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Die Tierschutzbeauftragte des Landes, Kathrin Herrmann, wurde freigestellt und gekündigt.

© IMAGO/Berlinfoto

Viermal abgemahnt – kommt nun die Kündigung?: Senat stellt Berlins Landestierschutzbeauftragte frei

Zwischen Berlins Tierschutzbeauftragter und der Justizverwaltung knirschte es schon lange. Kathrin Herrmann verstand sich als unabhängig, agierte teils aktivistisch. Sogar gegen unliebsame Berichte ging sie vor.

Stand:

Die Senatsjustizverwaltung hat die Tierschutzbeauftragte des Landes Berlin, Kathrin Herrmann, freigestellt. Zuerst hatte der RBB über die Freistellung berichtet. Auch ein Kündigungsverfahren wurde eingeleitet, die Kündigung jedoch – entgegen erster Berichterstattung – noch nicht ausgesprochen. Hausspitze und Personalrat müssen sich noch einigen. Das von Felor Badenberg (CDU) geführte Ressort hatte Herrmann nach Tagesspiegel-Recherchen aber bereits viermal wegen mehrerer Verstöße gegen Weisungen abgemahnt.

Herrmann hat bereits vor zwei Wochen beim Arbeitsgericht eine Klage eingereicht. Sie will erreichen, dass die vier Abmahnungen aus ihrer Personalakte entfernt werden. Das bestätigte eine Gerichtssprecherin. Eine Klage gegen die Kündigung lag am Mittwoch noch nicht am Gericht vor.

Für den 18. März ist eine Güteverhandlung am Arbeitsgericht angesetzt. Können sich beide Seiten dabei nicht auf eine gemeinsame Lösung einigen, wird ein sogenannter Kammertermin zur Klage angesetzt und das Gericht urteilt. Die Senatsjustizverwaltung wollte die Freistellung nicht bestätigen. Eine Sprecherin verwies auf Personaleinzelangelegenheiten, zu denen man sich nicht äußere.

Herrmann sah sich als politisch unabhängig

Herrmann war im November 2020 vom damaligen Justizsenator Dirk Behrendt (Grüne) ins Amt gehoben worden. Nach dem Regierungswechsel Ende April 2023 war sie wiederholt in Konflikt geraten mit der CDU-geführten Hausleitung.

Kern des Streits: Herrmann verstand sich als unabhängige Beauftragte, die keiner Weisung unterstehe und für sich selbst in der Öffentlichkeit sprechen dürfe. Sie bestand auf „politische Unabhängigkeit und fachaufsichtliche Weisungsfreiheit“, um „Belange unterrepräsentierter Gruppen unzensiert zur Geltung zu bringen“.

Die Justizverwaltung bestritt das immer wieder energisch. Die Aktenlage zur Einführung der Stelle sei klar: Demnach sei Herrmann als Mitarbeiterin im öffentlichen Dienst in der Verwaltung eingebunden und „weder politisch unabhängig noch fachaufsichtlich weisungsfrei“. Sie habe aber in diesem Rahmen „Gestaltungsfreiheit bei der Ausübung ihrer Aufgaben“, hieß es vergangenes Jahr.

Das Problem: Der Posten ist im Gegensatz zur Bundesebene nicht gesetzlich geregelt, Rot-Rot-Grün führte das Amt 2017 einfach über den Haushalt ein. Behrendt und die später zuständige Bettina Jarasch (Grüne) ließen Herrmann freie Hand, doch die agierte immer mehr wie eine Aktivistin.

Herrmann ging gegen einen kritischen RBB-Bericht vor

Dabei stand in einer Vereinbarung mit der Senatsverwaltung von 2017, dass Herrmann Pressemitteilungen und Statements mit der Hausleitung abstimmen muss. Sie hielt sich, wie sie es unter der grünen Hausspitze gewohnt war, unter Badenberg nicht daran.

So ging Herrmann, die sich als „politische Stimme der nichtmenschlichen Tiere“ versteht, ohne Absprache sogar gegen einen Bericht des RBB vom Juli vor. Darin hatten Bezirksämter Herrmanns Stadttaubenprojekt kritisiert. Auch die Amtstierärzte monierten Herrmanns Amtsführung, sie behindere ihre Arbeit und führe zu Mehrarbeit in den Bezirken. Offenbar kein Einzelfall.

Zuletzt wollte Herrmann ein Fachforum abhalten, etwa zum Tierschutzverbandsklagegesetz, das die CDU zurechtstutzen will. Hinzu kommen teure Feste oder stadtweite Plakataktion für vegane Ernährung.

Bei dem Streit ging es auch um das Geld. Denn angesichts der Sparvorgaben auch für die Justiz sah es Badenberg als nicht zu rechtfertigen an, dass Herrmanns Budget nicht angetastet wird. Tatsächlich wurde das über Jahre von Rot-Grün-Rot massiv aufgestockte Budget, zuletzt 400.000 Euro, auf 19.000 Euro zurecht gestrichen – so viel wie es einst war. Tierschutz werde aber weiter finanziert, von der Senatsverwaltung und den Bezirken, Kosten: 200.000 Euro. Auch behielt Herrmann ihre Mitarbeiter in ihrer Stabsstelle.

Herrmanns Stadttaubenprojekt fiel weg, ebenso teure Tierschutzpreise. Kurz nach Badenbergs Amtsantritt hatte Herrmann im Juni 2023 den mit 4000 Euro dotierten Ehrenpreis an einen Brandenburger Verein vergeben, der Wildtiere rettet und einen Gnadenhof betreibt.

Zu dieser Zeit hatte das Landratsamt Oberhavel den Gnadenhof bereits wegen grober Defizite untersagt. Bedeutet: Herrmann gab staatliches Geld aus der Justizverwaltung für ein Projekt, das aus Sicht der Behörden eines anderen Bundeslandes gegen geltendes Recht verstößt. Badenberg war brüskiert.

Im November 2024 bestätigte das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg (OVG) das Verbot des Wildtierheims. Mit diesem Fall begann der Streit zwischen Herrmann und der Ressortspitze. Nun soll Herrmann gehen.


Nachtrag: In einer früheren Version hieß es, dass der Landestierschutzbeauftragten bereits durch die Senatsverwaltung für Justiz gekündigt worden sei. Richtig ist vielmehr, dass ein Kündigungsverfahren eingeleitet wurde. Dieses Verfahren ist nicht beendet, Kathrin Herrmann die Kündigung noch nicht ausgesprochen worden. Wir haben den Beitrag entsprechend angepasst und konkretisiert.

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