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Die Kriminalitätsstatistik der Berliner Polizei normalisiert sich wieder.

© picture alliance/dpa/Gerald Matzka

So kriminell war Berlin 2022: Mehr Morde, mehr Messerattacken – und 1700 Prozent mehr Automaten geknackt

Berlins Innensenatorin Iris Spranger (SPD) stellt am Freitag die Kriminalitätsstatistik für 2022 vor. Das Ergebnis: Die Pandemie ist auch für Straftäter vorbei.

Die Corona-Pandemie ist vorbei – und damit „normalisiert“ sich auch wieder die Kriminalitätsstatistik der Berliner Polizei. Die Zahl der Straftaten ist 2022 gestiegen, es gab mehr Tötungsdelikte, Millionenschaden durch Autodiebstahl, weniger Internetbetrug und Kellereinbrüche. Das sind die Zahlen zu Straftaten, Kriminellen, Tätern und Opfern – der Überblick.

Mehr Straftaten

In den Pandemiejahren 2020 und 2021 gab es weniger Straftaten – aber mehr Internetkriminalität. 2022 hat sich die Kriminalitätslage wieder auf die Zeit vor Corona normalisiert. Knapp 520.000 Straftaten weist die Statistik auf, 37.700 oder 7,8 Prozent mehr als 2021. Die Zahl der Straftaten je 100.000 Einwohner – auch Häufigkeitszahl genannt – stieg um 7,4 Prozent auf 14.135 Fälle, was dem Niveau der Jahre 2018 und 2019 entspricht und unter dem Zehn-Jahres-Rekord von 2015 liegt.

Mord und Totschlag

114 Fälle von Mord und Totschlag führt die Statistik auf, 14 mehr als 2021 und leicht mehr als im Zehnjahresmittel. Davon waren 38 vollendete und 76 versuchte Taten. 107 der insgesamt 140 Personen, die Opfer eines vollendeten und versuchten Mordes oder Totschlages wurden, wurden körperlich verletzt, davon 55 schwer und 41 tödlich.

Mehr Messer, mehr Jugendgewalt

Mehr Jugendliche sind als Straftäter aufgefallen, als Tatverdächtige unter 21 Jahren waren es 20 Prozent mehr als im Vorjahr. Der Anteil der Tatverdächtigen unter 21 Jahren an allen Tatverdächtigen erhöhte sich von 16,3 auf 18,2 Prozent. 24.799 Tatverdächtige unter 21 Jahren sind 2022 erfasst worden, 4160 Personen oder 20 Prozent mehr als im Vorjahr.

Bei der Jugendgruppengewalt verzeichnet die Polizei eine Zunahme um 366 auf 1873 Fälle (plus 24,3 Prozent). Bei 3317 Taten waren Messer im Spiel, 540 oder 19,4 Prozent mehr als im Vorjahr. Aufschlussreich ist die Tatverdächtigenbelastungszahl – also die Anzahl der Tatverdächtigen auf 100.000 Berliner. Diese Zahl stieg besonders deutlich bei Kindern und Jugendlichen – und hier bei Rohheitsdelikten. Diese Zahl bei Kindern und Jugendlichen war im Zehn-Jahresvergleich noch nie so hoch wie 2022.

Gelegenheit macht Diebe

Beim Diebstahl gab es eine deutliche Zunahme von 20 Prozent, 213.803 Fälle wurden angezeigt. Das liegt unter dem Zehn-Jahres-Durchschnitt und etwa auf dem Niveau von 2018. 1754 Prozent plus – das gab es beim sogenannten Diebstahl von und aus Automaten. Ein Anstieg um 9676 auf 10.439 Fälle. Der Grund: Seit Dezember 2021 waren die Münzbehälter zahlreicher City-Toiletten aufgebrochen und das Geld gestohlen worden. Inzwischen normalisieren sich die Zahlen wieder, weil die Anbieter auf Kartenzahlung umgestellt haben oder Toiletten kostenlos benutzt werden könnten.

Bei den Diebstählen insgesamt zeigt sich die Zunahme auch besonders bei Wohnungseinbrüchen (plus 23,5 Prozent), Ladendiebstahl (plus 17 Prozent), Fahrraddiebstahl (plus 13 Prozent), Taschendiebstahl (plus 20 Prozent) und beim Diebstahl in Gaststätten, Kantinen, Hotels (plus 70 Prozent) und Autodiebstahl (plus 30 Prozent). Auch die Zahl der Wohnungseinbrüche stieg um 23 Prozent, ist aber immer noch die zweitniedrigste der vergangenen zehn Jahre. Interessantes Detail: Die Einbrüche in Villen und Einfamilienhäuser haben sich verdoppelt, bei Einbrüchen in Wohnungen lag das Plus mit 15 Prozent deutlich niedriger.

Sexualstraftaten

Auch hier hatte die Pandemie für einen Rückgang gesorgt, jetzt nahm die Zahl der Sexualdelikte wieder um vier Prozent auf 6944 Fälle zu. Bei bestimmten Straftaten war der Anstieg deutlich: 66 Prozent mehr sexuelle Übergriffe, 25 Prozent mehr sexuelle Belästigung, vier Prozent mehr Vergewaltigungen und 18 Prozent mehr sexuelle Handlungen an Kindern und durch Kinder. Beim schweren sexuellen Missbrauch von Kindern vermeldet die Polizei einen Rückgang um ein Viertel, auch die Zahl Straftaten rund um Kinderporno nahm leicht ab. 533 der insgesamt 4977 Personen, die Opfer eines Sexualdelikts wurden, erlitten körperliche Verletzungen. 19 der Opfer wurden schwer und eine Person tödlich verletzt.

Raub und Gewalt

Mehr Handtaschenraub und Raubüberfälle – um ein Viertel stieg die Zahl der Fälle im Vergleich zum Vorjahr. 2021 waren den Zahlen aber auch „außergewöhnlich niedrig“. Trotz des Anstiegs liegt Berlin damit immer noch unter dem Durchschnitt der vergangenen zehn Jahre. Auffällig ist aber: Der Anteil der Kinder und der Jugendlichen unter den Verdächtigen stieg um 71 und 31 Prozent. Der Nach-Pandemie-Trend zeigt sich auch bei Gewaltdelikten mit einem Anstieg von 13 Prozent. Der Anteil der Kinder und Jugendlichen an den Verdächtigen stieg um 45 und 35 Prozent. Die Zahl der Opfer von Gewalttaten in Familien oder Beziehungen stieg um 1633 auf 17.263, ein Zehntel mehr als 2021.

Betrug, Tatort Internet und Rückgang der Internetkriminalität

Nach der Pandemie saßen die Berliner offenbar weniger am Handy oder am Computer – die Zahl der Straftaten mit dem „Tatmittel Internet“ sank um ein Viertel, es sind sogar weniger als 2019. Die Internetkriminalität aus dem Ausland nahm jedoch deutlich zu, wird trotz Opfern in Berlin aber nicht erfasst. Dadurch relativiert sich der Rückgang in diesem Bereich. Beim Betrug gab es weniger Straftaten – ein Rückgang um 12 Prozent. Die stärksten Rückgänge gab es beim Warenkreditbetrug – Ware bestellt und nicht bezahlt – um 45 Prozent. Beim Computerbetrug waren es minus 64 Prozent und beim Schwarzfahren minus 11 Prozent. Verdoppelt hat sich der Tankbetrug – offenbar eine Folge der hohen Benzinpreise.

Mehr Feuer

2022 wurde in Berlin auch mehr gezündelt. 800 Brandstiftungen registrierte die Polizei, ein Plus von 3,8 Prozent. 375 Autos brannten, zehn Fälle davon sind als politisch motivierte Taten erfasst worden. Im Jahr zuvor brannten noch 427 Autos.

Und sonst?

Die Polizei konnte weniger Straftaten aufklären, die bundesweit ohnehin schlechte Aufklärungsquote sank von 45,3 auf 44,9 Prozent. Der Anteil der Tatverdächtigen, die in Berlin auch wohnen, sank von 76 auf 72 Prozent und der Anteil der nichtdeutschen Verdächtigen stieg von 39 auf 42 Prozent. Zudem wurden etwas mehr Widerstandstaten und Angriffe auf Polizisten registriert, dabei wurden 1565 Polizisten verletzt, 16 davon schwer. 90 Feuerwehrleute und Rettungskräfte wurden leicht verletzt, ein Mitarbeiter wurde schwer verletzt.

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