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Streikpause an Berlins öffentlichen Kitas : Gewerkschaft Verdi gibt für nächste Woche Entwarnung
Die Eltern der 280 Kitas der Eigenbetriebe in Berlin können aufatmen: Die Gewerkschaft Verdi setzt ihre Arbeitsniederlegung zum Ferienbeginn aus. Der Landeselternausschuss fordert gerichtliche Überprüfung des Streiks.
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Die Abschiedsfeste zu Beginn der großen Ferien in der kommenden Woche sind gesichert: Die Gewerkschaft Verdi kündigte am Mittwoch an, dass es nächste Woche keine Streiks in den öffentlichen Kitas in Berlin geben werde und somit auch – anders als aktuell – keine streikbedingten Schließungen.
Zudem wurde bekannt gegeben, dass Bildungs- und Jugendsenatorin Katharina Günther-Wünsch (CDU) zum Abschluss der aktuellen Arbeitskampfwoche vor den Streikenden sprechen werde. Das Gleiche gilt für den SPD-Vorsitzenden Martin Hikel.
Hikel, der auch Bürgermeister von Neukölln ist, wird den Verdi-Angaben zufolge am Donnerstag um 9 Uhr auf einer Kundgebung vor dem Rathaus Neukölln sprechen. Katharina Günther-Wünsch kommt zum „Alternativen Kindergipfel“ von Verdi, der aus Anlass des CDU-Kindergipfels im Abgeordnetenhaus stattfindet.
Für uns ist auch unverständlich, warum sich die Senatsverwaltung für Finanzen bisher weigert, die Rechtmäßigkeit dieses Streiks gerichtlich zu überprüfen.
Guido Lange, Landeselternsprecher für die Kindertagesstätten
„Die streikenden pädagogischen Fachkräfte aus den Kita-Eigenbetrieben haben die Krise in den Kitas durch ihren Streik auf die politische Tagesordnung gesetzt“, hieß es in der Verdi-Stellungnahme. Darin wurde auch darauf verwiesen, dass der Staatssekretär für Familie und Jugend, Falko Liecke (CDU) sowie die Hikels Amtskollegin aus dem SPD-Vorstand, Nicola Böcker-Giannini, zu den Streikenden gesprochen hätten.
In den vergangenen Tagen hatte es Gerüchte gegeben, dass es auch nächste Woche zu streikbedingten Kitaschließungen kommen könne. Entsprechend unruhig waren die Eltern, die von diesen Gerüchten gehört hatten. Verdi wies daher darauf hin, dass man „aus gegebenem Anlass“ über den Verzicht auf Streiks informieren wolle.
Es geht um Entlastung
Verdi streikt für einen „Tarifvertrag Entlastung“. Damit soll sichergestellt werden, dass die Kita-Gruppen kleiner werden. Die Erwartung ist, dass der Krankenstand unter den rund 7500 Beschäftigten der 282 öffentlichen Kitas sinkt, wenn es mehr Personal gibt.
Wir wollen spürbare Verbesserungen.
Verdi-Sprecher Kalle Kunkel
„Wir wollen spürbare Verbesserungen“, bekräftigte Verdi-Sprecher Kalle Kunkel. Unklar ist zurzeit noch, ob Verdi sich darauf einlassen würde, auf einen „Tarifvertrag Entlastung“ für den öffentlichen Dienst zu verzichten, wenn der Senat im Gegenzug bereit wäre, bessere Rahmenbedingungen für alle Kitas zu schaffen. Dazu wollte Kunkel nichts sagen.
Im Jahr 2025 muss die Rahmenvereinbarung für die Tagesbetreuung (RV-Tag) ohnehin neu verhandelt werden. Die würde dann auch für die rund 2000 freien Kitas gelten. Da Verdi bei dem aktuellen Streik von der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) unterstützt wird, waren tageweise tausende Beschäftigte im Ausstand, sodass Dutzende Kitas komplett geschlossen waren. Andere boten nur Notbetreuung an.
Erleichterung bei den Eltern
„Wir freuen uns natürlich darüber, dass den Eltern vor den Sommerferien jetzt ein weiterer Streik erst einmal erspart bleibt“, lautete die Reaktion von Guido Lange, dem Landeselternsprecher für die Kitas. Für viele sei diese Woche „schon sehr herausfordernd“.
Die Aktionen der Gewerkschaften in den Berliner Kita-Eigenbetrieben verwundern.
Andreas Dressel (SPD), Finanzsenator von Hamburg und Vorsitzender der Tarifgemeinschaft deutscher Länder
Für den Landeselternausschuss Kita (LEAK) sei es „unverständlich, warum sich die Senatsverwaltung Finanzen bisher weigert, die Rechtmäßigkeit dieses Streiks gerichtlich zu überprüfen“, sagte Lange dem Tagesspiegel. Es stelle sich die Frage, ob Streiks in diesem Ausmaß „und mit einem nicht bestreikbaren Ziel recht- und verhältnismäßig sind“. Viele Eltern und Experten teilten die LEAK-Auffassung, „dass hier Grenzen überschritten werden und gehandelt werden muss“.
Der Hinweis mit dem „nicht bestreikbaren Ziel“ bezieht sich darauf, dass Verdi und GEW einen Tarifvertrag fordern, den abzuschließen die Tarifgemeinschaft deutscher Länder Berlin nicht gestattet. Das hatte jedenfalls der aktuelle TdL-Chef, Hamburgs Finanzsenator Andreas Dressel (SPD), vor wenigen Tagen bekräftigt.
Wie mehrfach berichtet, droht Berlin der abermalige Ausschluss aus der Tarifgemeinschaft. Allerdings betont Verdi, dass dieses Bedrohungsszenario übertrieben werde. Das zeige ja die Tatsache, dass für die sechs Universitätsklinika von Nordrhein-Westfalen weiterhin „vollumfänglich und verbindlich“ der Tarifvertrag der Länder gelte, obwohl sie auch einen Entlastungstarifvertrag abgeschlossen hätten.
Inwieweit die tarifpolitische Ausgangsposition der Universitätsklinika von NRW mit denen der Berliner öffentlichen Kitas vergleichbar ist, gehört zu den strittigen Punkten zwischen den Gewerkschaften und dem Senat. Die GEW versucht bereits seit drei Jahren erfolglos, einen entlastenden Tarifvertrag für die Schulen („Tarifvertrag Gesundheitsschutz“) zu erstreiken.
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