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Hatte bei den Grünen viele Rollen: Renate Künast.

© dpa/Soeren Stache

Exklusiv

„Es ist Zeit, um Platz für Jüngere zu machen“: Renate Künast kündigt Rückzug aus der aktiven Politik an

Sie war Grünenchefin, Fraktionsvorsitzende und Landwirtschaftsministerin. Doch nach der nächsten Bundestagswahl soll nun Schluss sein für Renate Künast.

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Es ist eine Zäsur für die Grünen: Die Berliner Abgeordnete Renate Künast wird dem nächsten Bundestag nicht mehr angehören. Sie werde sich bei der Bundestagswahl im kommenden Jahr nicht mehr um ein Mandat bemühen, kündigte Künast in einem Brief an die Grünen-Landesvorsitzenden und ihren Kreisverband in Tempelhof-Schöneberg an, der dem Tagesspiegel exklusiv vorliegt. „Es ist Zeit, um Platz für Jüngere zu machen“, schreibt die 68-Jährige darin.

Künast hat die Grünen vor allem in Berlin entscheidend mitgeprägt. 1979 trat sie noch als Jura-Studentin der Berliner Alterntiven Liste (AL) bei, die später mit Bündnis 90 zum Grünen-Landesverband fusioniert wurde. Bereits 1985 wurde sie erstmals mit der AL ins Berliner Abgeordnetenhaus gewählt und war in den 90er Jahren lange auch Fraktionsvorsitzende.

Realo-Grüne Künast

In dieser Zeit erlebte Künast auch den Mauerfall in Berlin und den Zusammenbruch der DDR. „Wir haben 1990 versucht, die beiden Hälften der Stadt auf demokratische Weise zusammen zu bringen“, erinnert sie in ihrem vierseitigen Abschiedsbrief. Darin übt sie auch Selbstkritik: „Auch ich habe danach in Berlin und bundesweit nicht das ausreichende Bewusstsein gehabt, dass die gesellschaftliche Einheit und gleiche sowie respektvolle Teilhabe in demokratischen Strukturen, ein langwieriger und jahrzehntelanger Prozess ist.“

Für Künast blieb Berlin aber nur ein Zwischenschritt. Im Jahr 2000 wurde die Realo-Grüne gemeinsam mit Fritz Kuhn zur Parteivorsitzenden gewählt. Bereits ein Jahr später wurde sie jedoch schon Bundesministerin für Landwirtschaft, Verbraucherschutz und Ernährung in der rot-grünen Regierung unter Bundeskanzler Gerhard Schröder.

Konsequente Landwirtschaftsministerin: Bei der Moma-Ausstellung 2004 soll ihr Lieblingsobjekt die Ziege von Picasso gewesen sein.

© Mike Wolff TSP

Als „Renate-Granate“, bezeichnete der SPD-Politiker sie damals, ihr Parteifreund Jürgen Trittin – damals Umweltminister – nannte Künast „grüne Allzweckwaffe“. Tatsächlich machte sich Künast mit ihrem BSE-Krisenmanagement und der Agrarwende einen Namen. Selbst der damalige Prinz Charles wurde auf Künast aufmerksam und lud sie auf seinen Landsitz in Highgrove ein.

Ich bleibe Politikerin, Euch erhalten und schaue mal welche Aufgaben noch so kommen.

Grünen-Politikerin Renate Künast in ihrem Abschiedsschreiben.

„Ein Thema, das mich nicht mehr losgelassen hat“, schreibt sie selbst über ihre damalige Aufgabe. Tatsächlich ist die leidenschaftliche Hobby-Köchin auch fast 20 Jahre nach ihrer Zeit als Ministerin Sprecherin der Grünen für Landwirtschaft und Ernährung und engagierte sich umfassend bei der neuen Ernährungsstrategie der Bundesregierung.

„Wir müssen die Zahlungen an die Landwirtschaft neu ausrichten, Anreize setzen für Klimaschutz, Boden- und Gewässerschutz und den Schutz von Artenvielfalt“, schreibt Künast in ihrem Brief und kündigt an, sich dafür und für das Kindermarketinggesetz für überzuckerte Lebensmittel bis zum Ende der Legislatur einsetzen zu wollen.

Nach dem Ende von Rot-Grün konnte sich Künast als Fraktionsvorsitzende halten. Der Erfolg kam ihr jedoch zunehmend abhanden. Ihre Kandidatur für das Amt der Regierenden Bürgermeisterin scheiterte 2011 klar und auch der Versuch, 2013 Spitzenkandidatin für die Bundestagswahl zu werden, misslang.

In den vergangenen Jahren kämpfte Künast zunehmend gegen Hass im Netz. „Hass und Hetze werden für mich gefühlt seit mehr als zehn Jahren systematisch und orchestriert betrieben“, schreibt Künast, die Beleidigungen immer wieder mit Erfolg zur Anzeige gebracht hat. So ganz loslassen von der Politik wird Künast wohl auch nach 2025 nicht: „Ich bleibe Politikerin, Euch erhalten und schaue mal welche Aufgaben noch so kommen.“

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