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Der angeklagte Influencer sitzt im Gerichtssaal neben seinem Rechtsanwalt Axel Czapp. (Archivbild)

© dpa/Sebastian Gollnow

Update

Urteil gefallen: Sechs Monate Haft auf Bewährung für „Raketeninfluencer“

Atallah Younes schoss Silvester-Feuerwerk in eine Wohnung in Neukölln. Das Landgericht sprach ihn nun der Sachbeschädigung schuldig. Es blieb deutlich unter dem Antrag des Staatsanwalts.

Stand:

Der „Raketen-Influencer“ verließ nach 96 Tagen in Haft erleichtert den Gerichtsaal. Schuldig der Sachbeschädigung entschieden die Richter und verhängten sechs Monate Haft auf Bewährung. Der Haftbefehl gegen den Studenten aus dem Westjordanland wurde aufgehoben. „Sie können das Land verlassen“, sagte der Vorsitzende Richter Raphael Neef. Die weiteren Vorwürfe der versuchten schweren Brandstiftung und der versuchten gefährlichen Körperverletzung haben sich aus Sicht des Berliner Landgerichts nicht bestätigt.

Der 23-jährige Younes strahlte kurz darauf in Kameras: „Am Ende bin ich raus.“ Er werde nun nach Hause reisen zu seiner Familie – „ich vermisse sie so“, sagte er auf Englisch, umarmte seinen Anwalt und schien den Tränen nahe. Und noch einmal bat er um Entschuldigung „bei den Menschen in dem Haus“.

Der Fall hatte für Aufsehen gesorgt. Der palästinensische Influencer, der als Tourist in Berliner war, hatte sich von einem Begleiter bei der gefährlichen Aktion filmen lassen. Ein junger Mann ist zu sehen, in seiner rechten Hand eine Rakete, Funken sprühen. Er amüsiert sich, hält die Rakete nicht nach oben. Das gegenüberliebende Wohnhaus wird getroffen, im dritten Stock werden Fensterscheiben durchschlagen, ein Lichtschein blitzt auf.

Younes veröffentlichte das Video in Sozialen Medien. Es ging viral – binnen 24 Stunden gab es mehr als sechs Millionen Klicks. Doch es gab viel Kritik. Es folgte kurz darauf ein Video, das die Wogen glätten sollte. Der Influencer und der betroffene Wohnungsinhaber sind zu sehen. Younes beteuert: „Wir entschuldigen uns.“ Es sei ein Versehen gewesen, „nicht nachahmenswert“.

Der arabische Influencer Attlaha Younes zündet an Silvester in Berlin eine Rakete, die er dann in ein Kinderzimmer schießt.

© instagram.com/atallah.younes.31

Am 4. Januar wurde Younes auf dem Flughafen BER festgenommen, als er Richtung Amman abreisen wollte. Wegen Fluchtgefahr kam er in Untersuchungshaft. „Es war eine harte Zeit, eine schlimme Zeit im Gefängnis“, sagte der 23-Jährige nach dem Urteil.

Die Staatsanwaltschaft warf Younes versuchte schwere Brandstiftung, versuchte gefährliche Körperverletzung und Sachbeschädigung vor und forderte eine Bewährungsstrafe von zwei Jahren. Er habe das Feuerwerk in der Silvesternacht gezielt gezündet, habe Leib und Leben erheblich in Gefahr gebracht – „aus purem Eigennutz“. Es sei ihm darum gegangen, „ein möglichst großes mediales Interesse auf sich zu ziehen“. Nur durch Zufall sei es in der Wohnung nicht zu einem Feuer gekommen.

Der Verteidiger hielt dagegen: „Um der eigenen Reichweite willen – kann man ihm das unterstellen? Nein!“ Es sei nicht zielgerichtet gewesen, Younes habe erstmals in seinem Leben eine Silvesterrakete gezündet und nicht gewusst, wie Pyrotechnik funktioniert. Es sei auch nicht zu einem Brand gekommen, lediglich glimmende Papierreste habe der 54-jährige Wohnungsinhaber im Schlafzimmer entdeckt und aus dem Fenster geworfen.

Das Gericht folgte im Wesentlichen dem Verteidiger. Der Angeklagte habe davon ausgehen dürfen, dass die Fenster in dem Wohnhaus halten. Das Gericht stütze sich dabei auf Angaben einer Brandsachverständigen. Ein Vorsatz lasse sich nicht beweisen. Doch das Verhalten des 23-Jährigen sei rücksichtslos gewesen, gefährde die Allgemeinheit. Auch das Hochladen des Videos spreche gegen den Angeklagten.

Der Influencer mit rund 300.000 Followern auf Instagram und etwa 180.000 auf TikTok hat ein Studium bald abgeschlossen. Seit 2019 sei er als Influencer aktiv, nehme kurze Filme auf und veröffentliche diese im Netz, sagte der Anwalt. Er wolle dabei zeigen, „wie verrückt das Leben spielen kann“, er wolle unterhalten – „Entertainment und Comedy“. Das Urteil gegen den nicht vorbestraften Influencer ist noch nicht rechtskräftig.

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