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Michael Krömer während seiner Dienstzeit als Vize-Polizeipräsident 2018.

© imago/Reiner Zensen

Untersuchungsausschuss zu rechten Anschlägen in Neukölln: „Im Nachhinein hätten wir früher und intensiver reagieren müssen“

Der Ausschuss im Berliner Abgeordnetenhaus hat am Freitag Polizeikräfte angehört. Der frühere Direktionsleiter Michael Krömer äußerte sich auch selbstkritisch.

Im Nachhinein sei es immer leichter, Vorgänge zu bewerten, sagte der frühere Polizeibeamte Michael Krömer. Und räumte ein: „Wir hätten personell frühzeitiger, intensiver reagieren müssen vor Ort.“ Krömer stellte sich am Freitag den Fragen der Abgeordneten im Untersuchungsausschuss zur rechten Anschlagsserie in Neukölln.

Er war unter anderem 2015 bis Anfang 2018 Leiter der damaligen Polizeidirektion 5, später amtierte er einige Zeit als Vize-Polizeipräsident in Berlin. Als Direktionsleiter war Krömer für die Polizeiarbeit im Neuköllner Süden zuständig. Im Sommer 2016 beschloss er, die dortige Eingreifgruppe Rechts (EG Rex) einstellen zu lassen. Diese Gruppe war seit 2009 in Neukölln eingesetzt, um gegenüber Tätern und Betroffenen der rechten Anschläge Präsenz zu zeigen.

Da er dringend Funkstreifenpersonal benötigte und parallel die rechten Straftaten zurückgegangen seien, habe er die Einstellung der EG Rex für richtig gehalten, sagte Krömer. Stattdessen habe er durch eine sogenannte Regional-Ansprechperson (RAP) alle Beamt:innen der Direktion sensibilisieren wollen.

Wissen nicht weitergegeben

„Die Fokussierung auf die EG Rex barg aus meiner Sicht das Risiko, dass alle anderen Beamten sagen: Das ist nicht mein Thema, das machen die doch schon“, begründete Krömern seine Einschätzung. Die im Anschluss im Ausschuss angehörte Beamtin M., die als RAP eingesetzt war, widersprach allerdings: Fortbildungsmaßnahmen gegenüber Polizeikräften habe sie gar nicht durchgeführt.

Auch sei der Wissenstransfer von der EG Rex zu ihr nicht ausreichend gewesen, so M. weiter. Ihre Funktion bezeichnete sie als „gescheitert“, da auch die Betroffenen mit ihr nicht zusammengearbeitet hätten. Die Abgeordneten, etwa der Grünen-Vertreter André Schulze, kritisierten, dass M. keine Szenekenntnisse und daher gar nicht die nötigen Kompetenzen für den Job als Ansprechperson gehabt habe.

Die Fokussierung auf die EG Rex barg aus meiner Sicht das Risiko, dass alle anderen Beamten sagen: Das ist nicht mein Thema, das machen die doch schon.

Michael Krömer, früherer Direktionsleiter, über seine Motive zur Einstellung der Eingreifgruppe

Nur vier Monate nach Einrichtung der RAP Rex beschloss Krömer nach eigener Schilderung spontan, die EG Rex – nun als Operative Gruppe, OG Rex – wieder einzusetzen. Bei einem Gespräch mit zwei Betroffenen der Anschlagsserie sei ihm schlagartig klar geworden, wie sich die Einstellung der EG Rex auf die Betroffenen ausgewirkt habe.

Noch während des Gesprächs habe er die Gruppe wieder einsetzen lassen, die dann ab März 2017 auch wieder tätig wurde. „Das war eine absolute Spontanreaktion, die ich in den gut vier Jahrzehnten vorher bei mir nicht festgestellt hatte“, sagte Krömer.

Der Untersuchungsausschuss soll mögliche Pannen und Ermittlungsfehler in einer Serie rechtsextremer Anschläge in Neukölln aufdecken. Dieser Serie werden mindestens 72 rechte Straftaten seit 2013 zugerechnet, darunter 23 Brandanschläge. Die beiden Hauptverdächtigen, der frühere NPD-Kreisvorsitzende Sebastian T. und der frühere AfD-Politiker Tilo P. wurden mit Blick auf zwei Brandanschläge vor Gericht in erster Instanz frei gesprochen.

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