dass man sich nicht kleinmachen lassen darf, ist in ihren Augen essenziell. Sie wisse genau, wie es sich anfühlt, wenn man hört: „Das kannst du nicht, das darfst du nicht, Erfolg wirst du nie haben, du bist nichts.“ Und wie sie es trotzdem nach Hollywood geschafft hat.

Wir müssen uns selbst heilen. Es ist eine Menge Arbeit.

Rose McGowan, Schauspielerin und Aktivistin

Man solle immer daran denken, dass alle Menschen gleich fühlen und hoffen, dass sie auf die gleiche Art verletzt werden, sich aber auch auf die gleiche Art freuen, einander inspirieren und stärken können: „Wir können alle lernen, wie wir besser werden.“

Sie selbst habe am Anfang nicht gewusst, wer die guten und wer die bösen Leute sind in ihrem Leben. Irgendwann bekam sie dann das Gefühl, dass „das Flugzeug meines Lebens entführt worden ist“. Schließlich habe sie eine Allergie entwickelt gegen die kollektive Lüge, die über der Gesellschaft lag. Die Einsicht, dass sie sagen müsse, was wirklich ist, war die logische Konsequenz. Rasch bekam sie Unterstützung von anderen, die sich auch dazu bekannten, was ihnen widerfahren ist.

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Frauen wurden in Berlin innerhalb von vier Wochen Opfer von Femiziden.

Rose McGowan spricht hier wohl bewusst keine Namen aus. Namen, die sie nicht in ihrem Nachruf haben möchte. „Ich bin eine Whistleblowerin, keine Aktivistin. Ich will nicht für den Rest meines Lebens kämpfen.“ Sie selbst habe eine besondere Gabe, betont sie stolz. Sie könne sehen, wie viel besser Menschen sind, als sie es selbst von sich denken. „Wir müssen uns selbst heilen. Es ist eine Menge Arbeit.“

Aber die müsse nun mal gemacht werden.  „Helft einander, macht einander Mut“, ruft sie. Es sei so wichtig, ehrlich zu sein, sich selbst und anderen gegenüber, auch wenn mal etwas nicht gut läuft. Mit einem Anliegen beendet sie ihre Rede. Wenn an diesem Abend alle etwas liebevoller und zugewandter miteinander umgingen, wäre das schon ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung.

Zunächst aber folgt der Rede des Hollywood-Stars ein bewegender Auftritt der Mutter des Models Kasia Lenhardt, deren Suizid nach der Trennung von dem Profi-Fußballer Jerome Boateng vor drei Jahren eine Diskussion über Cyber-Mobbing auslöste. Es gibt viele ernste Themen zu besprechen an diesem Abend. Trotzdem trinkt man Champagner, isst Pizza, manche spielen mit Barbie-Puppen.

Dass man nichts gegen Männer habe, sie im Gegenteil liebe, allerdings mehr Freiheiten wolle, zu denen die Überwindung der ungleichen Bezahlung und der gläsernen Decke nach oben zählen, ist ein Mantra, das zum neuen Feminismus gehört wie die schönen Kleider.

So dürfen neben vielen prominenten Frauen wie Ursula Karven, Katja Riemann, Natalia Wörner, Mareile Höppner und Familienministerin Lisa Paus auch einige wenige ausgewählte Männer teilnehmen, darunter diesmal der Geschäftsführer der Zeit-Verlagsgruppe, Rainer Esser, und der Journalist Nikolaus Blome.

Auch Moderatorin Nazan Eckes tritt ans Mikrofon an diesem Motivationsabend amerikanischer Prägung. Sie erzählt, wie sie als Frau und als Kind türkischer Einwanderer immer besser sein musste als die anderen. Und wie sie zu der wichtigsten Lehre ihres Lebens kam: „Ich will ich selbst sein. Ich muss nicht allen gefallen.“

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