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Koffer in Berlin. Fluggäste warten in Tegel öfter mal länger.

© imago stock&people

SPD will landeseigene Flugabfertiger: So sollen Dumpinglöhne am BER ausbleiben

Die SPD wünscht sich ein landeseigenes Unternehmen zur Gepäckabfertigung am neuen Flughafen. Damit sollen die Arbeitsbedingungen verbessert werden.

Neun Monate vor dem Eröffnungstermin für den BER ergreift die SPD im Abgeordnetenhaus Maßnahmen gegen das Gepäckchaos, das Flugreisende seit Jahren regelmäßig in Tegel erleben. Zugleich versucht die Fraktion, einen Schritt zu korrigieren, den ihre politischen Ahnen vor zwölf Jahren zu verantworten haben: Die Privatisierung der Bodenverkehrsdienste an den Flughäfen im Jahr 2008.

Damals regierten Klaus Wowereit (SPD) und Wirtschaftssenator Harald Wolf (Linke). Die landeseigene Flughafengesellschaft führte Rainer Schwarz. Er privatisierte 2008 die Bodendienstleistungen, um sie auf „Effizienz“ zu trimmen.

Lars Düsterhöft, arbeitsmarktpolitischer Sprecher der SPD-Fraktion, sagt dem Tagesspiegel-Newsletter „Checkpoint“: „Momentan haben wir ein El Dorado für Unternehmen, die sich gegenseitig in den Arbeitsbedingungen unterbieten.“ Als Beispiel nannte er den Dienstleister Wisag: 90 Prozent der Menschen würden dort in Teilzeit arbeiten, Mitarbeiter müssen geteilte Dienste akzeptieren. Die Krankenstände seien enorm hoch, die psychischen Belastungen auch – und die Qualität ist entsprechend mau, behauptete Düsterhöft.

Vor dem Hintergrund haben er und die Abgeordneten Jörg Stroedter, Tino Schopf und Bettina König einen Beschlussentwurf vorgelegt mit dem Ziel, mit der nächsten Lizenzvergabe im Jahr 2022 die Flugabfertigung zurück in die Hand des Landes zu bekommen und die Zahl der Firmen, die die Passagiere abfertigen, von drei auf zwei zu reduzieren. Dazu müssten die Flughafen Berlin Brandenburg GmbH (FBB) ein Abfertigungsunternehmen erwerben – oder gründen, hieß es.

Die Folgen des damaligen Verkaufs der FBB-eigenen Tochter Globeground sei, „dass die aktuellen Abfertigungsprozesse sowohl in Tegel und Schönefeld qualitativ auf einem nicht akzeptablen Niveau sind“, schreiben die Abgeordneten zur Begründung. „Die am Flughafen praktizierenden Unternehmen verfolgen weniger das Interesse unserer Wirtschaftsregion einen stabilen Flugverkehr sicher zu stellen, sondern sind an den maximalen Profiten interessiert.“

Andere Städte arbeiten seit Jahren mit Tochterunternehmen

Als positives Gegenbeispiel verweisen die Landespolitiker auf Deutschlands größte Verkehrsflughäfen Frankfurt am Main und München, wo man seit Jahren mit eigenen Tochterunternehmen stabile Abfertigungsprozesse habe und mit der Gewerkschaft Verdi hohe Sozialstandards für Beschäftigte vereinbart habe, die auf alle Mitarbeiter auf dem Vorfeld angewendet werden würden.

Weder Flughafengesellschaft noch Senat äußerten sich am Dienstag vor Redaktionsschluss zu diesem Vorstoß. Doch die Chancen stehen womöglich nicht schlecht: Erst vergangene Woche wurde bekannt, dass man bei den Flughäfen offenbar fürchtet, dass nicht genügend Mitarbeiter der privaten Dienstleister den Umzug von Tegel an den BER mitmachen könnten. Ihnen könne die Motivation fehlen, für einen Job mit niedrig bezahlten Stundenlohn durch die ganze Stadt zu fahren.

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