zum Hauptinhalt
Englandfans feiern in der Kulturbrauerei den Sieg ihre Mannschaft gegen Deutschland. 

© REUTERS

Club Italia und English FC: So bereiten sich zwei Berliner Amateurtrainer auf das EM-Finale vor

Martino Gatti trainiert den Club Italia, Daniel Jess den English Football Club. Beide hoffen, dass ihre Mannschaft die EM gewinnt - und finden eins noch wichtiger.

Wenn Italien spielt, trägt Martino Gatti selbstverständlich blau. Seit mehr als 30 Jahren hat er sein Glückstrikot schon, ein Stück aus den 1960ern, der Zeit, in der die Squadra Azzurra zum bisher einzigen Mal Europameister wurde.

„Es ist schon so lange her, dass Italien den letzten großen Titel geholt hat“, sagt Gatti. Jetzt, findet er, wäre es mal wieder soweit. Martino Gatti trainiert die erste Mannschaft des Club Italia, der „Squadra Azzurra von Berlin“, wie der Amateurverein sich selbst nennt. Dort hätten alle mit Begeisterung die Spiele verfolgt und fieberten jetzt dem Finale entgegen, sagt Gatti. Aber nicht jeder drücke den Italienern die Daumen, schließlich sei im Verein auch nicht jeder Italiener.

Ganz ähnlich ist das beim English Football Club. Nur etwa ein Zehntel der Mitglieder im Freizeitverein hat englische Wurzeln, sagt Präsident und B-Jugend-Trainer Daniel Jess. Der gebürtige Londoner ist dafür umso England-begeisterter. „Ich war schon vor dem Wochenende nervös“, sagt Jess. „Ich bin unglaublich glücklich, dass England im Finale steht. Seit ich geboren bin, habe ich auf diesen Moment gewartet.“

Public Viewing gibt es weder beim Club Italia noch beim English Football Club. Deshalb wird Daniel Jess das Spiel im Pub verfolgen, mit Freunden und seinem Wikingerhut. Den trug er, als England Deutschland bei der EM 2000 in einem Gruppenspiel besiegte. „Seitdem ist die Mütze mein Glücksbringer“, sagt Jess. „Auch wenn alle mir immer sagen, wie hässlich ich damit aussehe.“ Nur wenn die Mütze im Finale nicht wirke, komme sie in den Müll.

Daniel Jess trainiert die B-Jugend des English FC. Sein Tipp: England gewinnt mit 2:1, Kane und Sterling schießen die Tore.

© privat

Daniel Jess hat jedes EM-Spiel verfolgt, „wie verrückt“, erzählt er. Liefen Spiele parallel, habe er sie aufgenommen und nacheinander geschaut. Spielte Deutschland, sangen Jess' Kinder vor Anpfiff die deutsche Nationalhymne, „um mich zu ärgern“. Am Sonntag feuerten sie aber England an, aus Solidarität.

[Wenn Sie alle aktuellen Nachrichten live auf Ihr Handy haben wollen, empfehlen wir Ihnen unsere App, die Sie hier für Apple- und Android-Geräte herunterladen können.]

Das Schlimmste, das Gatti passieren könnte: Wenn der Fernseher mitten im Finale kaputtginge. Und wenn England gewönne. „Dann wäre ich für den Abend traurig und im nächsten Training müssten meine Jungs beim Club Italia vielleicht ein bisschen bluten.“

Martino Gatti (49) trainiert die erste Mannschaft des Club Italia in Berlin. Er setzt auf einen 3:1-Sieg der Italiener nach Verlängerung, mit Toren von Chiesa, Insignie und Bonucci.

© privat

Gattis Frau hat in der familieninternen Tipprunde übrigens auf England gesetzt. „Sollte England gewinnen, freut sich zumindest eine in unserer Familie“, sagt der Club-Italia-Trainer. „Aber englische Fahnen hänge ich ganz sicher nicht auf, nur deutsche, italienische und spanische.“

Gatti hat Verwandte in allen drei Ländern, sein Vater ist Italiener, die Mutter Spanierin. „In meiner Brust schlagen zwei Herzen. Das für Spanien schlägt vielleicht ein bisschen stärker.“ Deswegen hat er vor der EM noch auf einen spanischen Sieg gesetzt. „Jetzt drücke ich natürlich Italien extrem die Daumen.“

Der Brite hätte gerne einen offensiveren Nationaltrainer

Daniel Jess weinte mehrere Tage, als England 1990 und 1996 gegen Deutschland verlor. Heute wäre ihm wichtiger, England suchte sich einen offensiveren Nationaltrainer. „Ich bin begeistert davon, wie offen die Italiener spielen.“  Er hofft auf einen englischen Sieg „mit Stil“, wie Gatti auf einen italienischen hofft. Aber beiden Coaches ist der Fußball eigentlich wichtiger als ein Sieg. „Ich hätte kein Problem damit, wenn wir 5:4 verlieren, solange das Finale magisch war“, sagt English-FC-Trainer Jess.

[Mehr Kiezsport finden Sie auf unserem neuen Twitter-Kanal @TspLeuteSport - auch als Forum für Teams und Vereine.]

Ein interessantes Spiel soll es werden, Hauptsache keine 90 (oder mehr) Minuten Langeweile. Damit die nicht aufkommt, trifft Jess seine Freunde schon ein bisschen früher im Pub. Martino Gatti bereitet währenddessen seine Wohnung vor, ein „Event“ soll es werden, wenn seine Mannschaft spielt. Dafür holt er Fähnchen und sein Glückstrikot heraus und kocht Italienisch. Es gibt, natürlich, Pasta.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false