zum Hauptinhalt
Der Entwurf für die neuen Messehallen auf dem Vorfeld des Flughafen Tempelhofs.

© EUREF Consulting/Guenter Wicker

„Think Big“ in Berlin?: So diskutiert die Wirtschaft über Pläne für die Messe in Tempelhof

Sechs neue und CO₂-freie Messehallen auf dem Vorfeld. Am Montag sprachen die Euref-Macher mit der Wirtschaft und Politik über das Für und Wider eines neuen Messestandortes am ehemaligen Flughafen.

Stand:

Den Ton am Montag in der Sky Lounge des Gasometers setzte Euref-Campus-Gründer Reinhard Müller recht schnell: „Think Big. Wir sind Hauptstadt und Metropole“, sagte er. Man müsse also groß denken und nicht immer nur jammern, „wir haben kein Geld.“

Vorgestellt und diskutiert wurde im frisch eröffneten Industriedenkmal in Schöneberg die kürzlich in die Öffentlichkeit gebrachte und durchaus umstrittene Vision der Euref AG für den ehemaligen Flughafen Tempelhof. „Nicht für das Tempelhofer Feld“, wie Karin Teichmann, Sprecherin des Euref-Vorstands, betonte.

Im Blick ist das einstige Flughafengebäude und die anliegende Betonfläche. Darauf könnte ein neuer Messe-Standort mit sechs Hallen errichtet werden, dazu drei Hotels mit je 500 Zimmern, zwei Sporthallen und eine drehbare Bühne, die nach innen und nach außen, zur Seite des Tempelhofer Feldes ausgerichtet werden könne, skizzierte Teichmann.

Messen, Kongresse, Konzerte und Sport sollen nach den Plänen dort stattfinden.

© EUREF Consulting

Die alten, teils maroden Hallen auf dem Messegelände sollen nach Müllers Vision abgerissen und die Fläche vermarktet werden, um Geld für die Neubauten und die Sanierung des Flughafengebäudes zu erwirtschaften. Der Preis dafür war schon vor Jahren mit 500 Millionen Euro veranschlagt worden. 

In wechselnder Besetzung diskutierten die Akteure verschiedener Branchen über das Konzept.

© Tanja Buntrock

Eingeladen waren nun Beteiligte der Branchen und die Politik, um über Für und Wider zu sprechen. Hier wäre vor allem die Messe GmbH, die ja mehr oder weniger die Koffer packen und nach Tempelhof ziehen soll, wenn es nach Müllers Plänen geht, gefragt. Doch von der Messe war niemand anwesend. Man kommentiere die Pläne auch nicht, sagte Messe-Sprecher Emmanuel Höger dem Tagesspiegel.

Idee genauer untersuchen

Der Bezirksbürgermeister von Tempelhof-Schöneberg, Jörn Oltmann (Grüne), fand, „die Ideen als solche, sind es erstmal wert, genauer untersucht zu werden“, sagte er dem Moderator der Runde, „Morgenpost“-Chefredakteur Peter Schink.

6
Messehallen sollen neu gebaut werden auf dem Rollfeld in Tempelhof

Matthias Trunk, Vorstand der Gasag AG, betonte die „interessante Kombination“ von Bestands- und Neubau. Wenn die Gasag zum Zuge käme, entstünde der „erste CO₂-freie Messestandort weltweit“. Ein echtes Alleinstellungsmerkmal könne das werden.

Der Vorstandsvorsitzende der Euref AG Reinhard Müller auf der Baustelle des Gasometers am Euref-Campus Berlin-Schöneberg (2022).

© Tagesspiegel/David Heerde

Auch der Präsident der Hotellerie und Gaststätten (Dehoga), Christian Andresen, ist angetan. Denn der Messe- und Kongressstandort Berlin kränkelt, die Zahlen seien längst noch nicht wieder dort, wo sie vor der Pandemie waren. „Messen und Kongresse machen etwa 50 Prozent unseres Geschäfts aus.“

Wir haben uns überlegt. Was können wir für diese Stadt tun?

Reinhard Müller, Euref-Gründer und Vorstand der Euref AG

Müller erzählt, wie die Idee überhaupt zustande gekommen war. Zusammen mit Unternehmer Werner Gegenbauer habe er zehn weitere Unternehmer zum Abendessen eingeladen. „Wir haben uns überlegt. Was können wir für diese Stadt tun?“ Er könne es nur nicht mehr hören, dass Skeptiker „von Milliardensummen“ sprechen, die da investiert werden müssten. Müller gehe von rund 800 Millionen aus. „Sorry, aber mit Kosten kennen wir uns aus“, sagte der Euref-Gründer.

„Um die Finanzierung mache ich mir als Bank keine Sorgen“, ergänzte der Chef der Investitionsbank Berlin, Hinrich Holm. Schließlich sei dies ein Konzept, das Gäste und somit Geld nach Berlin bringt.

„Angebot an die Stadtgesellschaft“

Das sah auch Kaweh Niroomand, Manager der BR Volleys, so. Das Konzept sei ein „Angebot an die Stadtgesellschaft“, ein großer „Big Bang“. Allerdings gelinge das nur, wenn Politik und Privatwirtschaft gemeinsam wirken.

Es gab bislang ein Sammelsurium an Nutzungen, die teilweise nicht stimmig sind.

Christian Gaebler, Stadtentwicklungssenator (SPD)

Damit lag metaphorisch gesprochen der Ball im Feld von Stadtentwicklungssenator Christian Gaebler (SPD). Er gab zu, dass das Gelände in der Vergangenheit „verwaltet“ wurde, ein „Sammelsurium an Nutzungen, die teilweise nicht stimmig sind“. Das Konzept werde er auf jeden Fall zur Diskussion in den Senat einbringen. Das Engagement der Privatwirtschaft müsse sich im Sinne der sozialen Marktwirtschaft aber vertragen mit den Bedürfnissen der Bürger.

Aus dem Publikum meldete sich der ehemalige Stadtentwicklungssenator Peter Strieder (SPD), der das Konzept „großartig“ findet und Gaebler eine Idee mitgab: Auf dem jetzigen Messegelände in Westend könne man das „Wohnungsnotproblem mit erledigen“, indem man dort Achtgeschosser baue.

Das wollte einstige Bundesministerin Renate Künast (Grüne) nicht unkommentiert lassen. Schließlich war von 500 Lkw pro Tag auf dem Tempelhofer Damm die Rede, wenn in Tempelhof Messeaufbau stattfindet. Da könne man die Bürger und eine Beteiligung, gerade in Zeiten von Politikverdrossenheit, nicht außen vor lassen. „Die Bürgerbeteiligung zum Tempelhofer Feld zu ignorieren, wird sich hier rächen“, rief Künast Senator Gaebler aus dem Publikum zu.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
false
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })