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Demonstranten stehen mit einem Banner „Rechten Terror stoppen“ vor dem Gebäude des Kriminalgerichts Moabit.

© dpa/Christian Ender

U-Ausschuss zu rechten Anschlägen in Neukölln: Keine konkreten Hinweise auf Verfehlungen der Staatsanwaltschaft

Im Berliner Abgeordnetenhaus neigt sich der Ausschuss zur rechten Anschlagsserie dem Ende zu. Nach Befragungen der Staatsanwälte gibt es kaum Hinweise auf absichtliche Versäumnisse – aber teils auf bemerkenswerte Erinnerungslücken.

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Der parlamentarische Untersuchungsausschuss zur rechten Anschlagsserie in Berlin-Neukölln hat den dritten großen Beweiskomplex abgeschlossen: Nach Betroffenen und Polizei befragten die Abgeordneten am Freitag als letzten Vertreter der Staatsanwaltschaft den früheren stellvertretenden Generalstaatsanwalt und aktuellen Justizstaatssekretär Dirk Feuerberg.

In einer Pressekonferenz zogen die Abgeordneten im Anschluss ein recht einheitliches Fazit: „Die Arbeit der Generalstaatsanwaltschaft lässt sich als vorbildlich und professionell bewerten – und man hat gesehen, dass die hartnäckige Arbeit Früchte getragen und erstmals zu Verurteilungen im Neukölln-Komplex geführt hat“, sagte der Ausschussvorsitzende Vasili Franco (Grüne).

Weniger eindeutig sei hingegen die Bewertung der Staatsanwaltschaft, die die Verfahren aus der rechten Anschlagsserie zuvor bearbeitet hatte. Tatsächliche Hinweise auf absichtliche oder politisch gewollte Verfehlungen gebe es allerdings nicht.

Die Berliner Generalstaatsanwaltschaft hatte das Verfahren 2020 an sich gezogen. Kurz zuvor war ein Chat eines der Hauptverdächtigen öffentlich geworden, in dem er behauptete, man habe bei der Staatsanwaltschaft nichts zu befürchten. „Der ist auf unserer Seite“, hatte Tilo P. über den Oberstaatsanwalt F. geschrieben, der damals die Abteilung Staatsschutz und damit auch die Ermittlungen im Neukölln-Komplex geleitet hatte.

Damit stand der Vorwurf einer möglichen Befangenheit im Raum – für die sich allerdings nie Belege fanden. Auch F. selbst stritt die Vorwürfe im Untersuchungsausschuss ab.

Wenn so jemand fünf Jahre lang die Abteilung Staatsschutz leitet, braucht man sich hinterher nicht zu wundern, dass rechtsextreme Fälle nicht aufgeklärt wurden.

André Schulze, Grüne, über die Befragung des Oberstaatsanwalts Ralph Knispel

F. wurde damals versetzt, das Verfahren landete bei der Generalstaatsanwaltschaft. Unverständlich sei für ihn allerdings gewesen, sagte Dirk Feuerberg in seiner Befragung, dass die Vorgänge von Seiten der Generalstaatsanwältin Margarete Koppers detailliert öffentlich gemacht worden sein. Damit sei viel Vertrauen auch innerhalb der Behörde zerstört worden.

Nachdem die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft jahrelang ergebnislos geblieben waren, kam durch die Übernahme der Generalstaatsanwaltschaft Bewegung in das Verfahren. „Es zieht niemand mehr in Zweifel, dass es die Übernahme durch die Generalstaatsanwaltschaft ein richtiger Schritt war, nicht nur wegen der öffentlich diskutierten Vorwürfe, sondern auch weil dadurch erst die Akten gebündelt wurden“, sagte der Linken-Abgeordnete Damiano Valgolio.

Teils bemerkenswerte Erinnerungslücken

Zuvor waren die Akten aus dem Komplex zwar von der Polizei konzentriert, aber von der Staatsanwaltschaft auf unterschiedliche Personen verteilt bearbeitet worden. Erst durch die gemeinsame Betrachtung sei schließlich das größere Bild klar und Indizien aus verschiedenen Fällen zusammengeführt worden, sagte Feuerberg ebenfalls in seiner Befragung.

Erst das habe wohl letztlich ein Urteil ermöglicht. Feuerberg erklärte aber auch, dass aus seiner Sicht die Staatsschutzabteilung der Staatsanwaltschaft dazu gar nicht in der Lage gewesen sei, weil Personal und die nötigen Instrumentarien gefehlt hätten. Zudem sei die Abteilung mit vielen kleinen Verfahren zu minderschweren Delikten, etwa aus der Fußballszene, völlig überlastet gewesen.

Die Abgeordneten kritisierten in ihrer Bilanz allerdings auch, dass einige Vertreter der Staatsanwaltschaft „bemerkenswerte Erinnerungslücken“ hätten: So habe der frühere Leiter der Abteilung Staatsschutz, Ralph Knispel, einen „erschreckenden Auftritt“ hingelegt, sagte der Grünen-Abgeordnete André Schulze. Obwohl er für den Neukölln-Komplex zuständig gewesen sei, habe er sich an keines der Verfahren und auch nicht an die leitenden Ermittler erinnern können.

„Wenn so jemand fünf Jahre lang die Abteilung Staatsschutz leitet, braucht man sich hinterher nicht zu wundern, dass rechtsextreme Fälle nicht aufgeklärt wurden“, sagte Schulze. Zudem habe bei vielen Staatsanwälten ein Fehlerbewusstsein dafür gefehlt, dass eine konzentrierte Bearbeitung der Straftatenserie im Nachhinein besser gewesen wäre.

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