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Verstoß gegen Fördervorgaben: Berlin fordert 400.000 Euro von Friedrichshainer Frauenzentrum zurück
Erst Antisemitismusvorwürfe, dann bekam das Frauenzentrum „Frieda“ einen Förderstopp, nun fordert die Sozialverwaltung Geld zurück. Die Mädchenzentren „Phantalisa“ und „Alia“ eröffnen mit neuen Trägern.
Stand:
Grüne und Linke verteidigten den Verein „Frieda Frauenzentrum“ lange und vehement – trotz antisemitischer Äußerungen von Geschäftsführung und Mitarbeitern.
Die Berliner Senatssozialverwaltung fordert nun insgesamt mehr als 400.000 Euro vom Verein zurück. „Nach aktuellem Stand der Prüfungen sieht der Senat sich veranlasst, Zuwendungsmittel aus 2023 und 2024 zurückzufordern“, teilte die Senatsverwaltung dem Kreuzberger CDU-Abgeordneten Timur Husein zu dessen Anfrage mit. „Derzeit läuft das Anhörungsverfahren, in dem der Träger Gelegenheit zur Stellungnahme hat.“
Allein für das Jahr 2023 werden 336.457 Euro zurückgefordert, die für das Frieda-Beratungszentrum geflossen sind. Für 2024 will die Senatsverwaltung knapp 65.000 Euro zurück, die für die ersten beiden Monate geflossen sind. Bei weiteren 8000 Euro für ein Projekt zur Kinderbetreuung in Notunterkünften im Jahr 2023 läuft die Prüfung noch.
Richtigerweise geht der Senat gegen diesen antisemitischen Verein vor.
Timur Husein, CDU-Abgeordneter
„Richtigerweise geht der Senat gegen diesen antisemitischen Verein vor“, sagte Husein dem Tagesspiegel. „Wenn sich die Mitarbeiter dieses Frauenvereins auf gewalttätigen antisemitischen Demonstrationen tummeln, dann ist das ihre Sache. Aber sie dürfen nicht mit Steuergeldern direkt oder indirekt unterstützt werden.“

© CDU Berlin
Rechtssicherer wäre allerdings eine Demokratieklausel in der Landeshaushaltsordnung, sagte der CDU-Politiker. Eine solche Klausel verböte es, Gelder an extremistische oder antisemitische Vereine auszugeben. Die schwarz-rote Koalition diskutiert seit einem Jahr auf Druck der CDU über eine solche Lösung, kam bislang aber nicht zu einem Ergebnis.
Im Mai 2023 hatte die von Cansel Kiziltepe (SPD) geführte Senatssozialverwaltung begonnen, die Verwendung der Fördermittel des Vereins Frieda zu prüfen. Ein Jahr später verhängte das Ressort einen Förderstopp für den über Jahrzehnte anerkannten Verein Frieda-Frauenzentrum, wie der Tagesspiegel exklusiv berichtete.
Das Frieda-Frauenzentrum habe „wiederholt über längere Zeit seine Mitteilungs- und Nachweispflichten gegenüber der Senatsverwaltung nicht oder nur mit erheblichem zeitlichen Verzug erfüllt“, teilte das Ressort im Juni 2024 mit. Daher bestünden erhebliche Bedenken, ob das Fördergeld „zweckorientiert“ genutzt wurde. Das Angebot des Vereins entspreche nicht den im Finanzierungsplan dargestellten Kosten. Eine vertrauensvolle Zusammenarbeit sei nicht mehr möglich. Es fehle die gesetzlich vorgeschriebene Zuverlässigkeit.
Zugleich wurde damals eine Tiefenprüfung angeordnet, bis zum Jahr 2015 zurück wird der Umgang mit dem Steuergeld untersucht. Dabei geht es um 2,13 Millionen Euro, mit dieser Summe wurde das Frieda-Beratungszentrum von 2015 bis 2022 gefördert. Bei weiteren 500.000 Euro aus diesen Jahren hatte die Senatsverwaltung nichts zu beanstanden.
Diese Gelder waren für offene sozialen Angebote, das Frauenzentrum, Beratungsangeboten zu Stalking, Deutschkurse mit Kinderbetreuung und Kinderbetreuung in Notunterkünften. Ob das Bezirksamt die seit 2015 gezahlte Förderung von 2,5 Millionen Euro für die beiden Mädchenzentren Phantalisa und Alia prüft oder sogar zurückfordert, teilte der Senat nicht mit.
Leitende Mitarbeiter verbreiteten Israelhass und fanden den Hamas-Terror legitim
Allein das Budget aus Landesgeld für das Frauenzentrum im Jahr 2023 sollte zum Großteil für Personal fließen. Es ging um sechs Stellen für Rechtsberatung, psychosoziale Beratung, Arbeitslosenberatung, Berufsberatung sowie die Begleitung und Beratung von Frauen, die von Stalking, Cyberstalking und digitaler Gewalt betroffen sind.
Leitenden Mitgliedern war im vergangenen Jahr vorgeworfen worden, sie hätten sich antisemitisch und antizionistisch geäußert sowie an gewaltsamen propalästinensischen Demonstrationen teilgenommen. Eine Chefin verbreitete zudem in den sozialen Medien antisemitische Aussagen und legitimierte den Terror der islamistischen Hamas gegen Israel. Jugendstadtrat Max Kindler (CDU) hat deshalb die Verträge für die beiden Mädchenzentren gekündigt.
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Das Vertragsziel, nämlich Demokratiebildung und der Abbau menschenverachtender Einstellungen, könne mit dem Verein „nicht (mehr) umgesetzt werden“, hatte Kindler erklärt. Die Einhaltung des Neutralitätsgebots der Pädagogen mit Mädchen und Frauen sei nicht mehr gegeben. Die Arbeit erfolge nicht mehr ausschließlich auf Grundlage der freiheitlich-demokratischen Grundordnung unter Beachtung der Menschenwürde.
Auf Druck von Grünen und Linken im Jugendhilfeausschuss des Bezirks musste Kindler einen neuen Vertrag aufsetzen. Damit der Verein für die Mädchenzentren vom Bezirk weiter Geld erhält, sollte er sich von Antisemitismus und Versuchen distanzieren, Israel das Existenzrecht abzusprechen. In einer Erklärung sprach der Verein dann aber nur vom „Existenzrecht der von der Völkergemeinschaft anerkannten Staaten“, von Israel kein Wort.
Mädchenzentren öffnen wieder
Schon das ging einigen Mitarbeitern zu weit, dem Bezirksamt reichte das nicht aus, der Mehrheit im Jugendhilfeausschuss aber sehr wohl. Auf dessen Druck wurden neue Verträge für die Mädchenzentren aufgesetzt. Doch wegen des Förderstopps des Senats und angeblich wegen fehlenden Personals kündigte der Verein die Verträge bald wieder auf.
Das Bezirksamt eröffnete dann ein „jugendhilfespezifisches Interessenbekundungsverfahren“ für den Betrieb der beiden Mädchenzentren und meldete am Montag, das Phantalisa habe bereits am 8. März die Arbeit wieder aufgenommen. Neuer Träger ist der Bund der Pfadfinderinnen & Pfadfinder e.V. (BdP), Landesverband Berlin.
Das Alia wird am 17. Mai wiedereröffnen, wie das Bezirksamt dem Tagesspiegel mitteilte. Neuer Träger ist die „Gesellschaft für Sport und Jugendsozialarbeit“, (GSJ) Berlin. „Beide Träger haben ihrerseits neue Teams für die Mädchenprojekte zusammengestellt“, sagt Stadtrat Kindler auf Nachfrage.
„Phantalisa wird sich zu einem Ort entwickeln, der Raum für die verschiedenen Lebensrealitäten der Besucherinnen bietet und bei der Entwicklung der Angebote an die Interessen der Mädchen und jungen Frauen anknüpft“, sagte Stadtrat Kindler.
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