
© H. Heine
Software für Universitätsklinik: Wer finanziert das Computersystem der Berliner Charité?
Die Charité braucht ein neues Krankenhaus-Informationssystem, die alte Software benötigt bald aufwendige Wartung. Doch die Klinik muss sparen – und der Senat auch.
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Berlins landeseigene Charité muss in den nächsten Monaten eine neue Software einführen – um auch künftig tausende Patienten pro Tag zu registrieren, zu versorgen und abzurechnen. Ein neues Krankenhaus-Informationssystem, im Fachjargon KIS, kostet schätzungsweise bis zu 200 Millionen Euro. Und doch ist offen, woher das Geld kommen soll.
Im Sparhaushalt des CDU-SPD-Senats ist das KIS der Universitätsklinik nicht vorgesehen. Das geht aus der Antwort von Wissenschaftsstaatssekretär Henry Marx (SPD) auf eine Anfrage der Abgeordneten Silke Gebel (Grüne) hervor, die dem Tagesspiegel vorab vorliegt.
System ist 20 Jahre alt
Doch auch an der defizitären Charité gilt ein Sparkurs. Man setze deshalb auf „Kreditfinanzierung“, schreibt der Staatssekretär. Dazu müsse man das Universitätsmedizingesetz novellieren, was „in Vorbereitung“ sei. Ob es zu der für einen Kredit nötigen Gesetzesänderung vor dem Jahreswechsel kommt, gilt allerdings auch in Koalitionskreisen als fraglich. Im neuen Jahr aber wäre die Zeit angesichts des Wahlkampfes äußerst knapp: Ab Frühjahr 2026 werden im Abgeordnetenhaus kaum noch gewichtige Entscheidungen gefällt, nach dem Sommer folgen die Berlin-Wahl und Koalitionsverhandlungen.
Sollte erst danach geklärt werden, wer das Krankenhaus-Informationssystem finanziert, könnte die Charité den Auftrag kaum rechtzeitig vergeben. Dann droht, dass die alte Software über 2027 hinaus verwendet wird, was wegen nötiger Wartungen technische Risiken birgt.
Hochschulzuschüsse gekürzt
Staatssekretär Marx schreibt mit Bezug auf das aktuell verwendete KIS: „Die Kernsysteme wurden vor über 20 Jahren eingeführt. Diese erreichen nun das Ende ihres Produktlebenszyklus.“ Für Diagnostik und Behandlung sowie „Forschung und Unterricht am Krankenbett“ brauche es ein solches Programm: „Ohne diese funktionierende Infrastruktur wird eine Behandlung auf akzeptablem Niveau nicht möglich sein.“
Weil die Zeit drängt, würde die Charité-Spitze gern im ersten Quartal 2026 entscheiden, welcher Anbieter den Zuschlag erhält. „Ein so großer Auftrag setzt voraus, dass es feste Finanzierungszusagen gibt“, sagte Gebel, die auch dem Gesundheitsausschuss des Abgeordnetenhauses vorsitzt. „Die schwarz-rote Koalition gefährdet die Arbeit im wichtigsten Krankenhaus des Landes – und das, nachdem sie schon die Hochschulzuschüsse gekürzt hat.“
Millionen-Defizit
Schwarz-Rot hatte von der rot-grün-roten Vorgängerregierung ein Finanzloch im Landesetat geerbt. CDU und SPD kürzten den Hochschulen die öffentlichen Zuschüsse. Die Charité wird in Forschung und Lehre deshalb Stellen streichen. Das Jahr 2024 schloss die Großklinik mit einem Minus von 87,4 Millionen Euro ab.
Ein Charité-Sprecher teilte mit, es handele sich um ein laufendes Vergabeverfahren, weshalb man sich nicht äußere. Man suche die wirtschaftlichste Lösung. Seit drei Jahren bemüht man sich am Hochschulkrankenhaus um ein neues KIS. Die Klage eines IT-Anbieters bezüglich der Ausschreibung wiesen Gerichte ab.
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