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Spar-Streit in der Berliner Koalition: Wenn die SPD die Kostenfreiheit beibehalten möchte, sollte sie nicht ganz so laut schreien
Die SPD vermutet hinter der neuen Bildungs-Streichliste eine politische Agenda und attackiert die CDU. Dabei haben die Sozialdemokraten selbst Anteil an der Finanzmisere.

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Angesichts der Summe ist die Aufregung schon fast überraschend: Acht Millionen Euro hat die Bildungsverwaltung als Streichposten identifiziert, indem sie Projekten die Förderung streicht. Acht Millionen von rund 40 Millionen, die im laufenden Haushalt noch im Bildungsbereich gespart werden müssen.
Acht Millionen von zwei Milliarden, die Berlin sparen musste. Peanuts würden da manche da sagen. Doch das gilt selbstverständlich nicht für die Betroffenen.
Die Aufregung entsteht dadurch, dass hinter den Streichposten viele engagierte Mitarbeiter stehen, soziale Träger, Projekte zur interreligiösen Verständigung und zur Sprachförderung von Kindern – und die Urania. Ein Ort, der seit 1888 der niedrigschwelligen Wissensvermittlung verschrieben hat.
„Hier wird eine Berliner Institution zerstört“, sagt die Chefin, die über die Kürzungen offiziell noch gar nichts wusste. Viele andere Träger haben davon am Donnerstag aus dem Checkpoint erfahren. Genau das hatte die Bildungsverwaltung eigentlich verhindern wollen, wieder einmal ist die Kommunikation missglückt. Was nicht unbedingt zur Vertrauensbildung beiträgt, um es vorsichtig zu formulieren.
Doch die SPD bleibt nicht beim allgemeinen Aufschrei: „Hinter den einseitig beschlossenen Sparplänen muss eine politische Agenda stehen“, sagte die SPD-Bildungsexpertin Maja Lasić. Wohlgemerkt über ihren Koalitionspartner CDU. Der Vorwurf: Es sollen nun ungeliebte Projekte gestrichen werden, die man auf anderem Wege nicht losgeworden ist. Dahinter steckt ein Streit um zwei Projekte, deren Finanzierung in der Tat Fragen aufwirft, die in den nächsten Tagen geklärt werden müssen. Eine Agenda oder gar eine politische Linie ist in der Liste allerdings nicht erkennbar.
40 Millionen Euro muss die Bildungsverwaltung noch einsparen. Man kann grundsätzlich infrage stellen, ob man den Bildungsbereich nicht hätte ausklammern können – wie ursprünglich mal vom Regierenden Bürgermeister Kai Wegner (CDU) versprochen, bevor seine private Beziehung zur Bildungssenatorin öffentlich wurde. Sie von den Einsparungen auszunehmen, hätte zumindest ein Geschmäckle gehabt, das sich alle Beteiligten durch einen in der Tat überschaubaren Betrag ersparen wollten.
Zur Wahrheit gehört aber auch, dass die SPD einen großen Anteil an der aktuellen Finanzmisere hat. 28 Jahre lang hat sie das Bildungsressort geführt und ein Chaos der Förderung hinterlassen, teilweise mit Doppelstrukturen zwischen den Senatsverwaltungen, bei denen niemand mehr durchblickt. Jahrelang wurden einzelne Förderposten nicht hinterfragt.
Und gleichzeitig das Geld überall mit der ganz großen Gießkanne verteilt. Wenn die SPD die Kostenfreiheit in allen Bereichen der Bildung beibehalten möchte – von der Kita bis zum Hort, vom Schulessen bis zum BVG-Ticket – dann sollte sie vielleicht nicht ganz so laut schreien.
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