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Bildungssenatorin Katharina Günther-Wünsch (CDU) lud zum Abschluss von „Tagesspiegel macht Schule – digital“ in ihren Amtssitz ein. Die stellvertretende Chefredakteurin Anke Myrrhe erläuterte die Ergebnisse des Projekts.

© Marie Staggat für den Tagesspiegel

„Alle Achtjährigen haben Tiktok“: Tagesspiegel-Schulprojekt für Medienkompetenz stellt Ergebnisse vor

Schon zweimal beteiligten sich über 1500 Schüler und ihre Lehrkräfte beim Projekt „Tagesspiegel macht Schule – digital“. Zum Abschluss konnten sie mit Berlins Bildungssenatorin über ihre Erfahrungen sprechen.

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Fake-News und Handysucht hier, schwaches Internet da und mittendrin die Schulen und ihr Bemühen um mehr Medienkompetenz: Das ist der Hintergrund, vor dem sich abermals bundesweit 60 Schulklassen am Projekt „Tagesspiegel macht Schule – digital“ beteiligt haben. In dieser Woche konnten sie ihre Ergebnisse auf Einladung von Bildungssenatorin Katharina Günther-Wünsch (CDU) an ihrem Amtssitz am Alexanderplatz vorstellen.

Das Beste vorab: Fast alle Lehrkräfte (95 Prozent) berichten, dass sich nach den drei Projektmonaten die Orientierung ihrer Schülerinnen und Schüler in Nachrichtenangeboten verbessert habe. Ein gesteigertes Textverständnis beobachten neun von zehn Pädagogen und eine „erweiterte Nachrichtenkompetenz“ geben 85 Prozent von ihnen an. Sehr positiv wird auch die Entwicklung der Lesefertigkeit und der Fortschritt bei der Arbeit mit digitalen Tools bewertet.

Das Projekt war das Beste, was mir dieses Schuljahr passieren konnte.

Malik, 18, Schüler der Hermann-Scheer-Schule (Oberstufenzentrums Wirtschaft) in Köpenick

Solche Resultate zeigen: „Es lohnt sich, dass wir uns hier gemeinsam engagieren“, sagt Anke Myrrhe, stellvertretende Chefredakteurin beim Tagesspiegel. Es hatten 53 Lehrkräfte mit 1514 Schülerinnen teilgenommen.

Das zusammen mit der Deutschen Telekom konzipierte Projekt verbindet Berliner Schüler mit Schulen in 13 Städten zwischen Oldenburg, Bonn, Chemnitz und Ahrensfelde. Eine Abordnung zweier Klassen aus Falkensee und Berlin war mit ihren Lehrerinnen zur Senatorin eingeladen, weil sie innerhalb des Projekts einen Videowettbewerb gewonnen hatten.

Ein Videowettbewerb gehört auch dazu

„Das Projekt war das Beste, was mir dieses Schuljahr passieren konnte“, kommt als dickes Lob vom 18-jährigen Malik. Er besucht die Hermann-Scheer-Schule, ein Oberstufenzentrum für Wirtschaft in Köpenick. Seine Klassenkameraden Hesham, Ruben und Lea-Jolie heben hervor, dass sie im Rahmen des Projekts und des Videowettbewerbs die Möglichkeit hatten, im Netz über den Zusammenhang zwischen Bewegung und Hirnleistung zu recherchieren. Damit gewannen sie sogar den ersten Preis im Wettbewerb.

Bildungssenatorin Katharina Günther-Wünsch (6.v.l.) sprach mit Schülerinnen und Schülern und deren Lehrerinnen Elisabeth Lohse (4.v.l ) sowie Anne Onken (4.v.r.) über „Tagesspiegel macht Schule – digital“. Anke Myrrhe, stellvertretende Chefredakteurin (6.v.l.), und Stefanie Kreusel, Telekom-Konzernbeauftragte für Digitale Bildung und Schule (Mitte) hatten das Projekt zum zweiten Mal begleitet.

© Marie Staggat für den Tagesspiegel

„Wir haben gelernt, dass körperliche Aktivität die Aufmerksamkeit im Unterricht steigert“, berichtet Hesham und verweist auf eine Freifläche an seiner Schule: „Es wäre toll, wenn dort Outdoor-Geräte hinkämen und man dort Lernpausen machen könnte.“ Das wäre eine „Umleitung zum besseren Lernen“, sagt Hesham. Das Video seiner Klasse geriet denn auch zu einem eindringlichen Appell, Outdoor-Geräte auf die Schulhöfe zu bringen, womit sie auf volles Verständnis der Senatorin stießen.

Outdoorsport sei ein „tolles Thema“, befindet Günther-Wünsch. Wenn eine Schule dafür kein Geld habe, könne sie ja „zum Hörer greifen“, um Sponsoren zu suchen oder Kooperationen anzuschieben. „Wir brauchen vor Ort Akteure, die ihre Gestaltungsspielräume nutzen“, stellt sie der immer gleichen Forderung nach „mehr Geld“ entgegen.

Das Argument, dass die Schulen infolge der aktuellen Sparzwänge bei Sonderwünschen sehr eingeschränkt seien, lässt sie nicht gelten: Die Schulen hätten noch „85 Prozent ihrer früheren Mittel“, hätten aber im Schnitt in der Vergangenheit „nur 80 Prozent ausgegeben“.

Ein stabiler Onlinezugang ist kein Luxus, sondern eine Selbstverständlichkeit.

Aus dem Video der Lise-Meitner-Schule in Falkensee

Ebenfalls mit einem Preis für ihr Video bedacht wird die Lise-Meitner-Schule im brandenburgischen Falkensee. Die Achtklässlerinnen Kim und Emma berichten, dass während ihrer Englisch-Vergleichsarbeit (Vera 8) „das Internet ausgefallen“ sei. So etwas passiere immer mal wieder. Ihre Lehrerin Anne Onken fügt hinzu, dass auch die Wartung der schuleigenen Laptops nicht immer gesichert sei.

Die Bildungssenatorin im Gespräch mit dem 18-jährigen Malik aus der Hermann-Scheer-Schule. Seine Lerngruppe gewann den Videowettbewerb.

© Marie Staggat für den Tagesspiegel

Smartphone-Sucht beunruhigt die Lehrkräfte

Was Onken noch mehr umtreibt als diese Unzulänglichkeiten ist allerdings der übermäßige Handygebrauch ihrer Schülerinnen und Schüler: „Ich bin für ein Handyverbot in der Schule von Klasse 1 bis 10“, sagt sie dem Tagesspiegel im Anschluss an die Veranstaltung.

Zuvor hatte schon Elisabeth Lohse, die Lehrerin der Köpenicker Hermann-Scheer-Schule, über ihre Sorgen hinsichtlich des Smartphone-Gebrauchs gesprochen. „In der Klasse meiner achtjährigen Tochter haben alle Tiktok“, beklagt Lohse. Anders als früher sei sie infolge ihrer Erfahrungen inzwischen so weit, einem Handyverbot an Schulen zuzuneigen: „Viele Kinder sind süchtig“, beobachtet sie. Die Eltern trügen die Verantwortung dafür, es nicht so weit kommen zu lassen.

Auf die Forderung nach einem Handyverbot an Schulen gebe es „keine Schwarz-Weiß-Antwort“, entgegnet die Senatorin. An Grundschulen sei das Handy ohnehin häufig verboten. Alle sind sich darin einig, dass die Diskussion um die Handynutzung „mehr Fahrt aufnehmen muss“, wie es Elisabeth Lohse ausdrückte. Es sei wichtig, im Rahmen des Projekts auch solche Debatten zu führen, ergänzte Myrrhe.

Stefanie Kreusel, die Konzernbeauftragte für Digitale Bildung und Schule der Deutsche Telekom AG, nennt noch einen weiteren Vorteil des Projekts. Der bestehe darin, dass es im Grunde nicht nur um Medien- und Demokratiekompetenz, sondern auch um die Anbahnung des Berufslebens gehe: „Digitalität und praktische Einsatzfelder sind wie zwei Seiten derselben Medaille – beide sind essenziell, um erfolgreiche Biografien zu gestalten und eine zukunftsfähige Gesellschaft zu fördern“, hebt Kreusel hervor.

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