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Streit um Bauprojekt am Berliner Gleisdreieck: Senat entzieht Bezirk Kreuzberg das Planungsrecht
Der Senat will beim Städtebauprojekt „Urbane Mitte“ am Gleisdreieckpark Tempo machen – und will dem Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg dafür das Planungsrecht entziehen. Gegenwind gibt es von Grünen und Linken.
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Der Berliner Senat entzieht Friedrichshain-Kreuzberg die Planungen für eines des größten Bauvorhabens in dem Bezirk. Künftig wird die „Urbane Mitte“, auf dem unter anderem mehrere Büro-Hochhäuser am Rande des Gleisdreiecksparks entstehen sollen, direkt von der Senatsbauverwaltung betreut. Zu diesem Zweck will der Senat das Areal zu einem Gebiet mit „außergewöhnlicher stadtpolitischer Bedeutung“ erklären, wie Bausenator Christian Gaebler (SPD) am Dienstag sagte.
Um die Entwicklung des Gebiets gibt es seit Jahren Streit zwischen Bezirk und Senat. Letzter wirft dem Bezirksamt vor, die Planung absichtsvoll zu verschleppen, um das Bauvorhaben zu verhindern. Der Bezirk argumentiert unter anderem, dass er die Planungen derzeit gar nicht vorantreiben könne. Mitten durch das Areal soll in Zukunft die neue S-Bahnlinie 21 verlaufen. Solange die genaue Trassenführung nicht feststehe, könne die Bauplanung nicht weitergehen.
Klar ist aber auch: Baustadtrat Florian Schmidt (Grüne) und auch eine Mehrheit in der Bezirksverordnetenversammlung (BVV) stehen dem gesamten Projekt, das unter anderem sieben bis zu 90 Meter hohe Bürotürme vorsieht, kritisch gegenüber und verlangen eine Neuplanung. „Der Bezirk und die BVV Friedrichshain-Kreuzberg hätten gerne überprüft, ob die Planung zur ‚Urbanen Mitte‘ noch zeitgemäß ist und ob sie angepasst hätte werden können“, sagte Schmidt dem Tagesspiegel. „Sie steht seit längerem stark in der Kritik – städtebaulich, ökologisch und konzeptionell. Es ist auch fraglich, ob derart viel zusätzlicher Büroraum überhaupt am Markt abgenommen wird.“
Bausenator Gaebler: „Wir leben in einem Rechtsstaat“
Senator Gaebler verweist hingegen auf einen städtebaulichen Vertrag zwischen Senat, Bezirk und dem damaligen Eigentümer aus dem Jahr 2005. Dieser umfasst neben der Entwicklung der „Urbanen Mitte“ für Bürozwecke, auch die Übertragung des Gleisdreieck-Parks an das Land Berlin sowie die Entwicklungen dreier weiterer Baufelder mit Wohnungen. Die „Urbane Mitte“ ist das letzte Baufeld aus dem Vertrag, das noch nicht realisiert wurde.
„Wir leben in einem Rechtsstaat“, sagte Gaebler am Dienstag. „Der Bezirk will am liebsten gar nicht bauen. Das Problem ist: Man hat etwas anderes vereinbart.“ Gaebler verwies darauf, dass die Zusage für den Bau von Büroimmobilien eng an den Bau von Wohnungen und die Rückgabe des Parks in Landeshand geknüpft war. Es bestünde ein „Risiko“, dass der Park wieder in Investorenhand zurückgehe, wenn Berlin sich nicht an seine Zusagen halte. Gaebler betonte, dass es bei dem Bau um bereits versiegelte Flächen gehe. Zudem wolle man mit dem Investor ausloten, ob doch ein geringer Teil für Wohnraum genutzt werden könne.
Friedrichshain-Kreuzbergs Bezirksbürgermeisterin Clara Herrmann (Grüne) kritisierte die Ankündigung des Senats auch in Hinblick auf andere Konflikte. „Mit der Entscheidung zur ‚Urbanen Mitte‘ greift der Senat in die originäre Zuständigkeit des Bezirks ein – wieder einmal“, sagte Herrmann dem Tagesspiegel. Die Eingriffe würden sich häufen: „Ob beim Bau eines Zaunes in unserer Grünanlage oder bei Bauprojekten, immer wieder zieht der Senat Projekte an sich, die bei den Bezirken liegen. Das ist kein gutes Omen für die Verwaltungsreform, die wir gerade miteinander verhandeln.“
Die stadtentwicklungspolitische Sprecherin der Fraktion Die Linke in der BVV Friedrichshain-Kreuzberg, Gaby Gottwald, kritisierte das Vorgehen vor allem inhaltlich. „Der Senat betreibt weiterhin Investorenpolitik, verkauft diese der Öffentlichkeit als städtisches Gesamtinteresse und setzt sich dabei über das kommunale Planungsrecht hinweg“, teilte sie am Dienstag mit. „Stadtentwicklungspolitisch betrachtet ist dieser Vorgang unappetitlich, in planungsrechtlicher Hinsicht ist er fahrlässig und für den Berliner Senat ist er rundum beschämend.“
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