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Ein Teil der Ausstellung „Stadt für alle“ im Deutschen Architekturmuseum.

© dpa/Boris Roessler

Wiedereröffnung des Deutschen Architekturmuseums: Berlin sollte beim Bauen mehr Bürgerbeteiligung wagen

Die neue Ausstellung in Frankfurt zeigt, wie gute Stadtplanung aussehen könnte. Die Ideen dazu wurden nicht zuletzt in Berlin entwickelt. Wieso werden sie hier nicht umgesetzt?

Nikolaus Bernau
Ein Kommentar von Nikolaus Bernau

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In Frankfurt am Main hat das Deutsche Architekturmuseum nach längerer Sanierungs- und Umbauzeit just seine Tore wieder eröffnet. Glückwunsch. Auch zur neuen Ausstellung, die sich mit dem Planen der Stadt durch deren Bürger beschäftigt, mit jenem bunten Instrumentenstrauß, der in der inzwischen ja auch schon ein halbes Jahrhundert währenden Partizipationsdebatte entwickelt wurde. Und zwar in Deutschland, nicht zuletzt – in Berlin.

Man erinnere sich an die West-Berliner Internationale Bauausstellung von 1987, an den unermüdlichen Kampf des unvergessenen Architekten Hardt Walther Hämer gegen raffgierige Investoren und Großkonzerne sowie Politiker, die behaupteten, mit immer neuem „Bauen, Bauen, Bauen“ ließen sich alle Probleme lösen. Man erinnere sich auch an die Widerständigkeit, die Wohnungsbesetzungen und ersten Spontangärten, die in den 1980ern den Prenzlauer Berg oder Friedrichshain vor den Abrissplänen der DDR-Granden retteten. Das alles war so viel moderner, zukunftsweisender als all die Luxusbauten mit bodentiefen Fenstern und viel Plastikisolierung.

Mehr Effizienz durch Partizipation

Zwar verzweifeln immer noch manche Architekten, Planer und Politiker an der angeblich Effizienz verhindernden Sturheit von angeblich irrationalen Bürgermeinungen. Sie sollten eher dankbar sein, haben sie damit doch neben der Hetze auf Natur-, Umwelt- und Denkmalschutz eine weitere herrliche Rechtfertigung für Zeitverzug und Kostensteigerungen. Und die Schweiz, Dänemark, die Niederlande zeigen seit Jahrzehnten, dass gut organisierte, frühzeitige Beteiligung der Bürger meistens (nicht immer selbstverständlich!) Vertrauen schafft, neue Ideen hervorbringen kann, Einsprüche reduziert und gerade schneller planen lässt – wenn auch sicher nicht so schnell wie totalitäre Regime etwa in China, deren Planungen Eigentum, Umweltschutz und Bürgerrechte ignorieren können.

Auch die Klage mancher Bürger und selbstverständlich populistischer Politiker von links bis rechts, „die Bürger“ hätten doch gar keinen Einfluss, ist schlichtweg Blödsinn. Es war besonders das vielgescholtene, angeblich bürgerferne EU-Parlament, das immer wieder die Bürgerbeteiligung zum Modell auch im Bauen machte. Übrigens oft gegen den Widerstand der deutschen Bau- und Wirtschaftslobbyisten. Ein Hoch auf die EU also, auch wenn es um Bürger-Planungsrechte geht.

Es bleibt eine Frage: Traut sich die Senatsbauverwaltung, die Frankfurter Ausstellung nach Berlin zu holen? Sie beruht übrigens auf dem hervorragenden, mit dem DAM-Preis 2022 ausgezeichneten Buch „Die Stadt für alle“ von Osamu Okamura. David Böhm, Jiří Franta und Lena Dorn. Gezeigt werden könnte die Ausstellung, stark komprimiert, etwa in jenem Saal, der an der Stelle der einstigen Bauakademie steht und dort von einer ganz und gar staatshierarchischer Planungskultur erzählt. Kontraste beleben bekanntlich die Debatte. 

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