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SPD Berlin im „Kampf gegen die Mietmafia“: Steffen Krach mit 100 Prozent zum Spitzenkandidaten seiner Partei gewählt
Am Sonnabend hat die Berliner SPD ihren Spitzenkandidaten offiziell gekürt. Krach kündigte Verbesserungen für Familien an – und einen Kampf gegen die „Mietmafia“.
Stand:
Der SPD-Politiker Steffen Krach ist mit 100 Prozent Zustimmung zum Spitzenkandidaten seiner Partei für die Abgeordnetenhauswahl 2026 gewählt worden. Bei der Abstimmung per Akklamation auf dem Landesparteitag am Sonnabend gab es keine Gegenstimmen oder Enthaltungen. Im Anschluss an die Abstimmung gab es langanhaltenden Applaus.
„Ich bin überwältigt“, sagte Krach. „Es wird ein langer Wahlkampf, aber ich glaube, wir haben heute gesehen, was in uns steckt“, sagte er an die Delegierten gerichtet.
Zuvor hatte Krach in seiner Rede angekündigt, er wolle Berlin zur Familienmetropole Europas machen – mit sauberen Spielplätzen, einer besseren Versorgung durch Kinderärzte und einer „vernünftigen Infrastruktur“.
„In dieser Stadt leben über 370.000 Familien und über 630.000 Kinder. Sie alle sollen hier ein gutes Leben führen können“, sagte er.
Ich will das Rote Rathaus von der CDU zurückholen.
Steffen Krach, Spitzenkandidat der Berliner SPD
In Paris habe er gesehen, was die Stadt vor den Schulen erreicht habe. „Da würde keiner sich hinstellen und sagen, das wollen wir nicht. Außer möglicherweise Frau Bonde“, sagte er mit Blick auf die aktuelle Verkehrssenatorin Ute Bonde (CDU), deren Verkehrspolitik er als „gescheitert“ bezeichnete. Paris hat vor vielen Schulen verkehrsberuhigte Bereiche eingeführt und die Straßen begrünt.
Familienfreundlichkeit bedeute eine bezahlbare Stadt, in der sich Familien mit kleinem Geldbeutel ein gutes Leben für sich und ihre Kinder leisten könnten, sagte Krach. Egal, ob Alleinerziehende, Patchworkfamilien, Mann und Frau, queere Familien, kleine oder große.
Einzug zu „Bella Ciao“
Nach einer turbulenten, von inneren Erschütterungen geprägten Woche rissen sich die Berliner Sozialdemokraten am Parteitag zusammen. Begleitet von lang anhaltendem Applaus und zum antifaschistischen Lied „Bella Ciao“ lief Krach gemeinsam mit den ehemaligen SPD-Regierenden Berlins Walter Momper, Klaus Wowereit und Franziska Giffey in den Saal ein.
Nach der einstimmigen Nominierung winkten Genossen mit Blick auf Parallelen zu Martin Schulz, der 2017 bei der Nominierung als Kanzlerkandidat ebenfalls 100 Prozent erhalten und im Anschluss dennoch ein historisch schlechtes Wahlergebnis erhalten hatte, ab. Im Gegenteil: Die Berliner Genossen zeigten sich erleichtert, dass der Parteitag trotz der Konflikte im Vorfeld reibungslos ablief.
Erst am vergangenen Wochenende war ein Beben durch die Berliner SPD gegangen, als der Neuköllner Bezirksbürgermeister Martin Hikel nach einer emotionalen Kreisdelegiertenkonferenz und einem Wahlergebnis von 68,5 Prozent erklärt hatte, nicht erneut in seinem Bezirk kandidieren zu wollen. Hikel ist auch Co-Landesvorsitzender der Berliner SPD.
Krach rief seine Partei vor dem Hintergrund dieser Ereignisse am Sonnabend zu Geschlossenheit auf. „Wir alle zusammen sind die SPD, wir brauchen die unterschiedlichen Flügel zum Fliegen“, sagte er.
Er wiederholte seinen Anspruch, trotz aktuell bescheidener Umfragewerte die Berliner SPD zum Wahlsieg zu führen: „Ich will das Rote Rathaus von der CDU zurückholen“, sagte er. Einen besonderen Schwerpunkt legte er auf das Thema bezahlbarer Wohnraum. „Das Thema Wohnen und Mieten ist die soziale Frage der Zukunft“, sagte er. Berlin müsse den „Kampf gegen das Treiben der Mietmafia“ konsequent führen. „Ich will, dass wir alle Register ziehen“, sagte Krach.
Kai Wegner läuft durch die Stadt, aber er regiert nicht, er besichtigt diese Stadt.
Steffen Krach (SPD) über den Regierenden Bürgermeister
Er forderte eine Sozialquote für private Vermieter und bessere Unterstützung für die Verwaltung, gegen Mietwucher vorzugehen. Er rief auch den Bund auf, ein „scharfes, gesetzliches Schwert mit hohen Bußgeldern“ zu schaffen. „Wir brauchen klare Botschaften an die Management-Etagen dieser skrupellosen Unternehmen. Systematischer Betrug muss strafrechtliche Folgen für die verantwortliche Person haben“, sagte er.
Krach attackiert Wegner
Den aktuellen Regierenden Bürgermeister Kai Wegner (CDU) griff Krach an. Er sehe Wegner, aber er sehe keinen Regierenden Bürgermeister. „Kai Wegner läuft durch die Stadt, aber er regiert nicht, er besichtigt diese Stadt“, sagte Krach.
Zu Beginn seiner Rede bezeichnete der SPD-Politiker die AfD als „größte Gefahr für unsere Demokratie“. Diese Partei stelle alles infrage, wofür die Sozialdemokratie seit 75 Jahren gekämpft habe. „Die AfD als Partei ist der Feind unserer Demokratie und den werden wir alle bekämpfen“, sagte er unter Applaus der Delegierten.
Hinter den Kulissen diskutierten die Delegierten die Vorfälle in Neukölln und die Entscheidung des Landesvorsitzenden Hikel, nicht mehr in seinem Bezirk zu kandidieren. Hikel selbst war zu Beginn des Parteitags nicht anwesend, hielt aber gegen Mittag eine kurze Ansprache, bevor er den Parteitag frühzeitig verließ.
Vertreter des linken wie pragmatischen Flügels äußerten am Rande des Parteitags Unmut über Hikel, der mit seiner Entscheidung auch der Gesamtpartei geschadet habe. Viele Funktionäre fragen sich, ob Hikel angesichts der Ereignisse bis zur geplanten regulären Neuwahl des Landesvorstands im Juni 2026 Landesvorsitzender bleiben kann. Denkbar wäre, dass etwa beim Parteitag im März, bei dem das Wahlprogramm beschlossen werden soll, auch vorgezogene Wahlen zum Landesvorsitz stattfinden. Gespräche dazu laufen, sind aber noch nicht entschieden.
Spitzenkandidat Krach appellierte am Sonnabend, innerparteiliche Debatten fair auszutragen. „Wenn wir uns selber streiten, dann wird es umso schwieriger nach außen deutlich zu machen, dass wir Geschlossenheit wollen“, sagte er. Der ehemalige SPD-Regierende Klaus Wowereit rief die Genossen dazu auf, Krach im Wahlkampf Beinfreiheit zu lassen. Nur so könne man auch Menschen außerhalb der Parteigrenzen erreichen.
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