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Die Fußgängerzone Wilmersdorfer Straße. (Archivbild)

© imago images/Andreas Gora

Update

Schwerer Sicherheitsvorfall in Berlin: Erst rast der Mann übers Polizeigelände, dann rammt er eine Frau

Ein bizarrer Vorfall beunruhigt Berliner Einsatzkräfte: Ein 32-Jähriger gelangt ungehindert in die Polizeiakademie. Später verletzt er eine Frau in der Fußgängerzone.

Bei der Polizei Berlin hat es einen schweren Sicherheitsvorfall gegeben. Am Freitagmorgen gelangte ein 32-Jähriger mit seinem Mercedes ungehindert auf das Gelände der Polizeiakademie in Ruhleben. Und er konnte auf dem Gelände der Polizei ungehindert umherrasen und wieder entkommen. Erst später fassten Beamte ihn in Charlottenburg, nachdem er in einer Fußgängerzone eine ältere Frau angefahren hatte - Zeugenaussagen zufolge offenbar gezielt.

In Polizeikreisen ist von einem überaus peinlichen Vorfall die Rede. Dass ein Mann ungehindert über ein gesperrtes Gelände einer Sicherheitsbehörde rasen konnte, dort auch Polizisten hätte anfahren und verletzen können, sei erschreckend - und mit Blick auf die anhaltend hohe Terrorgefahr ein schwerwiegender Vorgang.

Der Verein „Biss“, in dem frühere Beamte von Spezialeinheiten und Einsatztrainer für die Anerkennung von Gesundheitsschäden durch die Schießstandaffäre kämpfen, zeigte sich erschüttert. Der Vorfall „macht Angst um die Sicherheit der Mitarbeitenden auf polizeilichen Liegenschaften“, erklärte der Verein via Twitter. Es handle sich um Dienststellen von Einheiten, die „mit Aufgaben der Terrorismusbekämpfung betraut sind“.

Der Tagesspiegel hatte am Freitagabend bereits bei der Einsatzleitzentrale dazu nachgefragt, doch dort war der Vorfall bis dahin nicht bekannt. Auch in Polizeikreisen hatte der Vorfall bereits am Freitag die Runde gemacht. Doch erst mehr als 24 Stunden später, am Samstagvormittag, konnte die Pressestelle den Fall im Groben bestätigen, wollte sich aber zu Details nicht äußern.

Auf dem Gelände befindet sich auch ein Schießstand

Offiziell erklärte die Polizei lediglich, dass dasselbe Fahrzeug am Freitagmorgen „auf dem Gelände eines Krankenhauses am Spandauer Damm“ - die DRK-Kliniken Westend - und „auf dem Polizeigelände in der Charlottenburger Chaussee hupend, mit eingeschaltetem Warnblinklicht und überhöhter Geschwindigkeit umherfuhr“. Die Ermittlungen auch zur Frage, „wie der 32-Jährige auf das Polizeigelände gelangte, dauern an“.

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Damit blieb unklar, ob Tagesspiegel-Informationen zutreffen, wonach es an der bewachten Zufahrt zu dem Polizeigelände eine schwere Panne gegeben haben soll. Der Mann soll an der Wache vorgetäuscht haben, dass er seinen Dienstausweis in seinem Rucksack sucht. Der Wachdienst soll dann die Schranke zu früh geöffnet haben - der 32-Jährige konnte aufs Polizeigelände rasen. Dort soll er nach den nicht bestätigten Informationen über den Cross-Fit-Parcour und die Langlaufbahn gefahren sein.

Auf dem Gelände befindet sich auch eine Schießtraining-Anlage. Niemand kommt normalerweise einfach auf ein gesondert gesperrtes Polizeigelände, es handelt sich um einen Sicherheitsbereich. Obwohl der Mann auf dem Polizeigelände unterwegs war, konnte er nicht gestoppt werden - er entkam.

In der Fußgängerzone steuerte er langsam auf eine Frau zu

Gefasst wurde der Mann dann kurze Zeit später wegen eines anderen Vorfalls. Der 32-Jährige fuhr gegen 9.20 Uhr in Schrittgeschwindigkeit durch die Fußgängerzone in der Wilmersdorfer Straße. Laut Zeugenangaben soll er gezielt von hinten gegen die 66-Jährige gefahren sein, die gerade ihr Fahrrad an einem Fahrradständer anschloss. Die Frau erlitt Blutergüsse und Hautabschürfungen, sie musste zur ambulanten Behandlung in eine Klinik gebracht werden.

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An der Ecke Kantstraße stoppten alarmierte Einsatzkräfte den 32-Jährigen und nahmen ihn fest. Er habe mutmaßlich „unter Einfluss berauschender Mittel“ gestanden, teilte die Polizei mit. In seinem Wagen fanden die Beamten einen niedrigen fünfstelligen Geldbetrag, den sie beschlagnahmten. Der Mann hatte keine Fahrerlaubnis, er musste sich einer erkennungsdienstlichen Behandlung sowie einer Blutentnahme unterziehen. Er sollte noch am Sonnabend einem Richter zum Erlass eines Haftbefehls vorgeführt werden.

"Der Vorfall ist unglaublich, und wir hoffen, dass sich die verletzte 66-Jährige schnell und vollständig von dieser Wahnsinnstat erholt", teilte der Sprecher der Gewerkschaft der Polizei in Berlin, Benjamin Jendro, mit. "Was vorher aber passiert ist, zeigt uns eklatante Sicherheitslücken, die es endlich abzustellen gilt." Es dürfe nicht passieren, "dass man ohne große Hindernisse derart leicht auf Polizeigelände gelangen kann", schrieb Jendro.

2019 kam ein Dieb ungestört ins Anti-Terror-Dezernat

Die Autotour des 32-Jährigen über der Polizeigelände ist nicht die erste schwerwiegende Sicherheitspanne bei der Polizei Berlin. Regelmäßig verschaffen sich Kriminelle Zutritt zu Abstellplätzen für sichergestellte Fahrzeuge, um diese in Brand zu setzen und so Beweisspuren zu vernichten.

Im Februar 2019 hatte sich mutmaßlich drogenabhängiger Dieb sogar ungestört Zugang ins Landeskriminalamt (LKA) verschafft - ausgerechnet in das Büro eines Dezernats, das sich mit islamistischen Gefährdern und Terroristen befasst. Es handelt sich um Büros, in denen sich für die Bundesrepublik hochsensible und sicherheitsrelevante Daten befinden.

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