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Diese DC-3 gehörte zu den letzten Flugzeugen, die 2008 auf dem alten Zentralflughafen in Tempelhof starteten.

©  John Macdougall/AFP

Berliner Luftbrücke: Rosinenbomber kommen zum Jubiläum nach Berlin

Zur Feier des Luftbrückenjubiläums werden drei Dutzend Rosinenbomber aus aller Welt Berlin ansteuern. In Tempelhof landen dürfen sie nicht.

Der Luftbrücke verdankten die West-Berliner nicht nur Rosinen und andere schmackhafte Dinge, sondern auch manche mutmachenden, die Seele tröstenden Verse: „Der Insulaner verliert die Ruhe nich, / Der Insulaner liebt keen Jetue nich! / Und brumm’ des Nachts die viermotor’jen Schwärme, / det ist Musik für unser Ohr, wer red’t da vom Lärme?“

70 Jahre ist das her, und es endete erst am 30. September 1949, Monate, nachdem die sowjetische Blockade in der Nacht auf den 12. Mai aufgehoben worden war. Man konnte ja nicht wissen, ob das von Dauer sein würde, da ließ man die Maschinen lieber noch etwas länger fliegen und Vorräte herantransportieren.

So wie in dem einstigen Titelsong der „Insulaner“-Kabarettisten um ihren kreativen Kopf Günter Neumann könnte es bald wieder sein, wenngleich mit einigen Abwandlungen: Erneut also Motorengebrumm über der Stadt, diesmal aber nur tagsüber und von zweimotorigen Schwärmen.

Landen werden sie auch nicht, jedenfalls nicht in Berlin und schon gar nicht auf dem 2008 geschlossenen Flughafen Tempelhof, wie mancher Luftfahrt-Nostalgiker gehofft haben mag. Zwar werden am 15. Juni auf dem Fliegerhorst im niedersächsischen Faßberg nach bisheriger Planung drei Dutzend historische Maschinen des Typs DC-3 aufsteigen und in geschlossener Kette wie seinerzeit während der Luftbrücke Berlin ansteuern. Aber sie werden nicht hier, sondern auf dem Flugplatz Schönhagen südlich von Berlin landen.

Technisch wäre die Landung kein Problem

Auf dem alten Zentralflughafen Tempelhof, der im kollektiven Gedächtnis der Stadt besonders eng mit der Luftbrücke verbunden ist, wäre das als sogenannte Außenlandung rechtlich möglich, sagt Thomas Keller, Hamburger Unternehmensberater und einer der Initiatoren des Projekts. Es wird mittlerweile durch den neugegründeten Förderverein Luftbrücke Berlin 70 vorangetrieben.

Keller kann sich dabei sogar auf Berlins ehemaligen Verkehrsstaatssekretär Jens-Holger Kirchner berufen, der im Vorjahr einem AfD-Abgeordneten auf die Frage nach dieser Möglichkeit mit einem schlichten „Ja“ geantwortet hatte.

Auch technisch wäre die Landung in Tempelhof kein Problem, Fluglotsen mit entsprechendem Gerät ständen bereit. Es bliebe nur die Frage, wer etwa die Absperrungen am Boden bezahlt, und vor allem, ob solch eine kurze Reaktivierung Tempelhofs politisch gewollt sei.

Da hat man im Verein offenkundig erhebliche Zweifel: Ein entsprechender Antrag sei gar nicht gestellt worden, teilt Senatssprecherin Claudia Sünder auf Anfrage mit. Er wäre ohnehin aussichtslos. Geprüft werde derzeit jedoch eine Überfluggenehmigung, Mindestflughöhe vorausgesetzt.

Aber selbst das wäre ja nicht allein für die Planespotter der Stadt eine tolle Gelegenheit, das Ende der Blockade vor 70 Jahren zu feiern, sondern auch für alle anderen ein seltener, so wahrscheinlich nie wiederkehrender Anblick am Himmel über Berlin, mit zeitlich sehr begrenztem Gebrumm. Die Idee zu dieser Rückkehr der Rosinenbomber war bereits Ende 2017 publik geworden und international auf großes Interesse gestoßen.

Sogar zwei russische Maschinen werden erwartet

Mittlerweile wurden 36 Maschinen angemeldet. Allein 20 kommen aus den USA, davon eine aus Alaska, andere aus der Schweiz, Irland, Norwegen – und zwei sogar aus Russland. Etwa ein Drittel der Maschinen – die zivile Version trug die Bezeichnung DC-3, die militärische C-47 Skytrain oder Dakota – sei an der Luftbrücke beteiligt gewesen, sagt Keller.

Das Rosinenbomber-Treffen soll am 10. Juni auf dem Fliegerhorst Wiesbaden-Erbenheim beginnen. Zwei Tage später geht es weiter nach Faßberg, wo die Luftarmada am „Tag der Bundeswehr“ teilnehmen wird und auch Ausflüge bis nach Hamburg geplant sind. Am 15. Juni soll es über Berlin zum Flugplatz Schönhagen gehen, der platzmäßig dabei an seine Grenzen stoßen dürfte. Allein um all die Maschinen abzustellen, benötige man einen 1,6 bis 1,8 Kilometer langen Parkplatz, sagt Keller. Man habe dafür die Querbahnen reserviert.

Erst um den 18. Juni werden die Rosinenbomber Schönhagen wieder verlassen, in der Zwischenzeit aber nicht nur auf der Rollbahn herumstehen, vielmehr Mittelpunkt einer Veranstaltung unter anderem mit Rundflügen sein. Und für den 16. Juni steht ein „Candy drops auf Flugplatz Gatow“ im vorläufigen Programm, für den Luftbrückenpiloten Gail Halvorsen sicher der Höhepunkt des Treffens. Mittlerweile ist er 98 Jahre alt, berühmt geworden als „Candy Bomber“, der die Berliner Gören mit Süßigkeiten an kleinen Fallschirmen beglückte. Im Vorjahr sei es ihm gesundheitlich nicht besonders gut gegangen, mittlerweile könne er sogar wieder reiten und wolle weiterhin kommen, weiß Initiator Keller.

Ein Motto für den Berlin-Besuch der internationalen Luftveteranen hat er übrigens auch schon, frei nach Ernst Reuter: „Wir sind die Völker der Welt.“

Mehr Infos: luftbrueckeberlin70.de

Weitere Artikel zum 70. Luftbrückenjubiläum finden Sie unter tagesspiegel.de/luftbruecke

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